I. Zweck.
Rn 8
Wegen des zügigen Ablaufs der Vollstreckung käme die Klage eines Dritten nach § 771 uU zu spät, da nach Ablieferung des Geldes eine Drittwiderspruchsklage nicht mehr zulässig ist. Deshalb ermöglicht die Vorschrift demjenigen, der ein die Veräußerung hinderndes Recht an dem gepfändeten Geld hat, zunächst die Hinterlegung herbeizuführen, um sodann Klage nach § 771 erheben zu können.
II. Anwendungsbereich.
Rn 9
Die Vorschrift wird entsprechend angewendet, wenn Pfand- und Vorzugsrechte nach § 805 oder beschränkte Haftung nach §§ 780, 781, 786 geltend gemacht werden (Zö/Seibel Rz 7; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; MüKoZPO/Gruber Rz 7). Nicht anwendbar ist sie bei der Herausgabevollstreckung nach §§ 883 f (St/J/Würdinger Rz 5; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; Zö/Seibel Rz 7; aA MüKoZPO/Gruber Rz 7; Schneider DGVZ 89, 145, 148 f) und auf die Auszahlung des Versteigerungserlöses (Zö/Seibel Rz 7; St/J/Würdinger Rz 5).
III. Voraussetzungen.
Rn 10
Das Bestehen eines die Veräußerung hindernden Rechts eines Dritten (s dazu § 771 Rn 13, 16–38) muss glaubhaft gemacht werden. Dies hat durch den Dritten, den Schuldner oder einen Vertreter ggü dem GV zu erfolgen (§ 87 III GVGA). Für die Glaubhaftmachung gilt § 294; zu den Beweismitteln und dem Beweismaß s dort. Die eidesstattliche Versicherung kann zu Protokoll des GV erklärt werden (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; Zö/Seibel Rz 4; St/J/Würdinger Rz 6). Der GV kann auch präsente Zeugen vernehmen (St/J/Würdinger Rz 6). Erachtet der GV nicht für glaubhaft gemacht, dass ein Drittrecht besteht, liefert er das Geld dem Gläubiger unverzüglich ab, ohne weitere Gelegenheit zur Nachbesserung der Glaubhaftmachung zu geben (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; MüKoZPO/Gruber Rz 9).
IV. Folgen.
Rn 11
Hält der GV das fremde Recht für glaubhaft gemacht, hinterlegt er den Betrag ohne Abzug von Kosten; einen bereits erteilten Überweisungsauftrag muss er allerdings nicht widerrufen (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; Zö/Seibel Rz 4). Der GV muss sich wegen Abs 2 S 2 bei der Hinterlegung das Recht der unbedingten Rücknahme zur Fortsetzung der Zwangsvollstreckung nach Ablauf von zwei Wochen seit dem Pfändungstag vorbehalten; andernfalls muss er zur Wiedererlangung des Geldes der Hinterlegungsstelle nachweisen, dass kein Einstellungsbeschluss beigebracht wurde (St/J/Würdinger Rz 11; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3b). Das Pfändungspfandrecht setzt sich am Rückforderungsanspruch des GV gegen die Hinterlegungsstelle fort (MüKoZPO/Gruber Rz 15; St/J/Würdinger Rz 21).
Rn 12
Binnen zwei Wochen ab dem Pfändungstag (Berechnung nach § 222) ist dem GV eine Entscheidung des Prozessgerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 771 III vorzulegen; eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nach § 769 II genügt nicht (Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3a; MüKoZPO/Gruber Rz 11). Unterbleibt die Vorlage, hat der GV die Zwangsvollstreckung ohne Antrag fortzusetzen, indem er das Geld von der Hinterlegungsstelle abholt und dem Gläubiger abliefert (Rn 3). Wird vor der Ablieferung ein Einstellungsbeschluss doch noch vorgelegt, ist das Geld erneut zu hinterlegen (St/J/Würdinger Rz 12; MüKoZPO/Gruber Rz 12).
Rn 13
Bleibt das Geld aufgrund eines Einstellungsbeschlusses hinterlegt, wird das Geld ohne weitere Mitwirkung des GV nach §§ 12 ff HintO an denjenigen ausgezahlt, der seine Berechtigung nachweist (Zö/Seibel Rz 6; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3c).