Rn 6
Schaltet der Rechtsanwalt Hilfspersonen ein und lässt sie im Anwaltsprozess für sich auftreten, so müssen diese entweder selbst postulationsfähig sein oder sie müssen ihre Postulationsfähigkeit von der des Rechtsanwalts, für den sie handeln, ableiten können. Lediglich dann, wenn der Hilfsperson nur die Ausführung der Parteirechte in der mündlichen Verhandlung überlassen wird, gelten diese Einschränkungen nicht, denn dies ist kein Fall der Vertretung. Die Ausführung der Parteirechte kann einer solchen Personen in Anwesenheit des Bevollmächtigten gestattet werden, woraus zugleich folgt, dass dieser selbst anwesend sein muss.
1. Vertreter.
Rn 7
Ein nach § 53 I BRAO verhinderter Rechtsanwalt muss selbst für Vertretung sorgen, indem er einen anderen Rechtsanwalt zum Vertreter bestellen soll (§ 53 II 1, III 1 BRAO). Findet er keinen Vertreter oder soll eine Person ohne Anwaltszulassung zum Vertreter bestellt werden (Person mit der Befähigung zum Richteramt oder Rechtsreferendar), erfolgt die Bestellung durch die Rechtsanwaltskammer (§ 53 II 2 BRAO). Unterlässt der Anwalt die Bestellung oder stellt er keinen Antrag, kann die Rechtsanwaltskammer vAw einen Vertreter bestellen (§ 53 IV BRAO). Diese Vertreter haben nach § 54 I, III BRAO die anwaltlichen Befugnisse des vertretenen Rechtsanwalts und sind daher auch ohne eigene Zulassung im gleichen Umfang wie dieser postulationsfähig, auch soweit der vertretene Rechtsanwalt seinerseits als Vertreter handelt (BGH NJW 81, 1740 [BGH 11.03.1981 - VIII ZB 18/81]). Der Vertretene muss deshalb dem von ihm bestellten Vertreter Zugang zu seinem elektronischen Anwaltspostfach einräumen (§ 54 II BRAO). Bei einer Vertreterbestellung auf Antrag oder vAw gewährt die BRAK den Zugang (§ 31a III 2 BRAO). Die Befugnis der Vertreter zum Handeln endet mit Ablauf der Zeit, für die sie bestellt sind. Es schadet aber nicht, wenn eine während dieser Zeit verfasste, unterzeichnete und abgeschickte Rechtsmittelschrift erst nach Wegfall der Bestellung beim Rechtsmittelgericht eintrifft (BGH NJW 90, 1305; Frankf NJW 84, 2896 [OLG Frankfurt am Main 28.02.1984 - 5 U 145/83]). Der Vertreter sollte insb dann, wenn er nicht selbst postulationsfähig ist, hinreichend deutlich machen, dass er für einen postulationsfähigen Rechtsanwalt in Vertretung handelt (BGH NJW 93, 1925 [BGH 09.02.1993 - XI ZB 2/93]; 05, 3415), denn ohne diese Klarstellung droht die Unwirksamkeit der Prozesshandlung (BGH NJW 99, 365). Nach dem Grundsatz der interessengerechten Auslegung ist grds davon auszugehen, dass das für die Sozietät handlungsbefugte nicht postulationsfähige Sozietätsmitglied in Vertretung eines postulationsfähigen Mitglieds handeln wollte (BGH NJW 05, 3415 [BGH 28.07.2005 - III ZB 56/05]).
2. Abwickler.
Rn 8
Für einen verstorbenen Rechtsanwalt oder einen, der seine Zulassung verloren hat, kann die Rechtsanwaltskammer durch Verwaltungsakt nach § 55 I, V BRAO einen Rechtsanwalt oder eine sonstige Person mit der Befähigung zum Richteramt zum Abwickler bestellen, die die Befugnisse des verstorbenen Rechtsanwalts hat (§ 55 II 3 BRAO) und damit an dessen Postulationsfähigkeit partizipiert. Die Bestellung endet nach einem Jahr, ist aber verlängerbar (§ 55 I 4, 5 BRAO), sie wird mit der Bekanntgabe der Bestellung an den Abwickler wirksam (§§ 32 BRAO, 41, 43 VwVfG).
3. Referendare.
Rn 9
Referendare können nach § 53 II 2 BRAO zum Vertreter bestellt werden und partizipieren dann an der Postulationsfähigkeit des vertretenen Rechtsanwalts. IÜ sind sie nicht postulationsfähig. Referendare, die einem postulationsfähigen Anwalt zur Ausbildung zugewiesen sind, können auch im Anwaltsprozess (im Parteiprozess ergeben sich weitergehende Befugnisse aus § 157) in Anwesenheit des Rechtsanwalts vor Gericht auftreten und die Parteirechte wahrnehmen. Dies wird aus § 59 3 BRAO hergeleitet (St/J/Jacoby § 78 Rz 44) und gilt nicht für die Referendare, die eine Nebentätigkeit bei einem Rechtsanwalt ausüben (Zö/Althammer § 78 Rz 10 iVm Rz 14 vor § 78).
4. Sonstige Personen.
Rn 10
Sonstige Personen können weder allein noch in Anwesenheit des Rechtsanwalts vor Gericht auftreten und die Parteirechte wahrnehmen. Dies gilt auch für Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung erteilt wurde und die Mitglied der Rechtsanwaltskammer sind (§ 209 BRAO; BGH NJW 03, 3765 [BGH 18.09.2003 - V ZB 9/03]).