1. Allgemeines.
Rn 22
Da mit der Klage aus § 767 nur Einwendungen erhoben werden können, welche die Rechtskraft des Urt unberührt lassen, können nur solche Umstände zum Erfolg führen, welche den rechtskräftig zuerkannten Anspruch nachträglich vernichten oder in seiner Durchsetzbarkeit hemmen (BGHZ 100, 211, 212; 222, 224, 225). Die tatsächlichen Voraussetzungen hierfür sind vom Schuldner darzulegen und nachzuweisen.
Rn 23
Die Vollstreckungsabwehrklage scheidet aus, wenn das Gericht in seinem Urt vom Fortbestand der Verhältnisse über den Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung hinaus ausgeht. Treten dann nach Erlass des Urt Änderungen ein, handelt es sich nicht um das Vorbringen einer neuen nachträglichen Tatsachenlage, sondern um einen Angriff gegen die Richtigkeit des ersten Urt und dessen Annahme, die bisherigen Verhältnisse würden aufrechterhalten bleiben. Der Schuldner kann somit nicht im Weg der Vollstreckungsgegenklage geltend machen, nach einer rechtskräftigen Verurteilung zur Zahlung von Verzugszinsen habe sich das Zinsniveau verändert (BGHZ 100, 211, 213). Aus dem gleichen Grund kann der rechtskräftig titulierte Räumungsanspruch durch den späteren Wegfall des Eigenbedarfs nicht mehr berührt werden (Schuschke/Walker/Raebel Rz 25 entgegen St/J/Münzberg Rz 17). Auch die Zubilligung von Schmerzensgeld berücksichtigt von vornherein die zukünftige Entwicklung (BGH NJW 04, 1243, 1244 [BGH 20.01.2004 - VI ZR 70/03]); eine Vollstreckungsgegenklage des Schädigers kommt daher nicht in Frage, wenn sich nach der letzten mündlichen Verhandlung beim Geschädigten eine positive Entwicklung abzeichnet. Anders ist es, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Dauerschuldverhältnis nachträglich entfallen. So kann eine Vollstreckungsabwehrklage darauf gestützt werden, dass sich eine Werbeaussage, die als irreführend untersagt wurde, durch nachträgliche Veränderung der Umstände als wahrheitsgemäß erweist (Köln NJW-RR 87, 1471 [OLG Köln 27.04.1987 - 6 W 18/87]). Ebenso kann iRd § 829 BGB ein Billigkeitsanspruch nachträglich entfallen, wenn die Billigkeitsvoraussetzungen später, so bei verminderter wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des schuldunfähigen Schädigers, nicht mehr gegeben sind (vgl BGHZ 76, 279, 287, 280).
2. Rechtsvernichtende und rechtshemmende Einreden.
Rn 24
Rechtsvernichtend ist die Erfüllung (BGHZ 83, 278, 280), nicht dagegen eine zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urt geleistete Zahlung, der Erfüllungswirkung nicht zukommt (BGH NJW 90, 2756); ebenso sind dies Erfüllungssurrogate, wie insb die Aufrechnung sowohl durch den Titelgläubiger als auch durch den Vollstreckungsschuldner (BGH NJW 90, 3210, 3211, 3212; WM 95, 634 [BGH 13.12.1994 - X ZR 20/93]), befreiende Hinterlegung (RGZ 30, 197, 199, 200), befreiende Leistung durch Dritte gem § 267 I BGB (BGHZ 70, 151, 155, 156), Verzicht bzw Erlass, ebenso ein den Anspruch betreffender späterer Vergleich, dem Erlasselemente inne wohnen (BGH FamRZ 79, 573, 574), und die Befriedigung aus Sicherheiten (Hamm WM 84, 829). Zu berücksichtigen sind der Verlust der Aktivlegitimation des Gläubigers, sei dies infolge Abtretung oder Pfändung und Überweisung der titulierten Forderung (RGZ 112, 348, 351; BGH MDR 85, 309) oder infolge gesetzlichen Forderungsübergangs (Hambg FamRZ 96, 810), die Beendigung der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 1629 III BGB (Brandbg FamRZ 97, 509), der Fortfall der Verbandsklagebefugnis nach §§ 8 III UWG, 3 UKlaG) sowie der Wegfall der Passivlegitimation des Schuldners durch befreiende Schuldübernahme (BGHZ 110, 319, 321, 322). Der Titelgläubiger bleibt jedoch trotz Abtretung des titulierten Anspruchs aktivlegitimiert, den Anspruch im Weg der Zwangsvollstreckung durchzusetzen, wenn er materiell-rechtlich aufgrund einer Einziehungsermächtigung befugt ist, weiterhin Leistung an sich zu verlangen (BGHZ 120, 387, 395). Relevant sind der Wegfall einer aufschiebenden Bedingung, ebenso der Eintritt einer auflösenden Bedingung (RGZ 123, 29, 72; BGH NJW 99, 954, 955 [BGH 14.12.1998 - II ZR 330/97]), nachträgliche vom Schuldner nicht zu vertretende Unmöglichkeit der Leistung (RGZ 39, 167, 168, 169; 107, 233, 234), Geltendmachung von Mängelansprüchen gem §§ 437, 440, 326 V, 323 BGB (zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts: BGHZ 85, 367, 371, 372), Erfüllungsablehnung durch den Insolvenzverwalter (BGH NJW 87, 1702, 1703 [BGH 29.01.1987 - IX ZR 205/85]), die Ausübung eines Wahlrechts bei Wahlschulden (RGZ 27, 382, 384, 385) oder durch den Insolvenzverwalter nach § 103 InsO (BGHZ 96, 392, 394) Rücktritt des Schuldners vom Vertrag, aus dem der titulierte Anspruch resultiert (RGZ 104, 15, 17; NJW 79, 2032, 2033 [BGH 11.05.1979 - V ZR 177/77]) sowie Kündigungserklärungen und Anfechtungserklärungen (Musielak/Voit/Lackmann Rz 23, 24), ebenso Insolvenzanfechtungen (St/J/Münzberg Rz 19). Von Bedeutung sind auch der Wegfall der Geschäftsgrundlage (BGHZ 78, 146, 148) und die Verwirkung (BGH Urt v 22.2.52 – I ZR 117/51 Rz 35 juris = BGHZ 5, 18...