Gesetzestext

 

1Hat sich der Eigentümer eines Grundstücks in Ansehung einer Hypothek oder Grundschuld in einer Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterworfen und betreibt ein anderer als der in der Urkunde bezeichnete Gläubiger die Vollstreckung, so ist dieser, soweit die Vollstreckung aus der Urkunde für unzulässig erklärt wird, dem Schuldner zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem durch die Vollstreckung aus der Urkunde oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Leistung entsteht. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn sich der Schuldner wegen der Forderungen, zu deren Sicherung das Grundpfandrecht bestellt worden ist, oder wegen der Forderung aus einem demselben Zweck dienenden Schuldanerkenntnis der sofortigen Vollstreckung in sein Vermögen unterworfen hat.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 799a dient dem Schutz des Schuldners, der sich wegen eines dinglichen Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung nach § 794 I Nr 5 unterworfen hat, vor ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung durch einen Rechtsnachfolger des ursprünglichen Gläubigers. Betreibt ein anderer als der in der Unterwerfungserklärung bezeichnete Gläubiger die Zwangsvollstreckung und ist eine Vollstreckungsabwehrklage oder eine Klauselgegenklage nach §§ 767, 768 erfolgreich, haftet der neue Gläubiger verschuldensunabhängig für einen in Zusammenhang mit der Vollstreckung entstandenen Schaden, § 799a S 1. Dieselbe Rechtsfolge gilt, wenn sich der Schuldner wegen Forderungen, die durch das Grundpfandrecht gesichert worden sind, der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterwirft, dies auch dann, wenn zum Zweck der durch das Grundpfandrecht gesicherten Forderung ein Schuldanerkenntnis abgegeben wurde und der Schuldner sich hieraus der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein Vermögen unterworfen hat.

 

Rn 2

§ 799a ist nicht anzuwenden, wenn die Vollstreckung aus der Urkunde vor dem 19.8.08 für unzulässig erklärt worden ist, § 37 EGZPO. Die Vorschrift wurde durch das G zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken v 12.8.08 (Risikobegrenzungsgesetz, BGBl, 1666) in die ZPO aufgenommen. Sie will die Interessen des Schuldners wahren, der nach üblicher Vertragsgestaltung beim Erwerb von Immobilien sich ggü dem Kreditinstitut sowohl hinsichtlich des dinglichen als auch des persönlichen Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen hat; derartige Vollstreckungsunterwerfungen erfolgen von Seiten des Schuldners idR in Erwartung einer langfristigen Geschäftsbeziehung mit dem Kreditinstitut. Die verschuldensunabhängige Haftung des Neugläubigers soll Schuldner vor ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung aus sofort vollstreckbaren Urkunden durch Finanzinvestoren schützen, die derartig gesicherte Forderungen erwerben (G. Vollkommer ZIP 08, 2060).

B. Anwendungsbereich, Voraussetzungen.

 

Rn 3

Die Schadensersatzpflicht des § 799a entspricht derjenigen des § 717 II und des § 945. Ersatz wird für den Schaden geschuldet, der durch eine später für unzulässig erklärte Vollstreckung aus der Urkunde oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung erbrachte Leistung entsteht. § 799a ist entspr anzuwenden, wenn sich der Eigentümer von Wohnungseigentum oder der Berechtigte eines Erbbaurechts wegen des dinglichen Anspruchs aus einem Grundpfandrecht der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat (Zö/Geimer Rz 2). § 799a betrifft auch Unterwerfungen, die zu Lasten des jeweiligen Eigentümers gem § 800 erfolgen. Rechtsnachfolger des ursprünglichen Gläubigers kann ein Abtretungsempfänger oder ein Pfändungsgläubiger sein. Von 799a umfasst ist auch die Rechtsnachfolge im Bereich des UmwG, so insb Verschmelzung, Aufspaltung, Abspaltung und Ausgliederung gem §§ 2, 20 I Nr 1, 122a, 123 UmwG; diese waren Motiv für die gesetzliche Neuregelung (G. Vollkommer ZIP 08, 2060, 2061). Die Erbfolge nach § 1922 BGB fällt nicht unter § 799a, ebenso wenig der Formwechsel nach § 190 UmwG oder die Vollstreckung durch den Insolvenzverwalter (Zö/Geimer Rz 4; G. Vollkommer ZIP 08, 2060, 2061). Liegt eine wirksame Rechtsnachfolge nicht vor, schließt dies eine Haftung nach § 799a nicht aus.

C. Verfahren.

 

Rn 4

Die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung kann aufgrund einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767, auch einer Titelgegenklage in entsprechender Anwendung des § 767 oder einer Klauselgegenklage nach § 768 geltend gemacht werden. Nicht unter § 799a fällt die Abänderungsklage nach § 323a I (zweifelnd ThoPu/Hüßtege Rz 7; anders für § 323 IV aF BTDrs 16/9821, 24). Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung entfällt für Klagen nach §§ 767, 768 grds das Rechtsschutzbedürfnis; hängt allerdings von der ausstehenden Entscheidung über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung das Bestehen eines Anspruchs nach § 799a ab, ist entweder das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen (so G. Vollkommer ZIP 08, 2060, 2062) oder aber die Feststellungsklage als ausreichend anzusehen, um Schadensersatzansprüche nach § 799a zu begründen. Der Schadensersatzanspruch entsteht mit Erlass der Entscheidung, mit welcher die Unzuläss...

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