I. Allgemeines.
Rn 5
Für die Erteilung der Vollmacht enthält die ZPO keine besonderen Regeln. Sie bedarf auch keiner besonderen Form und kann uU auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden (BGHZ 40, 197, 203; NJW 2004, 844, 846). Sie ist nach hM Prozesshandlung (BGH NJW 07, 772; BVerwG NJW 06, 2648; Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 5) und setzt deshalb Prozessfähigkeit des Vollmachtgebers nach Maßgabe der §§ 50 ff voraus (BGH NJW 87, 440 [BGH 22.10.1986 - VIII ZB 40/86]). Als Prozesshandlung ist sie bedingungsfeindlich (BAG NJW 06, 2648, 2649 [BVerwG 22.05.2006 - BVerwG 10 B 9.06]), auch eine Anfechtung nach §§ 119 f BGB ist ausgeschlossen (Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 5). Sie wird auch dann nach deutschem Prozessrecht beurteilt, wenn sie im Ausland erteilt wurde. Allein die Frage der Rechtsmacht zur Erteilung bestimmt sich nach der fremden Rechtsordnung (BGH NJW 90, 3088). Auch nach einer Beiordnung eines Notanwalts (§ 78c Rn 4) oder eines Rechtsanwalts im PKH-Verfahren (Kobl Beschl v 10.9.20 – 9 WF 509/20 Rz 5) ist die Erteilung einer Prozessvollmacht notwendig, die Beiordnung umfasst dies nicht.
II. Erklärung.
Rn 6
Die Erteilung geschieht durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Vollmachtgebers ggü dem Bevollmächtigten, dem Prozessgegner oder dem Gericht (BGH FamRZ 95, 1484) und wird mit Zugang wirksam. Sie ist formlos wirksam (BGH NJW 02, 1957; 04, 844) und kann deshalb mittels jeder Übermittlungsform (BGHZ 126, 269; NJW 2002, 1957) und auch stillschweigend (BGH FamRZ 81, 865, 866) erteilt werden, bspw durch Teilnahme der Partei in einem Verhandlungstermin, in dem der Anwalt als ihr Bevollmächtigter auftritt (BGH FamRZ 95, 1484). Sie wird wirksam, wenn sie einem der möglichen Erklärungsempfänger zugegangen ist. Auch eine Vollmachtserteilung durch Telefonanruf bei Gericht soll möglich sein (Oldbg OLGR 96, 129). Wegen des erforderlichen Nachweises sollte die Vollmachtserteilung jedoch schriftlich erfolgen. Zulässig ist auch eine Vollmachtserteilung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder gem Sitzungsprotokoll. Ob in einem PKH-Gesuch mit dem Antrag, einen bestimmten Rechtsanwalt beizuordnen, eine Vollmachtserteilung zu sehen ist, hängt vom Einzelfall ab (offen BGH VersR 86, 580), die Beiordnung allein begründet jedenfalls kein Vertretungsverhältnis (BGHZ 60, 258; NJW 87, 440), auch dann nicht, wenn die Partei im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach § 121 V ihr Einverständnis mit einem in Betracht kommenden Anwalt erklärt hat und dieser dann beigeordnet wird (LAG Ddorf B v 8.8.17 – 3 Sa 764/16, Rz 38).
III. Notwendiger Inhalt.
Rn 7
Die Erklärung muss erkennen lassen, wer wen zu was bevollmächtigt hat, aus ihr muss sich also die Person des Vollmachtgebers, die Person des Bevollmächtigten, der Gegenstand der Vollmacht und der Wille zur Vollmachtserteilung ergeben. Der Gegenstand kann durch die Angabe des Rechtsstreits oder insb wenn ein solcher noch nicht anhängig ist durch die Benennung der Streitparteien und des Streitverhältnisses beschrieben werden. Es kann auch eine Blankovollmacht erteilt werden, sofern der Bevollmächtigte zugleich ermächtigt wurde, den Gegenstand der Vollmacht zu ergänzen. Eine Datumsangabe gehört wegen der Möglichkeit der Heilung nicht zum notwendigen Inhalt der Vollmacht (Frankf Urt v 14.10.16 – 10 U 64/16 Rz 36; MüKoZPO/Toussaint § 80 Rz 15).
IV. Vollmachtgeber.
Rn 8
Vollmachtgeber ist idR die Partei. Fehlt dieser die Prozessfähigkeit, wird die Vollmacht vom gesetzlichen Vertreter erteilt (§ 51). Die Befugnis zur Erteilung der Vollmacht bestimmt sich grds nach dem materiellen Recht und den daraus abzuleitenden Handlungsbefugnissen. Sie kann aber auch vom Nebenintervenienten oder einem am Prozess beteiligten Dritten erteilt werden, zB durch den Haftpflichtversicherer, der gem § 101 I VVG dem Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt zu stellen und dementsprechend die Berechtigung hat, namens und in Vollmacht des Versicherungsnehmers dem Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen (BGH NJW 91, 1176, 1177 [BGH 23.10.1990 - VI ZR 105/90]; 07, 2258, 2260 [BGH 07.02.2007 - IV ZR 149/03]). Nur bei einem ausdrücklichen Widerspruch des Versicherten ist die Versicherung nicht zur Vollmachtserteilung berechtigt (Bremen VersR 91, 1281; Saarbr OLGR 99, 487). Auch der wirksam bestellte Prokurist ist nach § 49 I HGB zur Erteilung berechtigt, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die Handelsgesellschaft nicht mehr prozessfähig sein sollte, weil sie nach § 52 III HGB nicht mit dem Tod des Inhabers des Handelsgeschäfts erlischt (BGH ZIP 19, 609 Rz 25, 26). Vollmachtgeber kann nach § 1902 BGB insb auch der Betreuer sein. Im Prozess einer AG mit ihrem Vorstand kann der Aufsichtsratsvorsitzende nur aufgrund eines ihn hierzu ermächtigenden Aufsichtsratsbeschlusses Prozessvollmacht erteilen (BGH NZG 13, 792 [BGH 14.05.2013 - II ZB 1/11] Rz 21 auch zur Frage einer nachträglichen Genehmigung). Gesetzliche Vertretungsregeln sind zu beachten (zu § 246 II 2 AktG zB München Urt v 9.5.19 – 23 U 2693/18 Rz 31).
V. Bevollmächtigte.
Rn 9
Eine wirksame Erteilung setzt auch auf Seiten des Bevollmächtigten Prozessfähigkei...