I. Abgrenzung zu § 793.
1. Kriterien.
Rn 2
§ 766 ermöglicht die Überprüfung sowohl von Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts als auch des GV; nicht überprüft werden mit § 766 die Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts. Liegt eine Entscheidung vor, ist die sofortige Beschwerde nach § 793 der richtige Rechtsbehelf (BGH ZIP 04, 1379). In Familiensachen ist § 766 entspr über § 120 I FamFG anzuwenden (Brandbg FamRZ 11, 831, 832). Die Frage, ob eine Vollstreckungsklausel zu Recht – auch uneingeschränkt – erteilt wurde, ist der Nachprüfung durch das Vollstreckungsorgan entzogen und kann nicht im Erinnerungsverfahren nach § 766 vor dem Vollstreckungsgericht aufgeworfen werden (BGH Beschl v 1.2.17 – VII ZB 22/16 = NJW-RR 17, 510 Rz 13; v 16.9.21 – VII ZB 9/21 = WM 21, 2200 Rz 13, jew mwN).
Rn 3
Umstritten ist die Frage, wann eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts und wann eine bloße Maßnahme vorliegt. Zu zweckmäßigen Ergebnissen und klaren Abgrenzungsmöglichkeiten führt sicher die Auffassung, dass die Ablehnung des Vollstreckungsaktes ebenso wie die Vornahme grds mit der Erinnerung angreifbar seien und erst gegen die Entscheidung über die Erinnerung die sofortige Beschwerde nach § 793 gegeben sei (Baur/Stürner/Bruns Rz 43.4). Nach aA liegt eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts idR nur dann vor, wenn ein Beschl ergangen ist, der das Parteivorbringen bei der Entscheidung berücksichtigt hat; ob der Beschl des Vollstreckungsgerichts dem Inhalt nach eine Vollstreckungsmaßnahme oder eine Entscheidung darstellt, ist unerheblich. Begründet wird dies mit der Erwägung, § 766 gebe dem Vollstreckungsgericht die Möglichkeit, seine eigene Anordnung zu überprüfen; dem Beteiligten, dem rechtliches Gehör gewährt wurde, könne es nicht zugemutet werden, erst noch eine beschwerdefähige Entscheidung des Vollstreckungsgerichts zu erwirken, wenn er ohnedies annehmen muss, sein Vorbringen sei bereits geprüft und abgelehnt worden (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 17; Musielak/Voit/Lackmann Rz 12). In Kauf genommen wird dabei, dass für die Beteiligten unterschiedliche Rechtsbehelfe gelten können, je nachdem, ob sie angehört worden sind oder nicht (St/J/Münzberg Rz 7). Eine Ausn gilt nur dann, wenn sich auf einer Seite zwei Parteien, so Schuldner und Drittschuldner, befinden; in diesen Fällen wird angenommen, dass es nicht zwei verschiedene Rechtsbehelfe gegen einen Beschl geben kann (Bambg NJW 78, 1389). Teilweise wird auf die Anhörungsmöglichkeit für die Parteien konsequent abgestellt und bei unterbliebener Anhörung immer eine Vollstreckungsmaßnahme angenommen, dies unabhängig davon, ob die Anhörung vorgeschrieben, zulässig oder sogar unzulässig gewesen ist (so RGZ 16, 317, 321, 322; 18, 431, 434; Wieczorek/Schütze/Spohnheimer Rz 20).
Rn 4
Nach überwiegender Auffassung ist bei der Frage nach dem Rechtsbehelf nicht nur auf die Anhörung abzustellen, sondern auch auf die Rechtsgrundlagen der Anhörung. So wird, besteht Zwang zur Anhörung des Schuldners, wie dies gem §§ 825 I, 844 II, 887 ff iVm § 891 der Fall ist, die sofortige Beschwerde gem § 793 als zutreffender Rechtsbehelf angesehen, auch wenn eine Anhörung nicht erfolgt ist. Bei vorgeschriebener Anhörung ist eine umfassende Behandlung der Sache erforderlich; damit geht das Gesetz objektiv von einer Entscheidung aus (St/J/Münzberg Rz 8; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 17; Musielak/Voit/Lackmann Rz 14). Dies gilt auch für Durchsuchungsanordnungen des Vollstreckungsgerichts gem § 758a sowie die Anordnung einer anderen Verwertungsart nach § 825 II. Hier handelt es sich um Beschlüsse, die ihrem Inhalt nach Entscheidungen sind, da materielle Grundrechte des Schuldners berührt werden. Das Vollstreckungsgericht hat die Belange des Schuldners daher vAw zu berücksichtigen (Hamm NJW 84, 1972 [OLG Hamm 12.12.1983 - 14 W 208/83]; Kobl MDR 86, 64; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 20). Auch dann, wenn sich die Anhörung als unzulässig erweist, wie dies gem § 734 iVm §§ 728 ff der Fall ist, wird eine Entscheidung angenommen (Musielak/Voit/Lackmann Rz 11; zweifelnd MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 17).
Rn 5
Die Abweisung eines vom Gläubiger gestellten Vollstreckungsantrags durch das Vollstreckungsgericht wird stets als nach § 793 bzw § 11 I RPflG und nicht nach § 766 anfechtbar angesehen, dies auch dann, wenn der Schuldner nicht gehört worden ist (Kobl NJW-RR 86, 679; JurBüro 89, 1179; Wieczorek/Schütze/Spohnheimer Rz 19; St/J/Münzberg Rz 11; anders für den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ohne Anhörung des Schuldners Hamm MDR 75, 938).
2. Wahl des Rechtsbehelfs.
Rn 6
Angesichts der umstrittenen Problematik und der damit verbundenen Unsicherheiten (krit hierzu insb Baur/Stürner/Bruns Rz 43.4) kann den durch eine Anordnung des Vollstreckungsgerichts Betroffenen in Zweifelsfällen nur empfohlen werden, sowohl von der Möglichkeit der unbefristeten Erinnerung als auch derjenigen der befristeten sofortigen Beschwerde gem § 793 bzw der ebenfalls befristeten Durchgriffserinnerung nach § 11 II 1 RPflG Gebrauch zu machen. Die Rechtsunsicherheit wird durc...