I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Austauschpfändung ist nur für Sachen zulässig, deren Unpfändbarkeit sich ausschließlich aus § 811 I Nr 1 Buchst a und b und Nr 2 ergibt. Unterfällt die Sache gleichzeitig einer anderen Nummer des § 811 I, bleibt sie unpfändbar (MüKoZPO/Gruber Rz 2). Eine entsprechende Anwendung auf andere Beschränkungen der Pfändbarkeit kommt nicht in Betracht (AG Bremen DGVZ 84, 157).
II. Arten der Ersatzleistung.
1. Ersatzstück.
Rn 3
Das Ersatzstück muss den durch das Pfändungsverbot geschützten Verwendungszweck erfüllen, also im Fall von § 811 Nr 1 Buchst a eine bescheidene Lebens- und Haushaltsführung (s § 811 Rn 15–15c) und im Fall von § 811 Nr 1 Buchst b die Fortführung der Erwerbstätigkeit gewährleisten (s § 811 Rn 15d–15j). Dazu muss es nicht von gleicher Art und Güte sein (BGH NJW-RR 11, 1366, 1367; aA bzgl der Güte Zö/Seibel Rz 3). Seine Haltbarkeit muss derjenigen der zu pfändenden Sache entsprechen; ein neuer Gegenstand kann also nur durch einen gebrauchten ausgetauscht werden, wenn dieser eine entsprechende Haltbarkeit und Lebensdauer hat (BGH NJW-RR 11, 1366, 1367 [BGH 16.06.2011 - VII ZB 114/09]). Ob ein Ersatzstück den Anforderungen genügt, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Zulässig ist der Austausch eines LCD-Farbfernsehers durch ein beliebiges funktionstüchtiges Farbfernsehgerät (LG Wuppertal DGVZ 09, 41), eines Farbfernsehers durch ein Schwarzweißgerät (BFH NJW 90, 1871, 1872 [BFH 30.01.1990 - VII R 97/89]; LG Bonn DGVZ 88, 11, 12; Stuttgart NJW 87, 196, 197 [OLG Stuttgart 09.04.1986 - 8 W 357/85]), aber nicht durch ein Radio (vgl § 811 Rn 15b). Eine goldene Armbanduhr kann durch eine einfache ausgetauscht werden (München DGVZ 83, 140).
2. Geldbetrag für ein Ersatzstück.
Rn 4
Die Bemessung des Geldbetrags hat zu berücksichtigen, dass der Schuldner nach Verwendung des Geldes so stehen soll, wie er bei der Lieferung eines Ersatzstückes stehen würde. Daher ist nicht nur der reine Kaufpreis, sondern ggf auch der notwendige Betrag für Transport-, Montage- oder andere Nebenkosten zur Verfügung zu stellen (Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 4; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3).
3. Geldbetrag aus dem Verwertungserlös.
Rn 5
Die Gestattung, dass der Gläubiger dem Schuldner den Geldbetrag erst aus dem Vollstreckungserlös überlässt, kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn das Interesse des Gläubigers an der Vollstreckung höher zu bewerten ist als das Interesse des Schuldners, die Sache ohne Unterbrechung nutzen zu können (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 5). Dies kann insb bei Unterhaltsforderungen oder Ansprüchen aus schwerwiegenden unerlaubten Handlungen der Fall sein, wenn der Gläubiger auf die erfolgreiche Vollstreckung für seinen Lebensunterhalt angewiesen ist (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4; Anders/Gehle/Vogt-Beheim ZPO Rz 9).
III. Verfahren (Abs 2).
1. Antrag.
Rn 6
Die Austauschpfändung setzt einen Antrag des Gläubigers voraus. Dieser kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle ohne Anwaltszwang (§ 78 V) gestellt werden. Der Antrag muss die Art der Ersatzleistung angeben; wenn ein Ersatzstück gestellt werden soll, muss dieses identifizierbar bezeichnet werden (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 5). Der Gläubiger hat außerdem die Angemessenheit der Austauschpfändung (s Rn 7) darzulegen und nachzuweisen, insb, dass der Vollstreckungserlös den Wert des Ersatzstücks erheblich übersteigen wird (vgl Abs 2 S 2).
2. Entscheidung durch das Vollstreckungsgericht.
a) Formalien.
Rn 7
Es entscheidet das Vollstreckungsgericht durch den Rechtspfleger (§ 764; § 20 I Nr 17 RPflG) mit Beschl nach freigestellter mündlicher Verhandlung. Der Schuldner ist zuvor anzuhören. Der Beschl ist mit Gründen zu versehen und den Parteien zuzustellen; bei ablehnender Entscheidung unterbleibt die Zustellung an den Schuldner, wenn dieser nicht angehört wurde (Zö/Seibel Rz 9; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 10).
b) Angemessenheit.
Rn 8
Das Gericht hat die Angemessenheit der Austauschpfändung nach Lage der Verhältnisse zu überprüfen. Insbesondere soll eine Austauschpfändung nur erfolgen, wenn eine im Verhältnis zum Wert des Ersatzstücks nennenswerte Befriedigung des Gläubigers zu erwarten ist (LG Mainz NJW-RR 88, 1150 [LG Mainz 28.04.1988 - 8 T 72/88]). Hat der Schuldner anderes Vermögen, durch das der Gläubiger befriedigt werden kann, ist die Austauschpfändung ebenfalls nicht angemessen (MüKoZPO/Gruber Rz 8; St/J/Würdinger Rz 8; abw Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 7, der nur das Vorhandensein anderer pfändbarer beweglicher Sachen, nicht aber anderen Vermögens berücksichtigen will). Im Einzelfall kann sich die Unangemessenheit auch daraus ergeben, dass einem relativ geringen Vollstreckungsinteresse des Gläubigers ein besonders gravierender Nachteil des Schuldners durch den Verlust der Sache oder ein besonderer ideeller Wert der Sache für den Schuldner gegenübersteht (vgl St/J/Würdinger Rz 8; MüKoZPO/Gruber Rz 8). Die Angemessenheit ist zum Zeitpunkt der sonst unzulässigen Pfändung zu beurteilen (Ddorf MDR 61, 62).
c) Inhalt des Beschlusses.
Rn 9
Das Gericht ist an den Antrag des Gläubigers gebunden (§ 308 I), darf also nur die beantragte Ersatzleistung und keinen höheren als einen im Antrag bezifferten Geldbetrag bestimmen (Zö/Seibel Rz 8). Der zu ...