1. Adressat.
Rn 12
Empfänger der Zustellung ist der Schuldner nach § 182 I Nr 1 oder sein Vertreter nach §§ 170 bis 172. Erfolgt eine Ersatzzustellung nach §§ 178, 180 f, ist der Schuldner allerdings nicht der eigentliche Zustellungsadressat. Ist der Schuldner prozessunfähig, muss nach § 170 I an seinen gesetzlichen Vertreter zugestellt werden, wobei das Vollstreckungsorgan an eine vorherige Entscheidung des Prozessgerichts über die Prozessfähigkeit des Schuldners gebunden ist (MüKoZPO/Heßler § 750 Rz 85). Sonst muss es den gesetzlichen Vertreter ermitteln, wenn vor dem Beginn der Vollstreckung Zweifel an der Prozessfähigkeit des Schuldners auftauchen und dessen gesetzlicher Vertreter unproblematisch ermittelt werden kann (Musielak/Voit/Lackmann § 750 Rz 17). An einen Betreuer muss unabhängig von der Frage der Prozessfähigkeit des Schuldners zugestellt werden. Im Bereich der rechtsgeschäftlichen Vertretung ist an einen Prozessvertreter zuzustellen, wenn ein solcher bestellt ist, § 172 I (Münzberg DGVZ 00, 177). Der Vollstreckungstitel, auf Grund dessen die Zwangsvollstreckung in das Vermögen einer GbR erfolgen soll, muss an ihren Geschäftsführer (BGH NJW 07, 995 [BGH 07.12.2006 - V ZB 166/05]) oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, an einen ihrer Gesellschafter zugestellt werden (BGH NJW 06, 2191 [BGH 06.04.2006 - V ZB 158/05]). Hat ein Vertreter die Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung aus einer Urkunde erklärt, ist die Zwangsvollstreckung nur zulässig, wenn die Vollmacht des Vertreters oder – bei vollmachtlosem Handeln – die Genehmigung von dessen Erklärungen seitens des Vertretenen dem Schuldner zugestellt worden sind oder mit dem Beginn der Vollstreckung zugestellt werden (BGH NJW-RR 07, 358 [BGH 21.09.2006 - V ZB 76/06]). Das gilt dann nicht, wenn sich neben dem Vertreter auch der Schuldner selbst der Zwangsvollstreckung unterworfen hat (LG Cottbus Rpfleger 07, 563 [LG Cottbus 27.04.2007 - 7 T 144/07]).
2. Zustellungsart, Zeitpunkt und Nachweis.
Rn 13
Die Zustellung erfolgt bei gerichtlichen Entscheidungen vAw nach §§ 166 bis 190 und bei anderen Titeln auf Betreibung der Parteien (nicht zwingend des Gläubigers: Brandbg FamRZ 16, 1960, str), nach §§ 191 bis 195. Nach Abs 3 handelt es sich wegen der Vollstreckungsklausel zwingend um eine Parteizustellung (ThoPu/Seiler § 750 Rz 11). Dem Gläubiger ist es unbenommen, zur Beschleunigung der Vollstreckung auch ein Urt oder einen Beschl selbst zustellen zu lassen (Abs 1 S 2; s Rn 11). Zur Vollziehung einer einstweiligen Urteilsverfügung reicht die Parteizustellung einer vom Vertreter des Antragstellers beglaubigten Abschrift einer einfachen Urteilsabschrift an den Schuldner(vertreter) allerdings nicht aus (DDorf MDR 15, 764 m Anm M. Möller EWiR 15, 591; Juretzek GRURPrax 15, 241; abw München MDR 13, 422). Ein Prozessvergleich, der vAw zugestellt wird, ist nach hM nicht korrekt zugestellt (str; Musielak/Voit/Lackmann § 750 Rz 18; aA Dresd MDR 96, 1184). Soll aus einem europäischen Titel iSd EuVTVO vollstreckt werden (vor §§ 704 Rn 22), muss die Zustellung der zugrunde liegenden Entscheidung des ausländischen Gerichts nachgewiesen werden (AG Augsburg DGVZ 12, 83).
Rn 14
Die Zustellung muss grds spätestens mit dem Beginn der Vollstreckung (s vor §§ 704 ff Rn 12) erfolgen, und zwar auch, wenn später aus anderen Ausfertigungen vollstreckt wird. Davon gibt es jedoch Ausnahmen, so bei der Vorpfändung nach § 845 (s Abs 1 S 2) sowie beim Arrest und der einstweiligen Verfügung, bei denen die Vollstreckung zwar ohne Zustellung des Titels beginnen kann, nach § 929 III aber nach Vollziehung innerhalb einer Woche nachgeholt werden muss. Eine Ausnahme gilt auch für die Sicherungsvollstreckung nach Abs 3. Hier ist die Zustellung nicht entbehrlich, fällt jedoch zwingend nicht mit dem Beginn der Vollstreckung zusammen, weil danach eine zweiwöchige Wartefrist einzuhalten ist (Berechnung nach § 222 ab Zustellung), um dem Schuldner Gelegenheit zur Sicherheitsleistung nach § 720a III zu geben. Zur Zustellung der Klausel im Fall des Abs 3 s Rn 11. Nicht einheitlich wird beurteilt, ob der Vollstreckungsschuldner auf die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung der Zustellung wirksam verzichten kann. Erfolgt der Verzicht nach der Vollstreckungsmaßnahme, lässt das § 295 zu. Vor der Vollstreckung scheidet ein Verzicht dagegen aus, weil vollstreckungserweiternde Vereinbarungen grds nicht zulässig sind (s vor §§ 704 ff Rn 20). Zum einen unterliegen die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht der Disposition der Beteiligten. Zum anderen müssten die Vollstreckungsorgane den Verzicht prüfen, was der formalisierten Natur des Vollstreckungsverfahrens zuwider läuft (str; wie hier Musielak/Voit/Lackmann § 750 Rz 15; aA Zö/Seibel § 750 Rz 22 mwN). Zur fehlerhaften Sicherungsvollstreckung s Rn 16.
Rn 15
Erfolgt die Zustellung nicht unmittelbar vor dem Vollstreckungsbeginn, Abs 1 S 1 Fall 2, muss sie nachgewiesen werden. Der Nachweis erfolgt grds durch die Zustellungsurkunden nach §§ 174 bis 175, 182, 183 II und 195 II, durch Ve...