I. Zulässigkeit, Rechtsschutzbedürfnis.
Rn 18
Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, sobald die Zwangsvollstreckung begonnen hat; es fehlt idR, wenn die Zwangsvollstreckung beendet ist (BGH NJW-RR 10, 785; WM 17, 1109, 1110; zu Ausnahmen vgl Rn 19). Die Erinnerung kann auch bereits gegen eine unmittelbar bevorstehende Vollstreckungsmaßnahme eingelegt werden, so insb bei drohender Räumung, drohender Vollstreckung eines Haftbefehls oder einer drohenden Durchsuchungsanordnung (BGH WM 05, 292, 293). Soll auf die Erinnerung eine bestimmte Vollstreckungsmaßnahme für unzulässig erklärt werden, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht erst mit der Beendigung der Zwangsvollstreckung, sondern mit der Beendigung der beanstandeten Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Nur eine noch nicht beendete Maßnahme, nicht dagegen eine bereits endgültig vollzogene Maßnahme kann iSd § 775 Nr 1 iVm § 776 aufgehoben werden; eine solche Maßnahme müsste vielmehr rückgängig gemacht werden, was mit der Erinnerung nicht möglich ist (BGH WM 05, 292, 293; 09, 2390, 2391). Die Vollstreckung wegen Herausgabe einer bestimmten Sache endet nicht bereits mit der Wegnahme, sondern erst mit der Besitzerlangung des Gläubigers; so ist die Räumungsvollstreckung nicht vor Einweisung des Gläubigers in den Besitz der Räume durch Übergabe der Schlüssel beendet (BGH WM 05, 292, 293). Bei einer Sachpfändung ist die Vollstreckung mit Auskehrung des Erlöses an den Gläubiger und nicht bereits durch Hinterlegung beendet (RGZ 56, 84, 91; 67/310, 311); lediglich dann, wenn ein Verteilungsverfahren nicht stattfindet, kann die Hinterlegung des Erlöses als Abschluss der Zwangsvollstreckung gewertet werden (Musielak/Voit/Lackmann Rz 17). Bei der Forderungspfändung ist die Vollstreckung mit Leistung des Drittschuldners an den Gläubiger beendet, nicht bereits mit Erlass des Pfändungs- u Überweisungsbeschlusses; dies gilt auch im Fall einer Überweisung an Zahlungs statt (Ddorf ZIP 82, 366, 367; zweifelnd MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 45). Im Verteilungsverfahren gem §§ 872 ff kann Erinnerung eingelegt werden. Die Erinnerung ist nicht bereits dann unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verteilungsverfahrens vorliegen. So ist die Erinnerung zug eines am Verteilungsverfahrens beteiligten Gläubigers bis zum Verteilungstermin zuzulassen; Streitigkeiten um den Rang der Pfandrechte sind im Verteilungsverfahren somit nicht ausschl mit den dort vorgesehenen Mitteln des Widerspruchs und der Widerspruchsklage auszutragen (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 9 mwN; entgegen Kobl ZIP 84, 745). Auch der Schuldner kann noch nach Anordnung des Verteilungsverfahrens Erinnerung einlegen (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 9; Musielak/Voit/Lackmann Rz 5).
Rn 19
Eine Ausn von dem Grundsatz, dass die Zwangsvollstreckung noch nicht abgeschlossen sein darf, gilt, soweit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auch nach ihrer Beendigung noch fortwirken, wie dies bei der Erteilung einer Unpfändbarkeitsbescheinigung der Fall sein kann (Zö/Herget Rz 13; aA KG NJW 56, 1115, 1116 [KG Berlin 18.11.1955 - 1 W 3198/55]). Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann nicht die Feststellung verlangt werden, dass eine Vollstreckungsmaßnahme rechtswidrig gewesen sei; ausgenommen ist der Fall, dass die Vollstreckungsmaßnahme mit einem tiefgreifenden Grundrechtseingriff verbunden gewesen ist (BGH NJW 19, 2234 [BGH 28.03.2019 - I ZB 63/18]). Dies gilt auch für Zwangsvollstreckung vorbereitende Maßnahmen, wie dies bspw bei einer Durchsuchungsanordnung der Fall ist (BVerfG NJW 15, 3432, 3433 [BVerfG 16.07.2015 - 1 BvR 625/15]).
II. Legitimation, Prozessführungsbefugnis.
Rn 20
Zur Erinnerung befugt ist derjenige, der unter Berücksichtigung seiner eigenen Darlegungen durch den Vollstreckungsakt in seinen Rechten beeinträchtigt ist, nicht dagegen derjenige, der seine Beeinträchtigung ausschl aus der Verletzung eines Rechtes eines Dritten ableitet (RGZ 42, 343, 347; BGH NJW-RR 10, 281, 282). Nicht zur Erinnerung berechtigt sind somit Untermieter oder Unterpächter eines Mieters oder des Pächters des Schuldners; ihnen fehlt das erforderliche Rechtsschutzinteresse (BGH ZInsO 11, 1710, 1711).
Rn 21
Der Gläubiger ist gem § 766 II immer dann befugt, die Erinnerung einzulegen, wenn er diese damit begründen kann, ein GV habe sich geweigert, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen, die Vollstreckungshandlung dem Auftrag gem auszuführen oder eine solche verzögert. Führt ein GV eine Vollstreckungshandlung nicht auftragsgemäß aus, ist der Gläubiger im Einzelfall verpflichtet, dem GV Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Erst wenn der GV den Antrag ablehnt, steht dem Gläubiger die Erinnerung nach § 766 zu (BGH NJW-RR 08, 1163, 1164 [BGH 04.10.2007 - I ZB 11/07]). Gegen eine Entscheidung des GV über den Kostenansatz gem § 766 II können sowohl Gläubiger als auch Schuldner Erinnerung einlegen. Beide können die Höhe der Kosten beanstanden; der Schuldner kann sich zudem gegen die Erstattungsfähigkeit der Kosten wenden.
Rn 22
Dritten steht die Erinnerung zu, wenn ihre Rechte durch eine unrichtige Art und Weise der Zwa...