Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Gesetzestext
(1) Die Haft darf die Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen. Nach Ablauf der sechs Monate wird der Schuldner von Amts wegen aus der Haft entlassen.
(2) Gegen den Schuldner, der ohne sein Zutun auf Antrag des Gläubigers aus der Haft entlassen ist, findet auf Antrag desselben Gläubigers eine Erneuerung der Haft nicht statt.
(3) Ein Schuldner, gegen den wegen Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft eine Haft von sechs Monaten vollstreckt ist, kann innerhalb der folgenden zwei Jahre auch auf Antrag eines anderen Gläubigers nur unter den Voraussetzungen des § 802d von neuem zur Abgabe einer solchen Vermögensauskunft durch Haft angehalten werden.
A. Bedeutung und Normzweck.
Rn 1
Die Norm entspricht inhaltlich im Wesentlichen den §§ 911, 913, 914 aF. Es geht um die Dauer der Haft und die Grenzen einer erneuten Verhaftung, wobei allerdings die Fälle des Abs 1 und 3 (Ablauf der Höchstdauer) einerseits und des Abs 2 (Haftentlassung auf Antrag des Gläubigers) andererseits sehr unterschiedlich strukturiert sind.
B. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen.
I. Dauer der Haft (Abs 1).
Rn 2
Nach Ablauf von sechs Monaten wird der Schuldner aus der Haft entlassen, der Haftbefehl ist dann verbraucht. Die Fristprüfung obliegt dem Leiter der Vollzugsanstalt. Im Einzelfall kann unter Berücksichtigung der Forderungshöhe eine Erzwingungshaft schon vor Erreichen der Höchstfrist von sechs Monaten durch Zeitablauf unverhältnismäßig werden. Darüber entscheidet auf Antrag des Schuldners im Verfahren nach § 765a das Vollstreckungsgericht (BVerfG v 19.4.21 – 1 BvR 679/21). Gegen eine nach Fristablauf fortdauernde Haft steht dem Schuldner die Erinnerung zur Verfügung (§ 766). Dasselbe gilt für den Gläubiger im Falle zu früher Haftentlassung. Eine erneute Verhaftung ist nur unter den Voraussetzungen des Abs 3 möglich.
II. Haftentlassung auf Antrag des Gläubigers (Abs 2).
Rn 3
Die Norm beschränkt die Möglichkeit der Hafterneuerung. Sie entspricht § 911 aF. Es geht nur um Fälle, in denen der Gläubiger die Haftentlassung beantragt hat, ohne dass der Schuldner dies veranlasste. Die Norm gilt nicht bei der Haftentlassung vAw und bei derjenigen mit Zutun des Schuldners. Unter ›Zutun‹ des Schuldners ist etwa ein Ratenzahlungsangebot oder auch nur eine persönliche Bitte des Schuldners, der der Gläubiger folgt, zu verstehen.
III. Sperrfrist für die erneute Haft (Abs 3).
Rn 4
Die Norm schützt den Schuldner vor einer Haftanordnung in einem anderen Verfahren desselben Gläubigers oder eines anderen Gläubigers. Der Schutz ist auf zwei Jahre beschränkt und entfällt, wenn die Voraussetzungen einer weiteren Abgabe der Vermögensauskunft gem § 802d vorliegen, der insoweit eine korrespondierende Frist aufweist. Die Norm entspricht ansonsten im Wesentlichen § 914 aF, der allerdings noch eine dreijährige Sperrfrist vorsah.
IV. Rechtsbehelfe.
Rn 5
Während dem Schuldner gegen einen erneuten, unzulässigen Haftbefehl die sofortige Beschwerde (§ 793) zur Verfügung steht, kann er sich gegen eine erneute Verhaftung auf Grund eines bereits vorliegenden Haftbefehls mit der Erinnerung (§ 766) wehren (BeckOKZPO/Fleck § 802j Rz 12).