1. Formeller Tatbestand.
Rn 18
Die richterliche Erlaubnis wird nur auf Antrag des Gläubigers erteilt. Der GV kann diesen weder im Namen noch im Auftrag des Gläubigers stellen (s Rn 3). Für die Bescheidung des Antrags ist der Richter am Amtsgericht zuständig. Es handelt sich nicht um eine Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, die nach § 20 Nr 17 RPflG dem Rechtspfleger zu übertragen wäre. Vielmehr ist die Entscheidung über den Antrag nach Abs 4 eine genuin richterliche Angelegenheit (KG DGVZ 75, 57; Ddorf NJW 78, 2205 [OLG Düsseldorf 03.02.1978 - 3 W 366/77]), der Rechtspfleger kann sie wegen § 8 IV RPflG nicht erteilen. Wie in Abs 1 müssen auch die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen mit dem Antrag nachgewiesen werden (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 60). Grds ist der Schuldner vor der Entscheidung anzuhören. Die Anhörung ist nur entbehrlich, wenn das Vollstreckungsbegehren entweder besonders dringlich ist oder sie den Vollstreckungserfolg gefährdet (Kobl MDR 86, 64; aA Stuttg OLGZ 70, 182, 185). Ein Rechtsschutzinteresse besteht nicht, wenn die Vollstreckung zur Nachtzeit oder an Sonn- und Feiertagen sich schon ex ante als nicht erfolgversprechend darstellt (LG Frankfurt DGVZ 80, 23, 26), des Weiteren dann nicht, wenn der Gläubiger nicht dartut, dass die Vollstreckung bereits mehrfach zu den üblichen Zeiten versucht und erfolglos geblieben ist (Hamm JurBüro 84, 780, 781; LG Mönchengladbach MDR 08, 292 [LG Mönchengladbach 20.11.2007 - 5 T 317/07]: zweimaliger Vollstreckungsversuch außerhalb der Nachtzeit; s Rn 4).
2. Materieller Tatbestand.
Rn 19
Es muss sich um eine Vollstreckungshandlung innerhalb der Wohnung des Schuldners handeln. Zum Begriff der Wohnung, der in den Abs 1, 3 und 4 jeweils einheitlich auszulegen ist und deshalb auch die Vornahme von Vollstreckungsakten in Geschäftsräumen einschließt (Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 18) s § 758 Rn 3. Um eine Vollstreckung zur Nachtzeit handelt es sich, wenn diese im Zeitfenster zwischen einundzwanzig Uhr bis sechs Uhr stattfindet (Abs 4 S 2). Zu den Feiertagen sind sowohl die bundesrechtlich festgesetzten als auch diejenigen auf Grundlage des Landesrechts zu zählen (zB Fronleichnam, Allerheiligen). An Samstagen ist die Vollstreckung dagegen möglich, ohne dass die Voraussetzungen des Abs 4 vorliegen müssen. Die Vollstreckung zu den besonderen Zeiten oder Tagen nach Abs 4 muss erforderlich sein, um effektiv zu sein, wofür den Gläubiger die Last der Darlegung und Glaubhaftmachung trifft (Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 61). Die Vornahme einer Vollstreckungshandlung muss verhältnismäßig sein (s Rn 5), was nicht der Fall ist, wenn sie für den Schuldner zeitlich nicht zumutbar ist (Zö/Seibel § 758a Rz 33). Hat der Schuldner in die Vollstreckung zur Unzeit eingewilligt, ist keine richterliche Gestattung nach Abs 4 vonnöten (s Rn 6).
3. Verfahren und Entscheidung.
Rn 20
Der Richter hat die Belange des Gläubigers und des Schuldners bei der Entscheidung über den Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen abzuwägen und auch die Interessen von der Vollstreckung nicht betroffener Dritter mit einzubeziehen (AG Groß-Gerau Rpfleger 83, 407). Die Anordnung nach Abs 4 ergeht durch Beschluss, der die Vollstreckungshandlung bezeichnen und idR auch befristen muss (BFH NJW 80, 2096; Stuttg NJW 70, 1329). Die Entscheidung muss angeben, ob die Vollstreckung zur Nachtzeit oder an einem Sonn- oder Feiertag gestattet wird oder ob beides möglich sein soll. Sie legitimiert, wenn das nicht anders angeordnet ist, jeweils nur für eine Vollstreckungsmaßnahme und enthält die Erlaubnis zur Wohnungsdurchsuchung nach Abs 1 S 1 nicht konkludent (Musielak/Voit/Lackmann § 758a Rz 22; aA Schuschke/Walker/Walker § 758a Rz 51). Verbraucht ist die Anordnung auch in dem Fall, dass die Vollstreckungshandlung, für die sie erteilt war, keinen Erfolg gehabt hat.