1. Wirkung des Vollstreckungsauftrags.
Rn 10
Durch den Vollstreckungsauftrag wird zwischen Gläubiger und GV ein öffentlichrechtliches Verhältnis begründet (hM; BGH NJW-RR 04, 768), nicht etwa ein privatrechtlicher Geschäftsbesorgungsvertrag. Dennoch hat der Vollstreckungsauftrag insoweit zivilrechtliche Rechtswirkungen, als er ein die Vollstreckung hemmendes Ereignis iSd § 204 BGB ist (BGH NJW 85, 1711 [BGH 18.01.1985 - V ZR 233/83] für § 209 II Nr 5 BGB aF). Der GV wird grds aufgrund dieser öffentlichrechtlichen Rechtsbeziehung tätig und nur ausnahmsweise als Vertreter des Gläubigers, nämlich dann, wenn dieser ihn jenseits seiner Amtsbefugnisse zur Vornahme bestimmter Handlungen mit rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht ausgestattet hat, zB zur Annahme einer Leistung an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber (ThoPu/Seiler § 753 Rz 14).
2. Weisungen des Gläubigers an den GV.
Rn 11
An rechtlich zulässige und kostenneutrale Vorgaben des Gläubigers muss sich der GV halten, wenn sie aus dem Auftrag klar erkennbar sind (LG Augsburg DGVZ 95, 154). Das gilt zB für die Vollstreckung von Teil- oder Restbeträgen (s Rn 8), den Zeitpunkt der Einleitung der Vollstreckung, deren Beschränkung auf bestimmte Sachen bei der Pfändung (Voraussetzung: keine berechtigten entgegenstehenden, auch affektiven Interessen des Schuldners; MüKoZPO/Heßler § 753 Rz 25) oder die Aussetzung der Verwertung von Pfandsachen bei Teilzahlungen (Musielak/Voit/Lackmann § 753 Rz 12). Auch kann der GV wegen § 807 I Nr 4 angewiesen werden, die Vollstreckung mindestens zwei Wochen vor ihrem Beginn anzukündigen, vorausgesetzt der Vollstreckungsauftrag wird mit dem Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung kombiniert (LG Münster Rpfleger 01, 253; LG Tübingen DGVZ 00, 120; aA LG Lüneburg JurBüro 99, 657: Anweisung auch ohne diese Verknüpfung). Der Gläubiger kann dem GV des Weiteren aufgeben, das Verfahren ruhen zu lassen (ThoPu/Seiler § 753 Rz 15). Schließlich kann er den Vollstreckungsauftrag auch jederzeit wieder zurücknehmen (Schuschke/Walker/Walker § 753 Rz 12). Bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen sind in diesem Fall rechtsgrundlos, soweit sie nicht bereits beendet sind. Der GV muss sie vAw aufheben (§ 64 I GVGA). Beantragt der Gläubiger die (einstweilige) Einstellung der Vollstreckung, hat der GV dem zu folgen (Zö/Seibel § 753 Rz 13). Bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen bleiben bestehen. Wegen Befangenheit kann der Gläubiger den GV nicht ablehnen (BGH NJW-RR 05, 149 [BGH 24.09.2004 - IXa ZB 10/04]). Auch hat der Gläubiger ggü dem GV kein allgemeines Weisungsrecht (Mroß DGVZ 11, 103). Dieser handelt deshalb nicht pflichtwidrig, wenn er der Aufforderung des Gläubigers, einen bestimmten Gegenstand zu pfänden, unter Beachtung seiner Dienstvorschriften nicht nachkommt (LG Berlin MDR 77, 146).
3. Prüfung, Durchführung und Ablehnung des Vollstreckungsauftrags.
Rn 12
Die Prüfungskompetenz des GV bezieht sich allein auf die Ordnungsmäßigkeit des Antrags (s Rn 5–9), das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen (s vor §§ 704 ff Rn 9 ff) und die Zulässigkeit der beantragten Vollstreckungsmaßnahme. Zur Überprüfung der materiellen Berechtigung des Titels ist er dagegen nicht befugt (Schuschke/Walker/Walker § 753 Rz 9). Entsprechende Einwände sind mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 geltend zu machen. Ist der GV für die Erledigung des erteilten Auftrags zuständig, muss er diesen übernehmen und durchführen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessensspielraum zusteht. Der GV muss den Vollstreckungsauftrag unverzüglich erledigen. Er hat eine Verzögerung nach § 5 I 1, 2 GVGA aktenkundig zu machen, wenn die erste Vollstreckungshandlung nicht innerhalb eines Monats erfolgen kann. § 117 I GVGA bestimmt, dass Vollstreckungsaufträge mehrerer Gläubiger gegen denselben Schuldner zugleich erledigt werden müssen, unabhängig von ihrem Eingang und ohne Rangfolge der Gläubiger (krit mit Blick auf das Prioritätsprinzip Musielak/Voit/Lackmann § 753 Rz 15). Zur Durchführung des Vollstreckungsauftrags gehört auch, dass der GV den Gläubiger, der ihm einen Vollstreckungsauftrag erteilt hat, über den Ausgang des Verfahrens unterrichtet (BGH NJW-RR 04, 788 [BGH 30.01.2004 - IXa ZB 274/03]).
Rn 13
Liegen die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vor, ist die beantragte Vollstreckungsmaßnahme nicht zulässig oder der Vollstreckungsauftrag nicht ordnungsmäßig, muss der GV den Vollstreckungsauftrag ablehnen. Das gilt auch im Fall von zwecklosen Pfändungen, die der GV nicht vornehmen muss, auch dann nicht, wenn der Gläubiger ihn dazu anweist (ThoPu/Seiler § 753 Rz 15). Insoweit hat er nach § 32 I GVGA Ermessensspielraum (LG Koblenz DGVZ 96, 12). Entspricht der Vollstreckungsauftrag diesen Anforderungen nur tw, darf der GV den Auftrag nur insoweit ablehnen, als er unzulässig ist; iÜ muss er ihn durchführen. Von der (teilweisen) Ablehnung des Antrags muss der Gläubiger nach § 34 GVGA umgehend in Kenntnis gesetzt werden (Musielak/Voit/Lackmann § 753 Rz 13).