Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 2
Ein Haftbefehl wird nicht ohne Antrag des Gläubigers erlassen (kritisch Schilken Rpfleger 06, 629, 636). Der Antrag ist beim Vollstreckungsgericht zu stellen. Zuständig ist nicht das zentrale Vollstreckungsgericht des § 802k, sondern das Amtsgericht des Wohn- bzw Aufenthaltsorts des Schuldners im Sinne von §§ 802e, 764, und zwar zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den Gerichtsvollzieher (Hamm v 20.11.15 – I-32 SA 63/15 – nv; LG Potsdam DGVZ 18, 72; HK-ZV/Sternal § 802g Rz 11). Der Antrag kann formlos, dh mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich gestellt werden. Die elektronische Antragstellung ist zwar möglich und iRd § 130d verpflichtend, wegen der Grundrechtsrelevanz von Freiheitsentziehungsmaßnahmen kann das Vollstreckungsgericht aber stets die Vorlage des Originaltitels verlangen – das gilt auch bei der Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, da die Verfahrenserleichterung des § 754a I ausschließlich an den Gerichtsvollzieher gerichtete Vollstreckungsaufträge erfasst, nicht jedoch einen an das Vollstreckungsgericht gerichteten Antrag auf Erlass eines Erzwingungshaftbefehls (BGH MDR 22, 123 [BGH 23.09.2021 - I ZB 9/21]). Anwaltszwang besteht nicht (§ 78 III). Es gibt keine gesetzliche Frist, binnen derer der Antrag auf Erlass des Haftbefehls zu stellen ist. In Betracht kommt aber der Verlust des Antragsrechts infolge der Grundsätze der Verwirkung (LG Osnabrück BeckRS 22, 20979; AG Kamenz BeckRS 22, 23874; MüKoZPO/Forbriger § 802g Rz 4; aA Musielak/Voit/Voit § 802g Rz 5). Der Vollstreckungsauftrag ist an keine besondere Form gebunden. Eine Mussvorgabe für eine Unterschrift gibt es ebenfalls nicht, so dass der Antrag zwar unterschrieben sein sollte, aber auch ohne Unterschrift infolge freier Würdigung der Echtheit und Herkunft wirksam sein kann (Zö/Seibel § 802g Rz 2; Unterschrift gefordert nur bei Vollstreckungsauftrag für die Beitreibung von Gerichtskosten: BGH DGVZ 15, 147; Generelle Unterschrift fordern: AG Günzburg DGVZ 10, 235; LG Kassel v 17.4.14 – 3 T 22/14 – nv; Anders/Gehle/Nober ZPO § 802g Rz 12). Der Antrag kann mit demjenigen auf Abgabe der Vermögensauskunft beim Gerichtsvollzieher verbunden werden, in diesem Fall besteht dann Formularpflicht (Modul I Formular nach Anl 1 zu § 1 I ZVFV, s § 802a Rn 4); der Gerichtsvollzieher gibt den Antrag dann an das Vollstreckungsgericht weiter (BTDrs 16/10069, 28). Antragsbefugt ist nur der Titelgläubiger. Vertretungsbefugt für den Gläubiger sind im Rahmen und unter den näheren Voraussetzungen von § 79 II 2 bspw Beschäftigte des Gläubigers oder Inkassobüros. Wird der Antrag durch einen Bevollmächtigten gestellt, so statuiert § 753a keinen umfassenden Zwang zum Nachweis der Vollmacht, vielmehr gelten die allgemeinen Regeln nach §§ 80, 88 (AG Kiel v 16.9.21 – 21 M 1194/21; BeckOKZPO/Ulrici § 753a Rz 2). Der Antrag kann zurückgenommen werden (BTDrs 16/10069, 28), was zur Aufhebung des Haftbefehls und Haftentlassung führt.