1. Funktionelle Zuständigkeit.
Rn 6
Zur sachlichen und örtlichen Zuständigkeit s § 724 Rn 9. Die funktionelle Zuständigkeit für die Klauselerteilung nach § 726 I liegt nach § 20 Nr 12 RPflG beim Rechtspfleger oder beim Notar für diejenigen Urkunden, die er bei sich verwahrt, § 797 II 1. Für die Klauselerteilung bei Widerrufsvergleichen nach § 795b ist dagegen der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zuständig (s Rn 2). Klauseln nach § 726 II erteilt dieser nach §§ 20 Nr 12, 26 RPflG nur, wenn im Einzelfall kein Beweis erforderlich ist, sonst der Rechtspfleger nach § 726 I (Alff Rpfleger 04, 159 [LG Hamburg 29.10.2003 - 321 T 76/03]). Das Klauselerteilungsorgan ist verpflichtet, durch Auslegung des Titels zu ermitteln, ob dessen Vollstreckbarkeit von Tatsachen abhängt, die der Gläubiger nach § 726 I zu beweisen hat (BGHZ 190, 172; BGH NJW-RR 12, 442 m Anm Everts DNotZ 12, 245, Volmer MittBayNot 12, 313 zur Auslegung einer notariellen Unterwerfungserklärung). Bei Kompetenzkonflikten zwischen den klauselerteilenden Organen, insb dem Urkundsbeamten und dem Rechtspfleger, sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden. Wird der Rechtspfleger anstelle des eigentlich zuständigen Urkundsbeamten nach § 726 I tätig, hat das auf die Wirksamkeit der erteilten Vollstreckungsklausel nach § 8 V RPflG keinen Einfluss. Nicht einheitlich wird dagegen die praktisch bedeutsame Frage beantwortet, welche Rechtsfolgen es hat, wenn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle statt des Rechtspflegers nach § 726 I eine sog qualifizierte Klausel erteilt. ZT wird eine solche Klausel für nichtig gehalten, was vom Vollstreckungsorgan zu berücksichtigen sei (Hamm Rpfleger 11, 621 [OLG Hamm 01.04.2011 - I-15 W 19/11]; Dresd MDR 10, 1491; KG FGPrax 99, 189 [KG Berlin 27.04.1999 - 1 W 1893/99]). Allerdings ist der Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit nicht so gravierend, dass eine so zustande gekommene Klausel ohne weiteres als unwirksam anzusehen ist. Vielmehr kann sie durch den Schuldner nach § 732 (nicht nach § 766) und durch den Gläubiger nach § 573 angefochten werden (BGH NJW-RR 12, 1146 [BGH 12.01.2012 - VII ZB 71/09] m Anm Lamberz Rpfleger 13, 371; NJW-RR 12, 1148; offengelassen in BGH NJW 06, 776; Zweibr NJW-RR 97, 882, 883; Zweibr FamRZ 03, 1942). Zur Erfolgsaussicht der Klauselerinnerung s § 732 Rn 5. Eine Ausnahme wird zT für den Fall gemacht, dass der Urkundsbeamte die qualifizierte Klausel bewusst anstelle des an sich zuständigen Rechtspflegers erteilt hat (Musielak/Voit/Lackmann § 726 Rz 4). In der Praxis dürfte diese Unterscheidung leerlaufen, weil Vorsatz nur in seltenen Ausnahmefällen vorliegen wird. Entscheidend dürfte sein, dass der Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit dann nicht so gravierend ist, dass er zur Nichtigkeit der erteilten Klausel führen würde, wenn in der Sache eine qualifizierte Klausel nach § 726 I zu erteilen war und eine solche auch erteilt worden ist. Was die Anfechtbarkeit der Klauselerteilung durch das unzuständige Organ anbelangt, so ist zu beachten, dass über jeden Rechtsbehelf ohnehin der Richter entscheidet, sodass es keinen Sinn ergibt, die Sache an den Rechtspfleger zurückzuverweisen, wo doch die richterliche Zuständigkeit zur Klauselerteilung im Rechtsbehelfsverfahren begründet worden ist. Das hat auch den Vorzug, dass die Vollstreckungsorgane nicht damit belastet werden, zu prüfen, ob eine qualifizierte oder einfache Klausel hätte erteilt werden müssen (zu deren beschränkten Prüfungspflichten s § 724 Rn 2).
2. Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden.
Rn 7
Soweit der Gläubiger eine Tatsache nach § 726 I zu beweisen hat, muss er das durch öffentliche (§§ 415 ff) oder öffentlich beglaubigte Urkunden tun (§§ 129 BGB, 40 BeurkG), die sich gerade auf den zu beweisenden Umstand beziehen. Die Beschränkung der Beweismittel erklärt sich aus Interesse an der beschleunigten Durchsetzung des titulierten Anspruchs (Dieckmann BWNotZ 09, 144, 150). Es besteht die Pflicht zur Vorlage der Urkunden, wenn sie bei Gericht noch nicht vorhanden sind. Sonst genügt bloße Bezugnahme. IdR genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift. Nach § 435 kann aber auch die Einreichung des Originals verlangt werden (Musielak/Voit/Lackmann § 726 Rz 5). Zeugen- und Sachverständigenbeweis sind dagegen nicht zulässig und können daher nicht Gegenstand einer wirksamen Parteivereinbarung in einem Prozessvergleich oder einer notariellen Urkunde sein (str; LG Mannheim Rpfleger 82, 72; aA Stuttg NJW-RR 86, 549). Allerdings können die Parteien in einer Unterwerfungserklärung rechtswirksam vereinbaren, dass der Gläubiger vom Nachweis bestimmter Tatsachen als Vollstreckungsvoraussetzung entbunden sein soll (zum Nachweisverzicht BGH NJW-RR 06, 567; München Rpfleger 17, 23 [OLG München 23.06.2016 - 34 Wx 189/16]; Everts DNotZ 13, 730, 734; Böttcher NJW 10, 1647, 1650). Außerdem gibt es Fälle, in denen der Urkundennachweis nicht erforderlich ist, so bei einer offenkundigen (§§ 291, 727 II analog; München ZEV 14, 367) oder ausdrücklich zugestandenen (§ 288) Tatsache (BGH JurBüro 09, 163), vorausgesetzt der alte Gläubi...