Gesetzestext
Die Zwangsvollstreckung für oder gegen eine im Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts findet auch aus einem Vollstreckungstitel für oder gegen eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts statt, wenn
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der in dem Vollstreckungstitel genannte Name und Sitz oder die Anschrift der Gesellschaft identisch sind mit dem Namen und Sitz oder der Anschrift der im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschaft und |
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die gegebenenfalls in dem Vollstreckungstitel aufgeführten Gesellschafter der Gesellschaft identisch sind mit den Gesellschaftern der im Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschaft. |
A. Norminhalt.
Rn 1
§ 736 hat seit dem 1.1.24 einen völlig neuen Inhalt erhalten, obwohl es sich wie bisher um eine Regelung handelt, die die Zwangsvollstreckung für oder gegen eine GbR betrifft. War früher die Art des Titels (›ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil‹) für eine Zwangsvollstreckung gegen eine GbR geregelt, so wird nunmehr vorausgesetzt, dass ein Titel gegen die Gesellschaft besteht. Geregelt wird nur noch die Frage einer Erleichterung der Identitätsfeststellung einer GbR in Zusammenhang mit dem neuen Gesellschaftsregister.
B. Die Grundlagen des bisherigen Rechts und die Änderung der Rechtslage.
I. Ausgangspunkt
Rn 2
In der Vergangenheit stellte § 736 aF eine Nahtstelle zwischen Personengesellschaftsrecht und Prozessrecht dar. Obgleich die Norm des § 736 aF seit 1898 (damals § 670b CPO) unverändert war, hat sie seit 20 Jahren durch die Rspr eine dramatische Umdeutung contra legem hinnehmen müssen.
Rn 3
Ausgangspunkt der Norm war der Grundsatz des § 750 I 1, dass eine Zwangsvollstreckung nur gegen denjenigen möglich ist, der im Titel oder in der beigefügten Vollstreckungsklausel als Vollstreckungsschuldner genannt wird. § 736 enthielt deshalb eine Regelung, gegen wen ein Titel erforderlich ist, wenn Vollstreckungsschuldner eine Gesamthand war, wenn also eine Rechtszuständigkeit mehrerer vorlag. Der Gesetzgeber hatte die GbR als nicht rechts- und parteifähige Gesamthand ausgestaltet. Da die GbR also bis zum Jahre 2001 nicht klagen oder verklagt werden konnte, musste § 736 die Konsequenz aus der Rechtszuständigkeit der Gesamthänder ziehen und vorschreiben, dass eine Zwangsvollstreckung nur aus einem Vollstreckungstitel möglich ist, der sich gegen alle Gesellschafter richtete. Ein Titel gegen die Gesellschaft war prozessrechtlich nicht möglich und vollstreckungsrechtlich nicht ausreichend. Der Wortlaut der §§ 735, 736 war insofern eindeutig. Die Rspr hat diese Zusammenhänge im Jahr 2001 gesellschaftsrechtlich abgeändert.
II. Die BGH-Entscheidung ›Weißes Ross‹.
Rn 4
Der II. Zivilsenat des BGH hat mit Urt vom 29.1.01 die GbR für rechts- und parteifähig erklärt (BGHZ 146, 341 = EWIR 01, 341 m Anm Prütting). Diese Entscheidung war gesellschaftsrechtlich von der Wissenschaft gut vorbereitet gewesen und hat die Einordnung der GbR von einer Gesamthand hin zu einem Rechtssubjekt ohne Rechtspersönlichkeit geschaffen. Diese materiell-rechtliche Wendung traf in den §§ 50, 735, 736 ZPO aF auf eine prozessual damit unvereinbare Rechtslage (ablehnend deshalb aus prozessualer Sicht St/J/Bork § 50 Rz 23; Prütting FS Wiedemann 03, 1177; Stürner JZ 03, 44 [BVerfG 02.09.2002 - 1 BvR 1103/02]). Denn ein rechts- und parteifähiges Rechtssubjekt verlangt in der Zwangsvollstreckung einen Titel gegen dieses Rechtssubjekt selbst und nicht gegen seine Mitglieder. Der Wortlaut des § 736 wurde also contra legem in sein Gegenteil verwandelt. Die Schwierigkeiten der im Jahr 2001 entstandenen neuen Lage waren umso dramatischer, als die Entscheidung ›Weißes Ross‹ vom 29.1.01 ein wirkungsloses und nicht existentes Urteil war, weil es sich gegen eine nicht existente Partei gerichtet hatte (zu den Einzelheiten Prütting FS Grunewald 21, S 881, 882). Der Gesetzgeber hatte dennoch über 20 Jahre hinweg § 736 unverändert gelassen und erst im Jahr 2021 die entstandenen Widersprüche aufgelöst.
III. Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG).
Rn 5
Nunmehr hat der Gesetzgeber das Personengesellschaftsrecht vollkommen neu geordnet (Gesetz vom 10.8.21, BGBl I 3436) und damit die Konsequenzen aus der Entscheidung ›Weißes Ross‹ gezogen. Er hat § 736 nF der materiellen Rechtslage angepasst. Der neue § 713 BGB nF ordnet das Gesellschaftsvermögen der nunmehr rechtsfähigen GbR zu. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen der GbR ist gem § 722 I BGB nF nur noch mit einem gegen die Gesellschaft lautenden Titel möglich. Aus diesem Titel gegen die Gesellschaft ist eine Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht möglich (§ 722 II BGB nF).
C. Das Wesen der GbR.
I. Die GbR ist keine Gesamthand.
Rn 6
Der Gesetzgeber hatte die GbR im Jahre 1900 als Gesamthand ohne Rechtsfähigkeit und ohne Rechtspersönlichkeit ausgestaltet. Rechtsträger war also nicht die Gesellschaft, sondern es waren die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die gesamthänderische Bindung zeigte sich in der gemeinsamen Geschäftsführung, der gemeinsamen Vertretung sowie der Zuordnung des Gesamthandsvermögens. Nunmehr ist Rechtsträger die Gesellschaft selbst (§ 705 II BGB nF), das gesamte Vermögen ist der Gesellschaft zugeordnet (§ 713 BGB nF) und...