I. Rechtsnatur.
Rn 4
Neben der Verstrickung (hoheitliche Beschlagnahme) bewirkt die Pfändung gem § 804 I das Entstehen eines Pfändungspfandrechts. Es steht in einem Spannungsverhältnis zwischen öffentlichem und privatem Recht, seine Rechtsnatur ist daher umstr. Dass es rein privatrechtlicher Natur wäre, wird allerdings nicht mehr vertreten. Rspr und weite Teile der Lit nehmen (mit leichten Variationen) ausgehend vom Wortlaut des Abs 1 eine gemischt privat- und öffentlich-rechtliche Rechtsnatur an (RGZ 156, 395, 397 f; BGHZ 20, 88, 101; 56, 339, 351; 119, 75, 82 ff; MüKoZPO/Gruber Rz 11 ff; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4; ThoPu/Seiler Rz 2; Brox/Walker § 14 Rz 31 ff, 56; Lackmann/Racz Rz 177). Die in der Lit ebenfalls vertretene rein öffentlich-rechtliche Theorie (Lüke JZ 55, 484; JZ 57, 239; Anders/Gehle/Vogt-Beheim ZPO Vorb II § 803 Rz 19; St/J/Würdinger Rz 1 ff; Wieczorek/Schütze/Lüke Rz 56 ff) führt in der Praxis nur in Einzelfällen zu anderen Ergebnissen. Dies kann insb dann der Fall sein, wenn es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Pfändungspfandrechts ankommt (vgl BeckOKZPO/Fleck Rz 5). Die gemischt-privat-öffentlich-rechtlichen Theorien gehen übereinstimmend davon aus, dass das in § 804 I genannte Pfandrecht einerseits ein privates materielles Recht des Gläubigers ist, das nicht in jeder Hinsicht das Schicksal der Verstrickung teilt. Andererseits folgt dieses Pfändungspfandrecht nicht allein den Regelungen des BGB, sondern wird durch das Vollstreckungsrecht modifiziert. Das Pfändungspfandrecht bildet nach dieser überzeugenden Sicht den Rechtsgrund dafür, dass der Gläubiger am Erlös zu beteiligen ist und diesen behalten darf. In der Insolvenz gewährt das Pfändungspfandrecht gem §§ 49, 50 I InsO ein Recht auf abgesonderte Befriedigung. Insgesamt sind die praktischen Auswirkungen dieses Theorienstreits gering (Zö/Seibel Rz 2).
II. Entstehung und Umfang.
Rn 5
Entspr seiner gemischten Rechtsnatur hängt die Entstehung des Pfändungspfandrechts von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Voraussetzungen ab. Öffentlich-rechtlich ist eine Verstrickung erforderlich, dh die wirksame Pfändung (vgl oben Rn 2). Darüber hinaus müssen alle wesentlichen Verfahrensvorschriften eingehalten sein. Es genügt also (anders als für die Wirksamkeit der Verstrickung) nicht, dass die Pfändung lediglich nicht nichtig ist. Das bedeutet, dass die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen, keine Vollstreckungshindernisse bestehen dürfen (zB § 775 oder § 89 InsO) und auch die weiteren wesentlichen Verfahrensvorschriften beachtet sein müssen (insb etwa §§ 809, 811), damit ein Pfändungspfandrecht entsteht. Eine nachträgliche Heilung ist allerdings möglich (mit Wirkung ex nunc). Die Verletzung bloßer Ordnungsvorschriften (zB §§ 730, 733, § 758a IV, §§ 759, 762, 763, 803 I 2, § 813) ist für das sofortige Entstehen des Pfändungspfandrechts dagegen unschädlich.
Rn 5a
Privatrechtlich (oder materiell-rechtlich) ist das Bestehen der Vollstreckungsforderung erforderlich (Grundsatz der Akzessorietät). Ein Pfändungspfandrecht entsteht bei der Pfändung einer zukünftigen (oder aufschiebend bedingten) Forderung erst mit dem Entstehen der Forderung und nicht bereits mit dem Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (BGH NJW 04, 1444 mN). Daher geht bspw die spätere (aber sofort wirksame) Pfändung eines Gesellschaftsanteils der früheren Pfändung eines (noch nicht entstandenen) Abfindungsanspruchs vor (BGHZ 104, 351, 352 ff = NJW 89, 458). Zudem muss das Vollstreckungsobjekt zum Vermögen des Schuldners gehören (BGHZ 119, 75, 82 ff = NJW 92, 2570, 2572). An einer schuldnerfremden Sache kann ein Pfändungspfandrecht auch gutgläubig nicht erworben werden. Schuldnerfremd ist auch eine Sache, die dem Gläubiger selbst gehört, zB bei Sicherungseigentum oder Verkauf unter EV. Die Pfändung führt in diesem Fall lediglich zur Verstrickung, kann allerdings gleichwohl sinnvoll sein, als sie dem Gläubiger die Verwertung der Sache ermöglicht und er den Erlös als Eigentümer der Sache behalten darf. Eine Forderungsauswechselung durch den Gläubiger ist nicht möglich; es muss vielmehr die Sache erneut (ohne Rangwahrung) gepfändet werden. Die Akzessorietät des Pfandrechts ist allerdings auch nach der gemischten Theorie eingeschränkt: Ist die Forderung rechtskräftig tituliert, ist dies auch für die Beurteilung des Bestehens des Pfändungspfandrechts bindend; der Titel selbst ist Grundlage der Vollstreckung, sodass es auf die (prozessual nicht mehr fassbare) ›objektive Rechtslage‹ nicht ankommen kann. Ist der Schuldner mit Einwänden gegen den Titel gem § 767 II, III ausgeschlossen, sind diese auch im Hinblick auf das Fortbestehen des Pfändungspfandrechts unbeachtlich.
Rn 6
Das Pfändungspfandrecht erstreckt sich auf die gepfändete Sache und auf die Erzeugnisse, die nach der Pfändung von der Sache getrennt werden (vgl Abs 2, §§ 1212, 99 I Alt 1 BGB). Andere Früchte oder Zubehör werden bei der Pfändung beweglicher Sachen nicht erfasst (anders als bei Immobilien, vgl § 865). D...