Gesetzestext

 

(1) 1Soweit eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten ist, können die Parteien den Rechtsstreit selbst führen. 2Parteien, die eine fremde oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung geltend machen, müssen sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur Vertretung des Gläubigers befugt wären oder eine Forderung einziehen, deren ursprünglicher Gläubiger sie sind.

(2) 1Die Parteien können sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. 2Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vertretungsbefugt nur

1. Beschäftigte der Partei oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2. volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3. Verbraucherzentralen und andere mit öffentlichen Mitteln geförderte Verbraucherverbände bei der Einziehung von Forderungen von Verbrauchern im Rahmen ihres Aufgabenbereichs,
4. Personen, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) im Mahnverfahren bis zur Abgabe an das Streitgericht und im Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen, die ein streitiges Verfahren einleiten oder innerhalb eines streitigen Verfahrens vorzunehmen sind.

3Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) 1Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. 2Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. 3Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) 1Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor einem Gericht auftreten, dem sie angehören. 2Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. 3Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

A. Grundsatz und Ausnahmen.

 

Rn 1

Als Parteiprozess bezeichnet das Gesetz Verfahren, in denen im Gegensatz zum Anwaltsprozess die Parteien den Prozess selbst führen können, weil eine Vertretung durch Anwälte nicht nach § 78 geboten ist. In diesen Verfahren ist die prozessfähige Partei (§ 52) selbst postulationsfähig und kann wirksam handeln, sie kann sich aber auch durch die in Abs 2 und Abs 4 aufgezählten Personen vertreten lassen. Dies gilt nach Abs 1 S 2 nicht für Personen, die eine fremde (Prozessstandschaft) oder ihnen zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretene Geldforderung (Inkassozession, Inkassoermächtigung) geltend machen. Diese müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, es sei denn, die Personen wären nach Abs 2 zur Vertretung befugt. Die Regelung greift die Beschränkungen in §§ 1 I, 2 II RDG auf, die die Inkassotätigkeit auf den außergerichtlichen Bereich bis zur Abgabe an das Streitgericht (Abs 2 Nr 4) beschränken. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Abs 1 S 2 ist nur die Vertretung durch Rechtsanwälte zulässig, nur wer selbst zum Personenkreis von Abs 2 gehört, darf sich auch durch die in Nr 1–4 erwähnten Personen vertreten lassen. Eine Ausnahme vom Vertretungsgebot gilt für den ursprünglichen Gläubiger, der etwa bei einer Sicherungsabtretung die abgetretene Forderung geltend macht; für diesen bleibt es beim Regelfall des Abs 1 S 1. Für die Vollabtretung der Forderung gilt die Einschränkung nicht (Zö/Althammer § 79 Rz 4). Die Vorschrift gilt auch für das Verfahren in Ehesachen und Familienstreitsachen (§§ 112, 113 I FamFG). Für die übrigen Verfahren nach dem FamFG enthält § 10 FamFG eine ähnliche Regelung. Sie findet auch im Zwangsversteigerungsverfahren Anwendung (BGH NJW 11, 929, 930). Die Vorschrift dient der Gewährleistung eines geordneten Verfahrensablaufs und sichert damit die Funktionsfähigkeit der Gerichtsbarkeit. Sie ist deshalb kein Schutzgesetz iSv § 823 II BGB (Karlsr AnwBl 10, 220 Rz 35f). Sie verstößt weder gegen Art 3 GG noch gegen Art 12 GG (BGH NJW 11, 929 [BGH 20.01.2011 - I ZR 122/09] Rz 27).

B. Vertretungsberechtigte Personen.

 

Rn 2

Auch im Parteiprozess ist die Vertretung durch Rechtsanwälte der R...

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