Prof. Dr. Caroline Meller-Hannich
Rn 1
Die Einholung der Auskünfte bestimmter Dritter ist eine Regelbefugnis des Gerichtsvollziehers, die aus § 802a II 1 Nr 3 folgt. Die Selbstauskunft des Schuldners (s § 802c) hat zwar Vorrang, Fremdauskünfte können aber im Interesse der Effektivität der Vollstreckung eingeholt werden, wenn der Aufenthaltsort des Schuldners nicht ermittelbar ist, die Schuldnerauskunft verweigert wird oder das vom Schuldner angegebene Vermögen zur Gläubigerbefriedigung nicht ausreicht. Die Norm orientiert sich weniger an dem rudimentären Befragungsrecht des § 806a II als mehr an der im Unterhaltsverfahren bestehenden vergleichbaren Auskunftsverpflichtung gemäß § 236 FamFG (Gottwald FS Schilken, 663, 672; Schilken Rpfleger 06, 629, 633, 637; Würdinger JZ 11, 177, 184). Neben der Informationsbeschaffung dient die Norm dazu, die Bereitschaft des Schuldners zu wahrheitsgemäßen Angaben bei der Vermögensauskunft zu fördern und der Strafandrohung wegen falscher eidesstattlicher Versicherung Nachdruck zu verleihen. § 802l findet über § 98 Ia InsO im Insolvenzverfahren entspr Anwendung (dazu Blankenburg ZInsO 22, 1321; Kramer ZRI 23, 847).
Neben den Drittauskünften steht die Befugnis des Gerichtsvollziehers, den Aufenthalt des Schuldners durch Ermittlung bei Dritten in Erfahrung zu bringen (s § 755), was in der Regel zeitlich vor der Ausübung der in § 802a aufgeführten Regelbefugnisse steht. Ein isolierter Aufenthaltsermittlungsantrag nach § 755 ohne Vollstreckungsauftrag nach § 802a II ist aber nicht möglich (BGH NJW-RR 17, 960 [BGH 21.06.2017 - VII ZB 5/14]). Die Maßnahmen, die § 755 einerseits und § 802l andererseits gestatten, unterscheiden sich. Während es bei § 755 um die Aufenthaltsermittlung geht, ist Ziel der Maßnahmen nach § 802l die Information über die Vermögensverhältnisse des Schuldners. In beiden Fällen handelt es sich aber um Drittauskünfte und einige der Maßnahmen des § 802l (etwa Ermittlungen beim Kraftfahrtbundesamt) sind auch im Rahmen des § 755 gestattet. Auskünfte beim Bundeszentralamt für Steuern können freilich nur im Rahmen des § 802l eingeholt werden; die Voraussetzungen für die Einholung dieser Einkünfte sind dort abschließend geregelt (AG Schöneberg JurBüro 16, 443).
Rn 1a
Durch Art 1 Nr 10 EuKoPfVODG (§ 802a Rn 1) wurde § 802l zum 26.11.16 geändert: Abs 1 S 2 wurde gekürzt (Wegfall der Bagatellgrenze) und die Abs 4 und 5 wurden neu hinzugefügt (BGBl I 2016, 2591, 2592, 2602). Eine erneute Änderung hat § 802l durch Gesetz vom 7.5.21 (BGBl I S. 850) mWz 1.1.22 erfahren: Die Abfrage von Arbeitgeberdaten nach Abs 1 S 1 ist nun auch bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen möglich. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Drittauskunft wurden in Abs 1 S 2 und 3 ausgegliedert und enthalten nun in Abs 1 S 2 Nr 1 auch die Möglichkeit der Informationsabfrage aufgrund der Nichtzustellbarkeit der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner. Schuldner, die als Rentner in einem Auszahlungsverhältnis zu einem gesetzlichen Rententräger (oder Versorgungswerk) stehen, werden von den neuen Auskunftsmöglichkeiten aber nicht erfasst, ebenso wenig wie Beamte des Bundes, des Landes und der Kommunen (krit Fischer DGVZ 22, 145, 151). Ebensowenig sind auch nach der Gesetzesänderung Abfrageoptionen betreffend Grundbuchdaten möglich (krit Brunner DGVZ 22, 1, 3; Hergenröder DGVZ 22, 181, 185).