I. Anträge, Zuständigkeit.
Rn 21
Zuständig ist ausschl das Vollstreckungsgericht, dies auch für die Vollstreckung einer Entscheidung des Familiengerichts zur Räumung und Herausgabe der Ehewohnung (Frankf NJW-RR 13, 776, 777 [KG Berlin 27.03.2013 - 17 UF 42/13]). Das Vollstreckungsgericht entscheidet gem § 20 Nr 17 RPflG durch den Rechtspfleger. Vollstreckungsgericht ist gem § 764 II grds das AG, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Die Zuständigkeit ist gem § 802 eine ausschließliche.
Rn 22
Für den Antrag nach § 765a besteht kein Anwaltszwang. Der Antrag kann gestellt werden, sobald eine Vollstreckungsmaßnahme droht und solange die Vollstreckung nicht beendet ist. Im Zwangsversteigerungsverfahren endet die Anwendbarkeit des § 765a mit Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses (Ddorf Rpfleger 87, 514). Ist der Antrag zusammen mit einer Erinnerung nach § 766 gestellt, entscheidet der Richter gem § 6 RPflG mit über den Antrag nach § 765a. Wird der Antrag erstmals im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Vollstreckungsgerichts gestellt, kann das Beschwerdegericht als Vollstreckungsgericht tätig werden; eine derartige Verfahrensweise empfiehlt sich wegen des Sachzusammenhangs (Hamm NJW 68, 2247, 2248 [OLG Hamm 16.05.1968 - 14 W 39/68]; MüKoZPO/Heßler Rz 72 ua; aA Köln NJW-RR 89, 189; St/J/Münzberg Rz 32; Zö/Seibel Rz 24 ua). Im Rechtsbeschwerdeverfahren kann ein Schutzantrag nach § 765a mangels tatsächlicher Feststellungen der Vordergerichte nicht wirksam gestellt werden (BGH WM 08, 256, 258).
II. Erfordernisse.
Rn 23
Der Schuldner hat die Gefahr ausreichender Beeinträchtigungen vorzutragen; an die Konkretisierung seines Sachvortrags sind jedoch im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art 2 I GG bes strenge Anforderungen nicht zu stellen. So ist die Vorlage von Attesten oder sonstigen Mitteln zur Glaubhaftmachung nicht erforderlich (BVerfG WM 11, 2232, 2234; BGH NJW-RR 11, 419, 420; WuM 11, 533, 534). Für die einem Antrag nach § 765a zugrunde gelegten Tatsachen muss Beweis angeboten werden; beantragte Sachverständigengutachten sind einzuholen (BVerfGE 52, 214, 222 und passim; NJW-RR 11, 419, 420 [BGH 02.12.2010 - V ZB 124/10]; WuM 11, 533, 534 [BGH 31.03.2011 - V ZB 313/10]). § 139 ist zu beachten (BGH NJW 08, 1742, 1743 [BGH 13.03.2008 - I ZB 59/07]). Der Gläubiger ist anzuhören. Diese Anhörungspflicht ergibt sich aus Art 2 I GG iVm dem sich aus Art 20 III GG ergebenden Recht auf ein rechtstaatliches Verfahren, nicht dagegen aus Art 103 I GG; diese Vorschrift ist auf das Verfahren vor dem Rechtspfleger nicht anwendbar (BVerfGE 101, 397, 404 [BVerfG 18.01.2000 - 1 BvR 321/96]). Rechnet der Gläubiger mit einem Antrag des Schuldners nach § 765a, kann es sich als zweckmäßig erweisen, bereits vor einem derartigen Antrag eine Schutzschrift bei dem Vollstreckungsgericht einzureichen.
III. Verfahren in Räumungssachen.
Rn 24
In Räumungssachen muss der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gem § 765a III spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin gestellt werden. Auch die Antragsgründe sind innerhalb der Zweiwochenfrist zumindest ersichtlich zu machen (St/J/Münzberg Rz 21). Die Fristversäumung ist unschädlich, wenn die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach Ablauf der Frist entstanden sind oder wenn den Schuldner kein Verschulden an der Versäumung der Frist trifft. Wiedereinsetzung scheidet allerdings aus, da es sich bei der in § 765a III genannten Frist nicht um eine Notfrist handelt. Gründe, die für eine Wiedereinsetzung geeignet wären, belegen jedoch regelmäßig auch das fehlende Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung. Der Umstand, dass der Grund erst später entstanden ist sowie die unverschuldete Verspätung können in entspr Anwendung des § 236 II 1 glaubhaft gemacht werden (Zö/Seibel Rz 19b; Anders/Gehle/Vogt-Beheim ZPO Rz 34; aA St/J/Münzberg Rz 22). Nach Abschluss der Zwangsvollstreckung entfällt ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 765a (BVerfG NJW 22, 2537 Rz 24).
IV. Entscheidung, Rechtsmittel, Abänderung.
Rn 25
Der Rechtspfleger entscheidet durch begründeten Beschl; eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Das Vollstreckungsgericht kann die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme aussprechen, wodurch eine bereits begonnene Vollstreckungsmaßnahme zwar aufrechterhalten, die Vollstreckungsmaßnahme jedoch nicht weitergeführt wird. Es kann zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen untersagen, und es kann Vollstreckungsmaßregeln aufheben. Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen wird gem § 765a V erst nach Rechtskraft des Beschl wirksam. Diese Vorschrift dient den Interessen des Gläubigers, der durch den Wegfall von bereits durch die Vollstreckungsmaßnahme entstandenen Positionen in besonderer Weise schutzbedürftig ist. Bei sämtlichen Maßnahmen können dem Schuldner Sicherheitsleistungen auferlegt werden.
Rn 26
Gegen den Beschl des Rechtspflegers ist die sofortige Beschwerde nach § 793 iVm § 11 I RPflG statthaft. Möglich ist auch eine Abhilfeentscheidung des Vollstreckungsgerichts ...