Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Gesetzestext
(1) Der Schuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c oder nach § 284 der Abgabenordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, ein Gläubiger macht Tatsachen glaubhaft, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Besteht keine Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft nach Satz 1, leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu; ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich. Der Gläubiger darf die erlangten Daten nur zu Vollstreckungszwecken verarbeiten und hat die Daten nach Zweckerreichung zu löschen; hierauf ist er vom Gerichtsvollzieher hinzuweisen. Von der Zuleitung eines Ausdrucks nach Satz 2 setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner in Kenntnis und belehrt ihn über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c).
(2) Anstelle der Zuleitung eines Ausdrucks kann dem Gläubiger auf Antrag das Vermögensverzeichnis als elektronisches Dokument übermittelt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt ist.
A. Bedeutung und Normzweck.
Rn 1
Geregelt wird die Geltungsdauer einer erteilten Vermögensauskunft. Die Sperrfrist wurde im Verhältnis zum früheren § 903 aF von drei Jahren auf zwei Jahre verkürzt. Dies ist vor allem den schnelleren Veränderungen im Wirtschafts- und Arbeitsleben geschuldet, sowie der Tatsache, dass Nachbesserungsanträge von Gläubigern sehr häufig sind (vgl Seip DGVZ 06, 1, 3; Goebel, Die Reform der Sachaufklärung, § 8 Rz 83). Die Frist kann noch verkürzt werden, wenn auf eine wesentliche Veränderung der Umstände des Schuldners zu schließen ist. Die Sperrfrist gilt unabhängig davon, ob es sich um dasselbe Zwangsvollstreckungsverfahren eines Gläubigers, ein anderes Zwangsvollstreckungsverfahren desselben Gläubigers oder das Zwangsvollstreckungsverfahren eines Folgegläubigers handelt (BTDrs 19/27636, 25). Dies hat der Gesetzgeber mit der Änderung der amtlichen Überschrift zum 1.1.22 (›Weitere‹ Vermögensauskunft statt ›Erneute‹ Vermögensauskunft, G v 7.5.21, BGBl I, 850) noch verdeutlicht.
B. Die Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen.
I. Frist (Abs 1 S 1).
Rn 2
Die Sperrfrist im Falle, dass sich keine wesentliche Veränderung (Rn 3) ergibt, beträgt zwei Jahre und berechnet sich nach § 222 iVm §§ 187–189 BGB ab Abgabe der Versicherung. Bei der Fristberechnung ist der Zeitpunkt der Prüfung durch den Gerichtsvollzieher maßgeblich (Musielak/Voit/Voit § 802d Rz 3). Die Frist gilt auch im Verhältnis zu den Vermögensauskünften nach § 284 AO und umgekehrt (BTDrs 16/10069, 26). Nicht berührt sind allerdings die Drittauskünfte nach § 850l, so dass diese – vor allem im Falle unergiebiger oder unvollständiger Vermögensauskunft – trotz Sperrfrist herangezogen werden können (BTDrs 16/10069, 26).
Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach altem Recht steht der Abgabe einer Vermögensauskunft gleich (§ 39 Nr 4 EGZPO), so dass auch eine früher abgegebene eidesstattliche Versicherung unter § 802d fällt (LG Duisburg v 27.5.13 – 7 T 74/13). Ein Schuldner muss also auch dann keine Vermögensauskunft nach § 802d abgeben, wenn er eine solche zwar noch nie abgegeben hat, aber die Frist wegen Abgabe einer Versicherung an Eides statt nach alten Recht läuft. Eine rein private Vermögensauskunft steht der Vermögensauskunft iSd § 802c aber nicht gleich (in diese Richtung jedoch LG Hamburg MDR 14, 112).
II. Wesentliche Änderung der Vermögensverhältnisse (Abs 1 S 1).
Rn 3
Eine Ausnahme von der Regelfrist kommt bei einer wesentlichen Veränderung der Vermögensverhältnisse in Betracht. Darunter sollten nach wie vor der spätere Vermögenserwerb des Schuldners und die Auflösung dessen bisherigen Arbeitsverhältnisses (LG Wuppertal JurBüro 13, 492), wie § 903 S 1 aF noch ausdrücklich benannte, verstanden werden. Der Ausnahmebereich wurde sprachlich durch die nunmehr allgemeinere Formulierung durchaus erweitert (Schilken Rpfleger 06, 629, 633), so dass auch andere Ereignisse mit Einfluss auf die Vermögensverhältnisse des Schuldners in Betracht kommen, bspw Vermögensverlust ohne Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Sogar der Umzug oder die Aufgabe eines in der Vermögensauskunft angegebenen Bankkontos sollen ausreichen (Seip DGVZ 06, 1, 3 mwN; AG Leipzig DGVZ 15, 211; AG Gummersbach v 19.8.16 – 60 M 927/16 – nv). Letzterem ist allerdings nicht zu folgen, da Umzug oder Kontoauflösung allein – im Vergleich etwa zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses – noch keine ›Wesentlichkeit‹ der Änderung begründet (vgl BGH NJW-RR 07, 1007 [BGH 16.11.2006 - I ZB 5/05]). Ansonsten ist die Vorschrift aber weit auszulegen. Insofern ist die neue Formulierung vor allem als Anpassung des Wortlauts an diese weite Interpretation zu verstehen. Damit ist auch die Aufgabe einer freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeit ebenso wie das Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis oder der Wegfall einer Rente oder Pension als wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse zu verstehen ebenso wie die Aufnahme einer entsprech...