Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
I. Frist (Abs 1 S 1).
Rn 2
Die Sperrfrist im Falle, dass sich keine wesentliche Veränderung (Rn 3) ergibt, beträgt zwei Jahre und berechnet sich nach § 222 iVm §§ 187–189 BGB ab Abgabe der Versicherung. Bei der Fristberechnung ist der Zeitpunkt der Prüfung durch den Gerichtsvollzieher maßgeblich (Musielak/Voit/Voit § 802d Rz 3). Die Frist gilt auch im Verhältnis zu den Vermögensauskünften nach § 284 AO und umgekehrt (BTDrs 16/10069, 26). Nicht berührt sind allerdings die Drittauskünfte nach § 850l, so dass diese – vor allem im Falle unergiebiger oder unvollständiger Vermögensauskunft – trotz Sperrfrist herangezogen werden können (BTDrs 16/10069, 26).
Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach altem Recht steht der Abgabe einer Vermögensauskunft gleich (§ 39 Nr 4 EGZPO), so dass auch eine früher abgegebene eidesstattliche Versicherung unter § 802d fällt (LG Duisburg v 27.5.13 – 7 T 74/13). Ein Schuldner muss also auch dann keine Vermögensauskunft nach § 802d abgeben, wenn er eine solche zwar noch nie abgegeben hat, aber die Frist wegen Abgabe einer Versicherung an Eides statt nach alten Recht läuft. Eine rein private Vermögensauskunft steht der Vermögensauskunft iSd § 802c aber nicht gleich (in diese Richtung jedoch LG Hamburg MDR 14, 112).
II. Wesentliche Änderung der Vermögensverhältnisse (Abs 1 S 1).
Rn 3
Eine Ausnahme von der Regelfrist kommt bei einer wesentlichen Veränderung der Vermögensverhältnisse in Betracht. Darunter sollten nach wie vor der spätere Vermögenserwerb des Schuldners und die Auflösung dessen bisherigen Arbeitsverhältnisses (LG Wuppertal JurBüro 13, 492), wie § 903 S 1 aF noch ausdrücklich benannte, verstanden werden. Der Ausnahmebereich wurde sprachlich durch die nunmehr allgemeinere Formulierung durchaus erweitert (Schilken Rpfleger 06, 629, 633), so dass auch andere Ereignisse mit Einfluss auf die Vermögensverhältnisse des Schuldners in Betracht kommen, bspw Vermögensverlust ohne Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Sogar der Umzug oder die Aufgabe eines in der Vermögensauskunft angegebenen Bankkontos sollen ausreichen (Seip DGVZ 06, 1, 3 mwN; AG Leipzig DGVZ 15, 211; AG Gummersbach v 19.8.16 – 60 M 927/16 – nv). Letzterem ist allerdings nicht zu folgen, da Umzug oder Kontoauflösung allein – im Vergleich etwa zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses – noch keine ›Wesentlichkeit‹ der Änderung begründet (vgl BGH NJW-RR 07, 1007 [BGH 16.11.2006 - I ZB 5/05]). Ansonsten ist die Vorschrift aber weit auszulegen. Insofern ist die neue Formulierung vor allem als Anpassung des Wortlauts an diese weite Interpretation zu verstehen. Damit ist auch die Aufgabe einer freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit ebenso wie das Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis oder der Wegfall einer Rente oder Pension als wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse zu verstehen ebenso wie die Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit, eine Erbschaft oder der Eintritt in das Renten-/Pensionsalter. Auch die vorsätzlich falsche ›erste‹ Vermögensauskunft kann Grund für einen erfolgreichen Antrag auf weitere Vermögensauskunft sein (vgl BGH NJW-RR 11, 667 [BGH 03.02.2011 - I ZB 50/10]; HK-ZPO/Rathmann § 802d, Rz 5). Jedenfalls notwendig ist eine Veränderung, die den Vollstreckungserfolg auch beeinflussen kann, so dass es auf nicht vermögenserhebliche Entwicklungen, seien sie auch noch so wesentlich, nicht ankommt (vgl Schilken Rpfleger 06, 629, 633).
III. Glaubhaftmachung von Tatsachen durch den Gläubiger.
Rn 4
Es geht hier um eine Glaubhaftmachung nach den Regeln des § 294 (ThoPu/Seiler § 802d Rz 5). Der Gläubiger muss konkrete Tatsachen (zB Begleichung von Schulden, aufwendiger Lebensstil, Aufnahme einer Arbeit oder eines Gewerbes) darlegen, die den Schluss auf entsprechende geänderte Umstände erlauben. Weder genügen Vermutungen (AG Lahr DGVZ 15, 39, 40), noch dürfen die Informationsmöglichkeiten des Gläubigers überschätzt und damit die Anforderungen an die Darlegung überspannt werden (vgl HK-ZV/Sternal § 802d Rz 9; Zö/Seibel § 802d Rz 10; Neugebauer MDR 12, 1441, 1444). Zur Glaubhaftmachung stehen dem Gläubiger die Beweismittel des Strengbeweises (insbes Urkunden) und die eidesstattliche Versicherung zur Verfügung.
IV. Zuleitung eines Ausdrucks des letzten Vermögensverzeichnisses (Abs 1 S 2).
Rn 5
Die Regelung dient der Beschleunigung, da bei Abgabe (nicht: Nachbesserung, Zö/Seibel § 802d Rz 2) der Vermögensauskunft innerhalb der letzten 2 Jahre diese dem Gläubiger im Falle eines neuen Gläubigerantrags unmittelbar zugeleitet wird. Sie gilt auch im Falle, dass ein Antrag auf erstmalige Abgabe nach § 802c gestellt wird (AG Bad Segeberg DGVZ 14, 95; aA LG Arnsberg DGVZ 14, 18). Da die Sperrfrist für alle Gläubiger gilt und insoweit zur Beschränkung ihres Anspruchs auf Abgabe der Vermögensauskunft führt, ist dies notwendig. Der Schuldner ist hierüber zu unterrichten (Rn 7).
Teilw wird vertreten, dem Schuldner müsse in analoger Anwendung von § 802f I 1 vor Übersendung eine zweiwöchige Zahlungsfrist gesetzt werden (BeckOKZPO/Fleck § 802d Rz 6a mwN; Mroß DGVZ 13, 69, 72). Die genannten Argumente (es drohe die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882c; es dürfe keinen Unterschied machen ob ein Erst- oder Zweitantrag vo...