a) Wohnung.
aa) Weiter Wohnungsbegriff.
Rn 3
§ 758 I erlaubt dem GV die Durchsuchung von Behältnissen und der Wohnung des Schuldners. Der Begriff der Wohnung nach dieser Vorschrift entspricht dem in Art 13 I GG, § 758a. Er ist weit auszulegen (BVerfGE 32, 54 [BVerfG 12.10.1971 - 2 BvR 65/71] = NJW 71, 2299) und umfasst sämtliche Räumlichkeiten, die von ihrem Inhaber häuslichen oder beruflichen Zwecken gewidmet sind. ›Wohnung‹ idS sind auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (BVerfGE 97, 228, 265 [BVerfG 17.02.1998 - 1 BvF 1/91]; Hambg NJW 84, 2898 [OLG Hamburg 05.06.1984 - 2 Ss 149/83]). Sie müssen sich nicht zwingend in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang mit den privaten Wohnräumen befinden. Es genügt auch, wenn sie in reinen Geschäftshäusern oder auf einem ausschließlich industriell genutzten Grundstück belegen sind. Auch Hof und Garten des Schuldners können durchsucht werden (Schuschke/Walker/Walker § 758 Rz 3), ebenso Nebenräume zur Wohnung, Wohnwagen, Hausboote und Zimmer in Hotels. PKWs und verlassene Räume sind dagegen keine Wohnung iSd Vorschrift (Musielak/Voit/Lackmann § 758 Rz 2). Auch die Taschenpfändung ist keine Durchsuchung iSv § 758 I (s § 758a Rn 2).
bb) Gewahrsamsverhältnisse an der Wohnung.
Rn 4
Auch wenn die Voraussetzungen des § 758a gegeben sind, gestattet § 758 nur die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners, nicht die dritter Personen. Unproblematisch ist das, wenn die Wohnung im unmittelbaren Besitz des Schuldners ist (Musielak/Voit/Lackmann § 758 Rz 4). Besteht ein Mitgewahrsam Dritter an der Wohnung des Schuldners, gibt § 758 zum einen eine Befugnis des GV, diese zu betreten, sich durch den Raum des fremden Gewahrsams hindurch zu begeben, um zu einem anderen zu gelangen, und zum anderen gemeinsam bewohnte Räume zu durchsuchen (St/J/Münzberg § 758 Rz 4). Unter den Voraussetzungen des § 758a III sind dritte Personen zur Duldung der Durchsuchung gehalten (Schuschke/Walker/Walker § 758 Rz 3). Zur Frage, ob auch gegen Dritte eine richterliche Durchsuchungsanordnung erforderlich ist, wenn deren Voraussetzungen nicht vorliegen, s § 758a Rn 9. Räume, die dritten Personen zwar gehören, an denen aber Alleingewahrsam des Schuldners besteht, dürfen vom GV betreten und durchsucht werden, weil die Vollstreckung gegen den Schuldner grds überall dort stattfinden kann, wo er angetroffen wird. Insoweit besteht auch ein Verfolgungsrecht des GV dorthin, wo der Schuldner alleinigen Gewahrsam an Räumen oder Sachen hat, in die vollstreckt werden kann (Musielak/Voit/Lackmann § 758 Rz 5). Der GV ist daher im letzten Fall auch zum Betreten von Wohnungen dritter Personen befugt, vorausgesetzt tatsächliche Anzeichen ergeben, dass sich in diesen Räumen Sachen befinden, an denen der Schuldner die alleinige Sachherrschaft ausübt (St/J/Münzberg § 758 Rz 5). Zum Erfordernis einer richterlichen Durchsuchungsanordnung gegen den Wohnungsinhaber s § 758a Rn 9.
b) Behältnisse.
Rn 5
Behältnisse sind Räume, die zur Aufbewahrung von Sachen bestimmt sind, die sich aber im Unterschied zu Wohn-, Arbeits- und Geschäftsräumen nicht dazu eignen, dass Menschen sie betreten (MüKoZPO/Heßler § 758 Rz 3). Gängige Beispiele sind Schränke, Koffer, Kassetten, Truhen, Umschläge, Taschen oder Kleidungsstücke (Schuschke/Walker/Walker § 758 Rz 4). Ist der GV nach § 758a zur Wohnungsdurchsuchung befugt, ist ihm auch die Durchsuchung der darin befindlichen Behältnisse gestattet, ohne dass eine weitere Erlaubnis vonnöten ist. Das gilt auch für solche Behältnisse, an denen der Schuldner in seiner Wohnung zusammen mit anderen Personen (Familienangehörigen, Mitbewohnern, Arbeitskollegen) unmittelbaren Mitbesitz und Mitgewahrsam hat. Der GV darf sie auch gegen den Willen der unmittelbaren Mitbesitzer öffnen und durchsuchen (St/J/Münzberg § 758 Rz 6). Deren Duldungspflicht ergibt sich aus § 758a III. Außerhalb der Wohnung des Schuldners ist zur Durchsuchung von dessen Behältnissen keine richterliche Anordnung erforderlich, so zB für die Durchsuchung seines PKWs oder für die Vornahme einer Taschenpfändung (Hambg NJW 84, 2898 [OLG Hamburg 05.06.1984 - 2 Ss 149/83]; Köln OLGZ 80, 352). Besteht dagegen an dem Behältnis Allein- oder Mitgewahrsam eines Dritten, ist dem GV die Durchsuchung selbst dann nicht gestattet, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass die Sachen im Behältnis solche sind, die im Alleingewahrsam des Schuldners stehen (Kasse des Automaten in einer Gastwirtschaft, zu der der Schuldner allein den Schlüssel hat; Oldenbg DGVZ 90, 237; LG Aurich NJW-RR 91, 192 [LG Aurich 13.02.1990 - 3 T 302/89]).