I. Begründung der Zuständigkeit.
1. Sachlich (Abs 1) und funktionell.
Rn 2
Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht ist nach § 802 eine ausschließliche. Sie bestimmt sich unabhängig davon, von welchem Prozessgericht der Titel stammt (MüKoZPO/Heßler § 764 Rz 2). Erklären andere Gesetze als die ZPO die Vorschriften des Achten Buchs für anwendbar, bezieht sich das auch auf die sachliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts nach § 764 (Schuschke/Walker/Walker § 764 Rz 2). Die Vollstreckung in Familiensachen erfolgt, soweit ein Gericht dafür zuständig ist, zB nach §§ 88 ff FamFG, auch nach dem FamFG nicht durch das Familiengericht, sondern durch das Vollstreckungsgericht gem § 764 (Frankf NJW-RR 13, 776). § 95 I FamFG erklärt insoweit die ZPO für anwendbar (Giers FamRB 09, 87). Nicht etwa wird das Familiengericht dadurch aber zum Vollstreckungsgericht iSv § 764 (BGH NJW 79, 1048). Das trifft grds auch für die Vollstreckung arbeits- und sozialrechtlicher Titel zu, §§ 62 II, 64 VII, 85, 87 II, 92 II ArbGG; § 198 I SGG mit Ausnahme der Vollstreckung nach §§ 200, 201 SGG. Anderes gilt für die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen. Hier ist das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges nach § 167 I 2 VwGO zugleich auch das Vollstreckungsgericht, ebenso das Arrestgericht, wenn es in den Fällen der §§ 919, 930 I 3, 931 III einen Arrest vollzieht. In den Fällen von §§ 36 IV, 89 III, 148 II InsO tritt das Insolvenzgericht wegen der größeren Sachnähe funktional an die Stelle des Vollstreckungsgerichts (LG Hamburg ZInsO 09, 1707; Büttner ZVI 07, 597; Althammer/Löhnig KTS 04, 525). Der Rechtsmittelzug richtet sich aber grds nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften (BGH Rpfleger 04, 436). Für die Entscheidung über eine auf Massearmut gestützte Erinnerung des Insolvenzverwalters gegen den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist die sachliche Zuständigkeit des Insolvenzgerichts begründet (BGH NJW-RR 07, 119 [BGH 21.09.2006 - IX ZB 11/04]). Für Entscheidungen nach §§ 850 ff ist nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ebenfalls das Insolvenzgericht zuständig (Köln JurBüro 01, 217 f). Die Aufgaben, die nach dem achten Buch dem Vollstreckungsgericht zugewiesen sind, nimmt der funktionell zuständige Rechtspfleger nach § 20 Nr 17 RPflG wahr. Der Richter entscheidet allerdings über die Erinnerung gegen dessen Entscheidungen nach § 766.
2. Örtlich (Abs 2).
Rn 3
Auch die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht ist nach § 802 eine ausschließliche. Sie richtet sich nach dem Ort der Vollstreckungshandlung und muss für jede Vollstreckungshandlung getrennt ermittelt werden (MüKoZPO/Heßler § 764 Rz 26), so zB wenn der Schuldner nach der Vornahme einer Vollstreckungshandlung, aber vor einer weiteren den Wohnsitz wechselt. In diesem Fall ist für die neue Vollstreckungshandlung auch der neue Wohnsitz entscheidend (Schuschke/Walker/Walker § 764 Rz 5). Denn neue Vollstreckungsmaßnahmen begründen auch eine neue örtliche Zuständigkeit (Zö/Seibel § 764 Rz 4). Anders ist es, wenn sich der Wohnsitz des Schuldners ändert, solange eine am alten Wohnsitz eingeleitete Vollstreckungshandlung noch andauert. In diesem Fall bleibt es bei der Zuständigkeit des Amtsgerichts am alten Wohnsitz (München Rpfleger 85, 154 [OLG München 31.07.1984 - 25 W 1982/84]). Entscheidend für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit ist stets der Beginn der einzelnen Vollstreckungshandlung. Ausnahmen von Abs 2 gelten nach § 828 II für die Forderungspfändung, nach § 848 für die Pfändung unbeweglicher Sachen, nach §§ 853 bis 855 bei der Pfändung von Forderungen für mehrere Gläubiger sowie nach §§ 858 II, 872.
3. Kompetenzunstimmigkeiten.
Rn 4
Kommt es zwischen mehreren potenziell zuständigen Amtsgerichten zu einem Kompetenzkonflikt, wird das sachlich und/oder örtlich zuständige Amtsgericht in entsprechender Anwendung des § 36 Nr 5, 6 ermittelt (BGH NJW 82, 2070; Frankf Rpfleger 78, 260). Auch der Rechtspfleger darf im Falle des § 36 I Nr 6 die Sache dem nächsthöheren Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorlegen (BGH NJW 83, 1859 [BGH 02.03.1983 - IVb ARZ 49/82]). Soll gegen eine Mehrheit von Schuldnern vollstreckt werden, denen eine zu pfändende Forderung gemeinschaftlich zusteht, ist nach § 36 Nr 3 analog auf Antrag des Gläubigers ein für alle Schuldner zuständiges Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu bestimmen (BayObLG Rpfleger 83, 288; BayObLGZ 59, 270).