1. Äußerliche Wirksamkeit.
Rn 4
Der Vollstreckungstitel muss nach seinem äußeren Anschein den Eindruck der Wirksamkeit erwecken. Das ist der Fall, wenn die Entscheidungsformalien nach § 313 I Nr 1–4 eingehalten worden sind, ebenso die nach § 311 II (Verkündung; BGH NJW 99, 794 [BGH 23.10.1998 - LwZR 3/98]) und nach § 315 (Unterschrift). Die Unterschrift muss grds das Rubrum und den Entscheidungstenor erfassen. Wird auf einen bestimmten, eindeutig bezeichneten Teil der Akten verwiesen, ist der Beschl zwar fehlerhaft zu Stande gekommen, aber gleichwohl wirksam, so dass aus ihm vollstreckt werden kann (BGH NJW 03, 3137, 3138 [BGH 23.07.2003 - XII ZB 91/03]). Ein Vergleich im Prozess ist wirksam, wenn er den Vermerk ›vorgelesen/vorgespielt und genehmigt‹ sowie die nach § 163 I 1 notwendigen Unterschriften aufweist und dem Anwaltszwang Rechnung getragen wurde (Musielak/Voit/Lackmann § 724 Rz 6). Die für die Klauselerteilung zuständige Stelle prüft nur die formellen Voraussetzungen des Prozessvergleichs und des Urteils, keinesfalls die materielle Rechtmäßigkeit des Titels (Frankf NJW-RR 95, 703; ThoPu/Seiler § 724 Rz 13 für den Vergleich). Allerdings darf die Klausel nicht erteilt werden, wenn das Urt, auf dem der Titel beruht, nicht mehr wirksam ist, weil es von einer höheren Instanz oder auf einen Einspruch hin zwischenzeitlich aufgehoben wurde. Das gilt auch für einen unwirksamen Vergleich oder ein noch nicht in Rechtskraft erwachsenes Urt, das durch Klagerücknahme nach § 269 III seine Wirksamkeit verloren hat (Zö/Seibel § 724 Rz 5). Ob der Titel dagegen bereits zugestellt wurde, ist nicht maßgeblich. Ebenso wenig spielen materiell-rechtliche Merkmale eine Rolle, die möglicherweise zur Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckung geführt haben (Beispiele: Gesetzesänderung; Entscheidung des BVerfG; Zahlung), auch dann nicht, wenn sie offenkundig sind (St/J/Münzberg § 724 Rz 12; aA MüKoZPO/Wolfsteiner § 724 Rz 46 f mwN). Schließlich hindern für sich weder die Einstellung der Zwangsvollstreckung noch die Abwendungsbefugnis des Schuldners nach §§ 711, 712 I 1 noch eine notwendige Sicherheitsleistung des Gläubigers die Klauselerteilung (Zö/Seibel § 724 Rz 5).
2. Vollstreckungsfähigkeit; Vollstreckungsreife.
Rn 5
Der Titel, für den eine vollstreckbare Ausfertigung nach § 724 I verlangt werden kann, muss vollstreckungsreif und vollstreckungsfähig sein. Vollstreckungsfähig sind grds nur Leistungsurteile. Für ein Urt, das in der Rechtsmittelinstanz ergeht, wird nur dann eine Vollstreckungsklausel erteilt, wenn es selbst einen vollstreckbaren Inhalt hat. Das gilt auch, wenn das angefochtene Urt nur abgeändert wird (BGH NJW 98, 613). Klageabweisende Urteile und Urteile, die auf Feststellung lauten, erhalten nur dann eine vollstreckbare Ausfertigung, wenn der Kostenfestsetzungsbeschluss auf ihnen angebracht ist, § 795a. Nicht vollstreckungsfähig sind Titel, die so wenig bestimmt sind, dass das Vollstreckungsorgan die geschuldete Leistung aus ihm nicht erkennen und beitreiben kann, ebenso nichtige Entscheidungen. Auch für Titel, aus deren Inhalt sich ergibt, dass sie nicht vollstreckbar sind, wird keine vollstreckbare Ausfertigung erteilt (Ddorf NJW-RR 87, 640 [OLG Düsseldorf 08.01.1987 - 6 W 150/86]). Die Vollstreckungsreife eines Titels ist eingetreten, wenn das Urt, das ihm zugrunde liegt, nach § 704 I rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist. Für die Vollstreckungsreife ist dagegen nicht entscheidend, ob die angeordnete Sicherheit tatsächlich erbracht worden ist. Außerdem darf die Vollstreckung aus dem Titel nicht bedingt oder befristet sein. In diesem Fall ist § 726 einschlägig (Musielak/Voit/Lackmann § 724 Rz 7). Schließlich ist für den Eintritt der Vollstreckungsreife eines Titels die Vorlage eines Rechtskraftzeugnisses nach § 706 nicht erforderlich (MüKoZPO/Wolfsteiner § 724 Rz 44).