Rn 2

Es muss ein Titel vorliegen, der sich gegen den Erben richtet. § 780 I gilt für jede gegenständliche Beschränkung der Erbenhaftung, somit die Nachlassverwaltung gem § 1975 BGB, das Nachlassinsolvenzverfahren gem § 1975 BGB, die Ausschließung von Gläubigern gem §§ 1973, 1974 BGB, die Erschöpfungseinrede gem § 1989 BGB, die Dürftigkeitseinrede gem § 1990 BGB sowie das Recht des Miterben zur Verweisung des Gläubigers auf den ungeteilten Nachlass nach § 2059 BGB. § 780 I gilt auch bei Anwendung ausländischen Rechts, wenn die Annahme der Erbschaft unter Vorbehalten erklärt wird, welche der gegenständlichen Beschränkung der Erbenhaftung nach dem BGB entsprechen (BGH WM 15, 944 Rz 30 für die Annahme der Erbschaft unter Vorbehalt der Inventarerrichtung nach italienischem Recht). § 780 I ist nicht anwendbar auf die vorläufigen Einreden der §§ 2014, 2015 BGB. Hier greift § 782 ein (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 8; Musielak/Voit/Lackmann Rz 3; entgegen Baur/Stürner/Bruns Rz 20.6). Nicht anzuwenden ist § 780 I auf die Geltendmachung der Teilhaftung von Miterben nach § 2060 BGB; hier geht es nicht um die gegenständliche Beschränkung auf den Nachlass (St/J/Münzberg Rz 18; Musielak/Voit/Lackmann Rz 3; Zö/Geimer Rz 5). Auch für die handelsrechtliche Erbenhaftung nach § 27 II HGB gilt § 780 I nicht; diese Haftungsbeschränkung hat bereits im Erkenntnisverfahren zu erfolgen (RGZ 88, 218, 219, 220).

 

Rn 3

Durch Handeln des Erben bei der Verwaltung des Nachlasses entsteht eine Eigenschuld oder Nachlasserbenschuld des Erben, für die er mit seinem Vermögen und nicht nur beschränkt auf den Nachlass haftet. Nur für Verbindlichkeiten aus der Verwaltung des Nachlasses, die ohne Zutun des Erben entstehen, haftet der Erbe nicht selbst, sondern nur als Träger des Nachlasses. Nach dem Erbfall fällig werdende oder durch Beschluss neu begründete Wohngeldschulden bei der Verwaltung einer Eigentumswohnung, die zum Nachlass gehört, sind jedoch im Regelfall auch Eigenverbindlichkeiten des Erben (BGH NJW 13, 3446, 3447 [BGH 05.07.2013 - V ZR 81/12]).

 

Rn 4

§ 780 I umfasst jeden Erben, so auch den Miterben und Nacherben. Für letzteren ergibt sich dies aus § 2144 I BGB; danach gelten die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten auch für den Nacherben. Der Vorerbe kann, tritt Nacherbfolge ein, die Haftungsbeschränkung nach § 2145 I BGB im Weg der Vollstreckungsabwehrklage auch ohne Vorbehalt geltend machen, nicht allerdings die Beschränkung nach § 2145 II BGB; hier gilt § 780 I (St/J/Münzberg Rz 16; MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 2). § 780 ist auch auf den Erbschaftskäufer anzuwenden. Gemäß § 2383 I 1 BGB gelten für die Haftung des Käufers die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben; der Erbschaftskäufer kann gem § 2383 I 2 BGB die Beschränkung dann geltend machen, wenn der Erbschaftsverkäufer die Beschränkungsmöglichkeit noch nicht verloren hat. Erbe bzw Vorbehaltsberechtigter müssen Bekl, somit Prozesspartei, sein. Wird der Titel nach § 727 umgeschrieben, findet § 780 I keine Anwendung; die beschränkte Erbenhaftung wird dann nach den §§ 781, 785, 776 geltend gemacht.

 

Rn 5

§ 780 I umfasst lediglich vollstreckbare Leistungsurteile, nicht dagegen Feststellungsurteile (RG JW 30, 2215; St/J/Münzberg Rz 4; aA Wieczorek/Schütze/Paulus Rz 5; offengelassen BGH ZEV 96, 465 mit Anm Wolf ZEV 96, 465, 466). Wird vorab über den Grund entschieden, muss der Vorbehalt bereits in das Grundurteil aufgenommen werden (Köln VersR 68, 380, 381; Musielak/Voit/Lackmann Rz 2). Die Einrede der beschränkten Erbenhaftung kann nicht erhoben werden, wenn es um die Abgabe einer Willenserklärung geht; infolge der Fiktion des § 894 wäre ein derartiger Vorbehalt irrelevant; vielmehr ist die Frage der Haftungsbeschränkung bereits vollständig im Erkenntnisverfahren zu behandeln (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann § 781 Rz 22; aA RGZ 49, 415, 417; Musielak/Voit/Lackmann Rz 9).

 

Rn 6

Bei ausl Urt ist ein Vorbehalt im Vollstreckungsurteil nach § 722 erforderlich, dies auch dann, wenn das ausl Recht einen derartigen Vorbehalt nicht kennt (Zö/Geimer Rz 6). Anders soll es im vereinfachten Beschlussverfahren sein, welches ua im Verhältnis zu EU-Mitgliedsstaaten stattfindet; in einem derartigen Verfahren muss der Vorbehalt nur aufgenommen werden, soweit dort überhaupt Einwendungen gegen den Anspruch zulässig sind, das Recht des Urteilsstaates die Haftungsbeschränkung kennt und Ausführungsgesetze die spätere Geltendmachung verbieten (St/J/Münzberg Rz 8a). Im Klauselerteilungsverfahren nach § 731 findet § 780 I Anwendung, da in diesen Verfahren auch materiell-rechtliche Einwendungen zu berücksichtigen sind; auch hier muss der Vorbehalt daher in das Urt aufgenommen werden (MüKoZPO/K. Schmidt/Brinkmann Rz 3, 4). § 780 gilt auch für Kostenentscheidungen; der Vorbehalt muss die Kostengrundentscheidung erfassen; im Kostenfestsetzungsverfahren kann der Vorbehalt nicht mehr geltend gemacht werden (Celle NJW-RR 88, 133, 134; 97, 1160 [OLG ...

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