Gesetzestext
(1) Erhält der Gerichtsvollzieher anlässlich der Zwangsvollstreckung durch Befragung des Schuldners oder durch Einsicht in Dokumente Kenntnis von Geldforderungen des Schuldners gegen Dritte und konnte eine Pfändung nicht bewirkt werden oder wird eine bewirkte Pfändung voraussichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen, so teilt er Namen und Anschriften der Drittschuldner sowie den Grund der Forderungen und für diese bestehende Sicherheiten dem Gläubiger mit.
(2) 1Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner in der Wohnung nicht an und konnte eine Pfändung nicht bewirkt werden oder wird eine bewirkte Pfändung voraussichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen, so kann der Gerichtsvollzieher die zum Hausstand des Schuldners gehörenden erwachsenen Personen nach dem Arbeitgeber des Schuldners befragen. 2Diese sind zu einer Auskunft nicht verpflichtet und vom Gerichtsvollzieher auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. 3Seine Erkenntnisse teilt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger mit.
A. Normzweck.
Rn 1
§ 806a dient als Rechtsgrundlage dafür, dass der GV den Gläubiger über seine anlässlich der Zwangsvollstreckung gewonnenen Erkenntnisse über Geldforderungen (und über den Arbeitgeber, s Rn 5) des Schuldners unterrichtet. Die Norm schafft nicht nur die hierfür notwendige Erlaubnis, sondern begrenzt diese zugleich und verpflichtet den GV (der vorgelagert bereits zur Befragung des Schuldners verpflichtet ist, s Rn 3) zur Weitergabe der gewonnenen Informationen an den Gläubiger. Zweck der Regelung war es zudem, das (frühere) Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (nunmehr: Vermögensauskunft) zu erübrigen; seitdem dieses Verfahren in den §§ 802a ff neu geregelt wurde, hat § 806a nur noch eine ergänzende Funktion. Wirkungsvoller sind die Auskünfte, die der GV gem § 802l einholen kann. Zudem kann der Gläubiger den GV für den Fall, dass dieser von einem Drittschuldner Kenntnis erhält gem § 845 mit einer Vorpfändung beauftragen (vgl auch § 802a II 1 Nr 5 sowie unten § 845 Rn 10).
B. Voraussetzungen.
I. Maßnahme der Zwangsvollstreckung.
Rn 2
Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung müssen erfüllt sein. Nicht erforderlich ist ein auf die Erkenntnisgewinnung nach § 806a gerichteter besonderer Antrag oder Auftrag des Gläubigers an den GV; dessen Interesse an der Mitteilung ergibt sich bereits daraus, dass der Vollstreckungsversuch nicht zur (vollständigen) Befriedigung führt, etwa weil nur unpfändbare oder ungeeignete Gegenstände aufgefunden wurden oder der erwartbare Verwertungserlös zur Befriedigung nicht ausreicht. Dies ist zugleich Voraussetzung für die Mitteilungspflicht und -befugnis des GV. § 806a ist zudem nur anwendbar, wenn der GV mit einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die auf eine Pfändung gerichtet ist, beauftragt war, also mit Vollstreckungsmaßnahmen gem §§ 753, 803, 808, einer Sicherungsvollstreckung gem § 720a oder einer Arrestvollziehung gem § 930 I. Kann die schuldnerische Wohnung nicht durchsucht werden, weil eine richterliche Anordnung fehlt und der Schuldner die Durchsuchung verweigert (§ 758a I 1), ist eine Unterrichtung nach § 806a nicht zulässig (s aber § 807 Rn 1). Vollstreckungshandlungen nach §§ 883, 892 oder die Verhaftung des Schuldners nach § 802g II genügen ebenfalls nicht. § 806a eröffnet weder die Möglichkeit, den GV mit Ermittlungen zu Forderungen des Schuldners zu beauftragen noch berechtigt er zu einer Befragung des Schuldners oder zu einer Mitteilung amtsbekannter Erkenntnisse, wenn ein Vollstreckungsversuch beim Schuldner wegen bekannter Unpfändbarkeit (vgl § 32 GVGA) nicht zu unternehmen ist.
II. Kenntnisnahme durch Befragung des Schuldners oder Einsichtnahme (Abs 1).
Rn 3
Ist erkennbar, dass die Pfändung nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt, ist der GV über § 806a I nicht nur berechtigt, sondern als staatliches (Vollstreckungs-)Organ auch verpflichtet, den Schuldner nach dessen Geldforderungen zu befragen (str, MüKoZPO/Gruber Rz 7 mN). Eine Pflicht des Schuldners, dem GV Auskunft zu erteilen, besteht in diesem Fall jedoch nicht, sondern erst im Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft. Eine Belehrung des Schuldners über sein Schweigerecht durch den GV ist nicht erforderlich (anders bei Abs 2, s.a. Rn 5). Dokumente, aus denen sich mglw Forderungen des Schuldners gegen Dritte ergeben, kann und muss der GV einsehen, soweit er diese iRd ordnungsgemäßen Durchsuchung vorfindet; darüber hinaus darf er nicht gezielt nach entsprechenden Dokumenten suchen. Der Schuldner ist zur Mitwirkung nicht verpflichtet. Es muss sich daher um solche (ggf elektronische) Dokumente handeln, die der Schuldner dem GV vorgelegt hat oder die der GV anlässlich der Durchsuchung der Wohnung und von Behältnissen (§ 758 I) vorfindet und die Informationen über das Bestehen von Forderungen enthalten. Eine Wegnahme dieser Dokumente gestattet § 806a dem GV nicht (auch nicht zur Herstellung von Ablichtungen). Dass der Schuldner anwesend ist, ist für die Einsichtnahme in die Dokumente nicht erforderlich; ausreichend ist, dass der GV einen Vollstreckungsversuch unternim...