I. Notwendigkeit der Nachweise.
Rn 11
Tritt als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auf, muss der Nachweis nur erbracht werden, wenn der Gegner einen Mangel der Vollmacht rügt (§ 88 I). Ist der Prozessbevollmächtigte kein Rechtsanwalt, ist das Gericht zur Prüfung der Vollmacht vAw verpflichtet (BGH MDR 22, 1241 Rz 15) und muss deshalb, wenn der Vertreter im Parteiprozess seiner Verpflichtung zur Vorlage der Vollmacht bereits bei der 1. Rechtshandlung nicht nachkommt (BGH MDR 22, 1241 [BGH 07.07.2022 - IX ZB 38/21] Rz 15) die Vorlage verlangen (§ 88 II). Dieser Nachweis ist bei nicht anwaltlicher Vertretung immer und nicht nur dann zu führen, wenn das Bestehen einer Vollmacht zweifelhaft ist oder bezweifelt wird (BGH WM 22, 1341 Rz 16; 2203 Rz 14).
II. Form der Vollmacht.
Rn 12
Der Nachweis der wirksamen Erteilung der Vollmacht dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und ist durch Einreichung einer schriftlichen (Willens-)Erklärung über die Erteilung der Vollmacht an den Prozessbevollmächtigten in deutscher Sprache (Vollmachtsurkunde gemäß § 416) zu führen, die zu den Gerichtsakten genommen wird. Dies gilt in allen Verfahren, soweit keine Ausnahme (zB § 703) vorgesehen ist, weshalb eine Glaubhaftmachung nach § 920 II nicht genügt, denn ungeachtet des Umstands, dass § 920 II auch für die Prozessvoraussetzungen gelten soll, ist § 80 als Sondervorschrift vorrangig (Köln Urt v 10.3.22 – I-1 U 244/21 Rz 18; Saarbr MDR 08, 1233; Zö/Althammer § 80 Rz 5). Ggf ist die Urkunde zu übersetzen (arg § 142 II, MüKoZPO/Toussaint § 80 Rz 5; Zö/Althammer § 80 Rz 8; St/J/Jacoby § 80 Rz 7 bzw arg § 184 GVG, Kobl Urt v 12.11.09 – 5 U 599/09 Rz 12; Anders/Gehle/Weber ZPO § 80 Rz 11). Sie muss den Anforderungen an die Schriftform genügen, obwohl die Erteilung der Vollmacht formlos möglich ist, § 126 BGB soll deshalb nicht unmittelbar gelten (Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 15; Zö/Althammer § 80 Rz 8; Anders/Gehle/Weber ZPO § 80 Rz 11). § 126a BGB ist wegen der vorrangigen Sonderregelung in § 130a nicht anwendbar. Die schriftliche Vollmacht muss von der Partei eigenhändig (str aA St/J/Jacoby § 80 Rz 27) unterschrieben sein, denn nur dann ist der Zweck der Vorschrift gewahrt (BAG NZA-RR 04, 607 [LAG Schleswig-Holstein 13.02.2004 - 2 Ta 27/04]; Musielak/Voit/Weth § 80 Rz 15). Eine ausgefüllte Blankovollmacht kann genügen (KG Urt v 30.12.10 – 2 U 16/06 Rz 15; OLG Frankf Urt v 14.10.16 – 10 U 64/16 Rz 36). Eine Unterzeichnung mit einem Faksimile genügt daher ebenso wenig wie die Übermittlung per Telegramm (BGZ 126, 266, 267). Ein Telefax soll ausreichen (BGH NJW 02, 1957 [BGH 07.03.2002 - VII ZR 193/01]). Eine Unterzeichnung mittels notariell beglaubigten Handzeichens oder die Zeichnung mit der Firma bei Kaufleuten genügt (§§ 17 I, 19 HGB). Eine öffentliche Urkunde iSv § 415 über die Erteilung der Vollmacht ersetzt die Schriftform. In diesem Fall genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift. Eine schriftliche Vollmacht ist auch entbehrlich, wenn die Bevollmächtigung zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgte oder in das Sitzungsprotokoll aufgenommen wurde (§ 160 II). In dieser Weise nachzuweisen sind die Hauptvollmacht und eine eventuelle Untervollmacht (BGHZ 166, 278, 280). Sind mehrere Vollmachten nacheinander geschaltet (Vollmachtskette), muss der Nachweis für alle bis zurück zur Partei selbst geführt werden (BGH NJW-RR 02, 1957). Im Mahnverfahren muss die Vollmacht nicht nachgewiesen werden, es genügt, dass die ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichert wird (§ 703). Folgt die Prozessvollmacht aus einer materiell-rechtlichen Handlungsbefugnis, genügt ein entsprechender urkundlicher Nachweis, zB durch Vorlage eines Handelsregisterauszugs (Zö/Althammer § 80 Rz 9). Natürliche Personen, die ihre Vertretungsmacht aus einer organschaftlichen Stellung (zB § 78 AktG, § 35 GmbHG, § 124 HGB) herleiten, sind keine Unterbevollmächtigten und müssen daher keine schriftliche Vollmachtsurkunde einreichen (BGH WM 22, 1341 Rz 21). Die auch die gerichtliche Vertretung umfassende Vollmacht des Betreuers nach § 1902 BGB wird durch Vorlage des Betreuerausweises nachgewiesen. Bei juristischen Personen des Öffentlichen Rechts ergibt sich die Vertretungsbefugnis aus den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Normen. Diese Vertretungsbefugnis muss, vergleichbar der Sachlage bei organschaftlicher Vertretung, nicht durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden, vorzulegen ist nur die Urkunde betreffend die Vollmacht des Vertreters. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vollmacht nicht von dem nach Öffentlichem Recht zur Vertretung Befugten erteilt wurde, dann muss die Berechtigung der die Vollmacht unterzeichnenden Person entweder durch eine Vollmachtsurkunde oder durch eine nach Maßgabe des anzuwendenden Öffentlichen Rechts erfolgte Übertragung der Befugnis nachgewiesen werden (vgl Hamm NJW-RR 22, 528 [OLG Hamm 10.11.2021 - 11 U 7/21] Rz 6; zur Form einer solchen Urkunde vgl BGH NJW-RR 11, 963 Rz 13).
Rn 12a
Ersetzt werden kann die Vollmachtsurkunde lediglich durch Vorlage eines elektronischen Dokuments,...