Rn 19
Bei Abschluss des Vergleichs sind etwaige Formvorschriften zu beachten. Die Aufnahme eines Prozessvergleichs in einem nach den Vorschriften der ZPO errichteten Protokoll ersetzt die notarielle Beurkundung, § 127a BGB.
Rn 20
Der in der mündlichen Verhandlung abgeschlossene Prozessvergleich ist gem § 160 III 1 zu Protokoll zu nehmen. Das Protokoll muss verlesen, vorgespielt oder zur Durchsicht vorgelegt werden; es muss genehmigt werden, § 162 I. Der Prozessvergleich muss gem § 163 I 1 ordnungsgemäß vom Vorsitzenden und vom Urkundsbeamten unterschrieben werden. Die fehlende Unterzeichnung kann nachgeholt werden (Schuschke/Walker/Walker Rz 8); jedoch kann ein Richter seine Unterschrift dann nicht mehr wirksam nachholen, wenn er inzwischen in ein anderes richterliches Amt an einem anderen Gericht versetzt worden ist (Stuttg Rpfleger 76, 257, 258 mit ablehnender Anm Vollkommer). Vollstreckungsrechtlich relevante Teile müssen beigefügt und mitverlesen werden; es kann nicht auf andere nicht beigefügte Urkunden verwiesen werden (Zweibr NJW-RR 92, 1408 [OLG Zweibrücken 03.04.1992 - 3 W 63/92]; Rpfleger 04, 508 [OLG Zweibrücken 12.03.2004 - 3 W 284/03]; MüKoZPO/Wolfsteiner Rz 35). Sämtliche dieser Erfordernisse sind Wirksamkeitsvoraussetzungen; die Nichteinhaltung führt zur Nichtigkeit des Vergleichs (BGHZ 14, 381, 394 ff; NJW 84, 1465, 1466). Bei der notariellen Beurkundung gem § 13 I 1 BeurkG sind das Verlesen der Niederschrift und die anschließende Genehmigung durch die Beteiligten zwingende Erfordernisse. Beim Abschluss des Prozessvergleichs erfüllen die Protokollierungsvorschriften diese Wirksamkeitsvoraussetzungen. Eine Vermutung für das Vorlesen iSd § 13 I 1 BeurkG besteht jedoch nicht (BGHZ 142, 84, 88). Die notarielle Beurkundung wird auch dann durch das Protokoll ersetzt, wenn in diesem der Vermerk unterblieben ist, dass die Erklärungen vorgelesen oder sonst in gesetzlicher Form eröffnet und genehmigt worden sind (BGHZ 107, 142, 146; 142, 84, 88). Gleiches gilt dann, wenn das Protokoll entgegen § 160 I Ort und Tag der Verhandlung, den Namen des Richters, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sowie die Bezeichnung des Rechtsstreites nicht enthält. Die Namen der erschienenen Parteien müssen sich im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot, das sich auch auf die Vergleichsschließenden bezieht, dem Protokoll oder zumindest dem Vergleichstext entnehmen lassen. Es muss deutlich sein, dass es sich um ein gerichtliches Protokoll handelt.
Rn 21
Ist eine Vollmacht nach materiellem Recht formbedürftig, wie dies bei der Vollmacht für eine Erbausschlagung nach § 1945 III BGB der Fall ist, genügt die schriftliche Bevollmächtigung des Anwalts nach § 80 I nicht. Anders ist es, wenn die Form nur Nachweiszwecke erfüllen soll (MüKoZPO/Wolfsteiner Rz 33).
Rn 22
Ein Prozessvergleich des § 794 I 1 kann auch gem § 278 VI abgeschlossen werden. Die Parteien können dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz ggü dem Gericht annehmen. Das Gericht hat dann das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs vAw durch Beschl festzustellen; der Beschl des Gerichts nach § 278 VI 2 ist Vollstreckungstitel. Für derartige Vergleiche gilt § 127a BGB nicht. § 278 VI S 1 enthält kein echtes materiell-rechtliches Schriftformerfordernis iSd §§ 126, 126a BGB. Es ist daher ausreichend, per beA eingereichte Schriftsätze einfach zu signieren; eine qeS iSd § 126a BGB bzw § 130a III S 1 Var 1 ist nicht erforderlich (ArbG Stuttgart Beschl v 25.2.22 – 4 Ca 688/22 Rz 3, juris).