I. Allgemeines.
Rn 28
Die Erinnerung ist nicht fristgebunden; sie muss in analoger Anwendung des § 569 II, III schriftlich eingelegt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Anwaltszwang besteht nicht (Musielak/Voit/Lackmann Rz 16). Zuständig zur Entscheidung ist das Vollstreckungsgericht; die örtliche und sachliche Zuständigkeit des § 764 II ist nach § 802 eine ausschließliche.
II. Verfahrensablauf.
Rn 29
Gegner der Erinnerung des Schuldners ist regelmäßig der Gläubiger; ohne dessen Anhörung darf nicht zu seinem Nachteil entschieden werden. Gleiches gilt, wenn ein Dritter die Erinnerung gegen eine Vollstreckungsmaßnahme einlegt. Bei der Erinnerung des Gläubigers, insb auch derjenigen des § 766 II, ist Erinnerungsgegner der Schuldner; es bedarf auch dessen Anhörung, wenn zu seinem Nachteil entschieden wird. Etwas anderes gilt, wenn die Benachrichtigung des Schuldners den Vollstreckungserfolg gefährden würde oder ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Rn 30
Für das Erinnerungsverfahren gelten die allg zivilprozessualen Grundsätze, damit auch der Beibringungsgrundsatz. Das Vollstreckungsgericht prüft zwar Zulässigkeit und Begründetheit der Erinnerung vAw; Amtsermittlungen werden jedoch nicht vorgenommen (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 41; aA iSe Beschränkung des Beibringungsgrundsatzes: Musielak/Voit/Lackmann Rz 26). Die gem §§ 141–144 vorgesehenen Anordnungen können aber vAw durch das Vollstreckungsgericht erfolgen. Im Übrigen gelten die allg Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast; die Glaubhaftmachung ist nicht ausreichend.
Rn 31
Richtet sich die Erinnerung gegen eine Maßnahme des GV, kann bereits dieser der Erinnerung abhelfen; so kann er eine zunächst abgelehnte Vollstreckungsmaßnahme vornehmen oder beschleunigen (Schuschke/Walker/Walker Rz 20). Wird Erinnerung gegen eine Maßnahme des Vollstreckungsgerichts eingelegt, ist eine Abhilfeentscheidung gem § 572 I 1 möglich. Handelt es sich um eine Maßnahme des Rechtspflegers, kann dieser ebenfalls der Erinnerung abhelfen; gegen eine solche Entscheidung ist die sofortige Beschwerde nach § 793 iVm § 11 I RPflG zulässig; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien vor der Abhilfeentscheidung gehört worden sind (St/J/Münzberg Rz 5). Eine Zurückweisung der Erinnerung durch den Rechtspfleger ist gem § 8 IV 1 RPflG unwirksam. Erfolgt keine Abhilfe, wird die Entscheidung über die Erinnerung durch den Richter gem § 20 Nr 17 S 2 RPflG getroffen.
III. Einstweilige Anordnungen.
Rn 32
Die Erinnerung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Vollstreckungsgericht kann aber gem § 766 I 2 einstweilige Anordnungen erlassen; dies kann auch durch den Rechtspfleger vorgenommen werden. Trifft der Rechtspfleger eine einstweilige Anordnung, handelt es sich um eine der befristeten Erinnerung nach § 11 II 1 RPflG unterliegende Entscheidung; eine sofortige Beschwerde nach § 793 scheidet in analoger Anwendung des § 707 II 2 aus (vgl § 765a Rn 29; vgl auch § 769 Rn 13).
IV. Rechtsmittel.
Rn 33
Gegen die Entscheidung über die Erinnerung gibt es das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 793; diese ist gem einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht. Dieses ist gem § 72 I GVG die Zivilkammer des LG. In entspr Anwendung des § 569 III 1 besteht Anwaltszwang nicht. Erlässt das Beschwerdegericht im Verfahren nach § 793 eine Vollstreckungsmaßnahme, ist hiergegen die Erinnerung an das Beschwerdegericht zuzulassen, wenn eine Anhörung des Schuldners nicht erfolgt ist. Fehlt es an der vorherigen Anhörung des Schuldners, handelt es sich nicht um eine ›Entscheidung‹, sondern um die Vornahme einer Vollstreckungshandlung; über die hiergegen vom Schuldner eingelegte Vollstreckungserinnerung hat das Beschwerdegericht selbst zu entscheiden. Bei der Zurückweisung der Vollstreckungserinnerung liegt eine Entscheidung des Beschwerdegerichts vor, die nicht mit der sofortigen Beschwerde nach § 793, sondern unter den Voraussetzungen des § 574 I 2 nur mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden kann. Wurde der Schuldner angehört, stellt die Anordnung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch das Beschwerdegericht eine Entscheidung dar, gegen welche ebenfalls bei ausdrücklicher Zulassung die Rechtsbeschwerde statthaft ist (BGH WM 10, 2317, 2318).
Besonderheiten gelten bei der Kostenerinnerung nach § 766 II. Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet nach Maßgabe des § 66 II GKG die unbefristete Beschwerde statt. Hiergegen ist unter den Voraussetzungen des § 66 IV GKG die weitere Beschwerde zulässig (BGH DGVZ 08, 187, 188). Hat das Insolvenzgericht als Vollstreckungsgericht entschieden, richtet sich der Rechtsmittelzug nach den allg vollstreckungsrechtlichen Vorschriften (vgl § 793 Rn 4).