Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 14
Vor seinem Vollzug muss der Haftbefehl dem Schuldner nicht gesondert zugestellt werden. Die Ausführung des Haftbefehls wird nicht durch das Gericht, das ihn erlassen hat, vAw veranlasst. Die Verhaftung selbst führt vielmehr nach Abs 2 der Gerichtsvollzieher durch. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Ort der geplanten Verhaftung (AG Achim v 9.12.19 – 11 M 30/19; LG Potsdam v 29.11.17 – 14 T 105/17; Musielak/Voit/Voit § 802g Rz 14; Herrfurth DGVZ 20, 116; Mroß DGVZ 18, 217; aA AG Heidelberg v 12.7.18 – 1 M 18/18, wonach die Zuständigkeit an die Abnahme der Vermögensauskunft anknüpfen soll). Den Haftbefehl händigt das Gericht dem Gläubiger aus, so dass dieser den Gerichtsvollzieher unter Übergabe des Haftbefehls beauftragt, die Verhaftung vorzunehmen. Dafür hat der Gläubiger zwei Jahre lang Zeit (s § 802h). Es besteht Formularzwang für diesen Antrag (Modul J Formular nach Anl 1 zu § 1 I ZVFV, s § 802a Rn 4). Ausgehändigt werden muss nicht das Original; eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift genügen. Die Aushändigung erfolgt vAw. Dies löst keine Gebühr aus, da es sich nicht um eine (förmliche) Zustellung (LG Tübingen NJW-RR 16, 832 [LG Tübingen 17.02.2016 - 5 T 23/16]), jedenfalls nicht um eine solche im Parteibetrieb handelt (Stuttg DGVZ 16, 181, 181 f), was der Gesetzgeber zum 26.11.16 ausdrücklich klargestellt hat (EuKoPfVODG, BGBl I 2016, 2591, 2592; BTDrs 18/7560, 37 f; synoptisch Wasserl DGVZ 16, 139, 146; s zu diesem Streit gem § 802 II 2 aF statt aller Mroß DGVZ 15, 65). Der Haftbefehl darf nicht mehr vollzogen werden, wenn der Schuldner die Vermögensauskunft vollständig erbracht hat (MüKoZPO/Forbriger § 802g Rz 17; LG Tübingen BeckRS 15, 11835; s.a. § 144 III S 1 GVGA), denn in diesem Falle wäre er ja auch aus der Haft zu entlassen (§ 802i II). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist der Schuldner daher vor einer Verhaftung zur freiwilligen Abgabe der Vermögensauskunft aufzufordern (AG Apolda JurBüro 20, 102). Das Verfahren der Verhaftung wird en détail in § 145 GVGA geschildert. Insoweit ist etwa vorgesehen, dass der Gerichtsvollzieher im Falle wiederholten fruchtlosen Verhaftungsversuchs dem Gläubiger anheimstellt, einen Sonn-, Feiertags- oder Nachtzeitbeschluss herbeizuführen (dazu LG Verden DGVZ 15, 169). Hat der Gläubiger einen solchen Beschluss erwirkt und bleibt auch ein Verhaftungsversuch zu der im Beschluss genannten Zeit erfolglos, so hat der Gerichtsvollzieher wenigstens einen weiteren Verhaftungsversuch auf Grundlage des Beschlusses zu versuchen (LG Landau JurBüro 22, 213). Leistet der Schuldner bei der Verhaftung Widerstand, so ist der Gerichtsvollzieher nach § 758 III zur Anwendung von Gewalt befugt und kann zu diesem Zweck auch die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachsuchen. Hingegen hat eine vorsorgliche und anlasslose Hinzuziehung privater ›Verhaftungsgehilfen‹ keine gesetzliche Grundlage, sie stellt eine unrichtige Sachbehandlung nach § 7 I S 1 GvKostG dar und ist daher auch nicht nach Nr 709 KV GvKostG zu vergüten (Frankf NJW-RR 22, 1006 [OLG Frankfurt am Main 01.06.2022 - 18 W 18/21]). Eine Nachverhaftung ist möglich nach § 146 GVGA. Der Gerichtsvollzieher bringt den Schuldner in die Haftanstalt (Justizvollzugsanstalt bzw Justizvollzugskrankenhaus [vgl LG Oldenburg BeckRS 21, 37424]).