I. Vereinbarung zugunsten des Schuldners.
Rn 9
Ein weitergehender Schutz, als § 811 ihn dem Schuldner gewährt, kann jederzeit ohne Weiteres vereinbart werden (Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 14; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 10). Der GV kann und muss eine solche Vereinbarung berücksichtigen, wenn der Gläubiger ihn dahingehend anweist. Es genügt nicht, dass allein der Schuldner sich auf sie beruft, selbst wenn er ein entsprechendes Schriftstück vorlegt. Es ist nicht Sache des GV und des Vollstreckungsgerichts, die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung bei der Pfändung bzw iRe Erinnerung nach § 766 zu beurteilen. Der Schuldner muss Vollstreckungsabwehrklage entspr § 767 erheben (BGH NJW 17, 2202, 2204 [BGH 18.05.2017 - VII ZB 38/16]). Der Gläubiger kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er sich nicht an die Vereinbarung hält.
II. Vereinbarung zu Lasten des Schuldners.
1. Vorausverzicht.
Rn 10
Da der Pfändungsschutz auch im öffentlichen Interesse, etwa zur Vermeidung von Sozialleistungen, besteht, kann der Schuldner nicht auf ihn verzichten. Eine entsprechende Vereinbarung ist nach § 134 BGB nichtig (BGH NJW 15, 3029, 3030 [BGH 25.06.2015 - IX ZR 199/14]; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 8; Zö/Seibel Rz 11; MüKoZPO/Gruber Rz 13 ff). Der Gegenansicht (LG Bonn MDR 65, 303, 304; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 15), die sich darauf stützt, dass der Schuldner über unpfändbare Gegenstände jederzeit durch Übereignung verfügen könne, ist nicht zuzustimmen; das Sozialstaatsprinzip verbietet es, dass der Staat durch Vollstreckungsmaßnahmen aktiv dazu beiträgt, dass der Schuldner seine Existenzgrundlage verliert.
2. Verzicht bei oder nach der Pfändung.
Rn 11
Ein Verzicht auf den Pfändungsschutz ist auch bei oder nach der Pfändung nicht zulässig (LG Oldenburg DGVZ 80, 39, 41; AG Sinzig NJW-RR 87, 757, 758 [AG Sinzig 03.07.1986 - 6 M 1194/86]; aA AG Essen DGVZ 78, 175). Zwar mag der Schuldner zu diesem Zeitpunkt die Folgen seines Verzichts besser überblicken können als bei einem im Voraus erklärten Verzicht. Auch ist er nicht gehindert, unpfändbare Gegenstände durch Rechtsgeschäft zu veräußern. Es kann aber nicht angehen, dass der Staat dort, wo er eine Einwirkungsmöglichkeit hat, die eigene Existenzvernichtung des Schuldners fördert (AG Sinzig NJW-RR 87, 757, 758; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 9). Daran ändert nichts, dass ein Anspruch auf Sozialleistungen in diesem Fall nach § 26 I SGB XII nicht besteht und die Allgemeinheit insoweit nicht belastet wird.