Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
I. Gütliche Erledigung als Programm (Abs 1).
Rn 2
Mit der Aufhebung der Einzelregelungen zur gütlichen Erledigung der §§ 806b, 813a und 900 III geht die programmatische Festschreibung der gütlichen Erledigung für alle Abschnitte (dazu § 802a Rn 1) der Zwangsvollstreckung einher (Becker-Eberhard FS Schilken, 603). Die gütliche Erledigung kann in jeder Lage des Verfahrens zur Anwendung kommen. Der Grundsatz der gütlichen Einigung gilt also vom Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft bis zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (BTDrs 16/10069, 24). Beendet ist das Verfahren deshalb mit Erledigung des Vollstreckungsauftrags infolge der unanfechtbaren Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (BGH NJW-RR 17, 511 [BGH 09.02.2017 - I ZB 56/16]). Sobald das Verfahren aber beendet ist, entfällt die Befugnis des Gerichtsvollziehers zur gütlichen Erledigung und zum Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 802b (LG Mönchengladbach JurBüro 17, 261; Gietmann DGVZ 16, 1).
II. Zahlungsvereinbarung und Vollstreckungsaufschub (Abs 2).
1. Zahlungsvereinbarung.
a) Voraussetzungen (Abs 2 S 1).
Rn 3
Die gütliche Vereinbarung versucht der Gerichtsvollzieher auch ohne gesonderten Antrag, es sei denn der Gläubiger will nur diesen Einigungsversuch; dann ist ein Antrag erforderlich (s § 802a Rn 13 – Modul G Formular nach Anl 1 zu § 1 I ZVFV, s § 802a Rn 4). Notwendig ist eine glaubhafte Darlegung des Schuldners zu seiner Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft; insbesondere dazu, dass er die Forderung innerhalb von zwölf Monaten werde begleichen können (vgl Abs 2 S 3). Die Darlegungen werden vom Gerichtsvollzieher frei gewürdigt (S/W/K/T/Vuia § 802b Rz 7; Mroß DGVZ 12, 169), ohne dass die Regelung des § 294 Anwendung finden soll (BTDrs 16/10069, 24). Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer gütlichen Einigung wird auch die Anzahl sonstiger Gläubiger eine Rolle spielen, gleichzeitig wird aber eine gütliche Erledigung für einen Gläubiger durch das spätere Hinzutreffen weiterer Gläubiger nicht beeinflusst (Mroß DGVZ 12, 169, 170). Hat der Gläubiger die Zahlungsvereinbarung bereits im Vorfeld ganz oder teilweise – etwa im Hinblick auf Mindestraten und Höchstfristen (BTDrs 16/10069, 24) – ausgeschlossen, darf der Gerichtsvollzieher sie nicht abschließen (S/W/K/T/Vuia § 802b Rz 6; Goebel, Die Reform der Sachaufklärung, § 8 Rz 19 – dazu Modul G Formular nach Anl 1 zu § 1 I ZVFV, s § 802a Rn 4). Dem Ausschluss im Vorfeld steht der Widerspruch im Nachhinein (Abs 3 u Rn 6) in den Wirkungen gleich. Dasselbe gilt für den Fall, dass der Schuldner in Verzug gerät (Abs 3 u Rn 6). Hat der Gläubiger eine Zahlungsvereinbarung nicht ausdrücklich ausgeschlossen, wird sein Einverständnis vermutet (Volpert RVGreport 12, 442, 443; aA Knittel JAmt 13, 23, 26: ›ausdrückliche Einwilligung‹ erforderlich).
Erforderlich für Abs 2 S 1 ist ein Zahlungsplan durch den Gerichtsvollzieher (BGH NJW 16, 876, 877 [BGH 21.12.2015 - I ZB 107/14] Rz 11 ff). Eine materiell-rechtliche Zahlungsvereinbarung (zB Stundung) ohne Einbeziehung/Beteiligung des Gerichtsvollziehers genügt für einen Vollstreckungsaufschub iSd Abs 2 S 2 nicht, kann jedoch – da auch hier die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen (s noch § 802c Rn 4) – ein Eintragungshindernis darstellen (s Rn 1). Die im Auftrag ausgeschlossene Zahlungsvereinbarung kann hingegen nicht als Eintragungshindernis wirken (AG Leipzig DGVZ 19, 128; anders, wenn nicht ausdrücklich ausgeschlossen Oldbg DGVZ 19, 86). Missachtet der Gerichtsvollzieher eine solche ihm erteilte Weisung des Gläubigers, führt dies ggf zu Amtshaftungsansprüchen (Stuttg DGVZ 19, 66).
b) Inhalt der Zahlungsvereinbarung und Tilgungsfrist.
Rn 4
Als möglichen Inhalt der Zahlungsvereinbarung sieht die Norm die Einräumung einer Zahlungsfrist oder die Ratenzahlung vor. Als Soll-Tilgungsfrist werden zwölf Monate festgesetzt. Der Gerichtsvollzieher kann aber nach pflichtgemäßem Ermessen in Ausnahmefällen auch eine längere Tilgungsfrist gewähren (BTDrs 16/10069, 25). Ebenso kann der Gläubiger schon im Voraus dem Gerichtsvollzieher hierzu sein Einverständnis geben (BTDrs 16/13432, 43). Hierzu gilt Modul G Formular nach Anl 1 zu § 1 I ZVFV (s § 802a Rn 4), wobei sich das dort erklärte Einverständnis auch auf 802b II 3 beziehen dürfte. Kürzere Zahlungsfristen sind selbstverständlich ebenfalls möglich.
2. Wirkungen der Zahlungsvereinbarung und Vollstreckungsaufschub (Abs 2 S 2).
Rn 5
Da die Zahlungsvereinbarung keine materiell-rechtliche Wirkung (o Rn 1) auf Fälligkeit und Verzug hat und den weiteren Zinslauf nicht unterbricht, laufen die Zinsen auch nach einer solchen Vereinbarung grds weiter (S/W/K/T/Vuia § 802b Rz 5; BTDrs 16/13432, 42 f; Mroß DGVZ 12, 169). Hauptwirkung des Zahlungsplans ist der Aufschub der Vollstreckung. Solange der Aufschub gilt, darf die Vollstreckung nicht fortgesetzt werden. Bereits bestimmte Termine zur Abnahme der Vermögensauskunft, eidesstattlichen Versicherung oder zur Verwertung gepfändeter Sachen soll der Gerichtsvollzieher verlegen (BTDrs 16/10069, 25). Der Vollstreckungsaufschub verhindert auch die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis, § 882c I (BTDrs 16/10069, 39; BGH NJW 16, 876, 877 [BGH 21.12.2015 - I ZB 107/14]; LG Darmstadt v 30.10.13 – 5 T 352/13; Thewes DGVZ 16, 3, 4 f). Eine Löschung der (unanfech...