Gesetzestext
1Die Versteigerung gepfändeter, von dem Boden noch nicht getrennter Früchte ist erst nach der Reife zulässig. 2Sie kann vor oder nach der Trennung der Früchte erfolgen; im letzteren Fall hat der Gerichtsvollzieher die Aberntung bewirken zu lassen.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift enthält ergänzende Bestimmungen für die Versteigerung von Früchten, die nach § 810 vor ihrer Trennung vom Boden gepfändet wurden. Im Übrigen gelten §§ 813 ff.
B. Voraussetzungen der Versteigerung.
I. Reife der Früchte.
Rn 2
Die Früchte dürfen erst versteigert werden, wenn sie reif sind. Anders als für den Zeitpunkt der Pfändung (§ 810) kommt es hier nicht auf die Zeit der gewöhnlichen Reife an, sondern auf die tatsächliche Reife der gepfändeten Früchte. Die Zeitgrenze ist auch zu beachten, wenn die Früchte üblicherweise vor der Reife abgeerntet werden. Die Parteien können jedoch eine abweichende Vereinbarung treffen (MüKoZPO/Gruber Rz 3; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 1). Ist bei einer Versteigerung vor der tatsächlichen Reife ein höherer Erlös zu erwarten, kann der GV auf Antrag einer Partei nach § 825 I eine vorzeitige Verwertung vornehmen. Die Beurteilung, wann Reife vorliegt, obliegt dem GV, der ggf einen Sachverständigen dazu anhört. Führt er die Versteigerung verfrüht durch, ist diese dennoch wirksam; es können jedoch Amtshaftungsansprüche entstehen (Anders/Gehle/Vogt-Beheim ZPO Rz 8; MüKoZPO/Gruber Rz 3).
II. Trennung.
Rn 3
Ob die Versteigerung vor oder nach der Trennung erfolgt, entscheidet der GV – ggf nach Zuziehung eines Sachverständigen – insb mit Rücksicht darauf, auf welche Weise voraussichtlich ein höherer Erlös zu erzielen ist (§ 103 I 4 GVGA). Der GV bestimmt auch, ob die Früchte im Ganzen oder in Teilen versteigert werden (§ 103 I 5 GVGA).
1. Vor der Trennung.
Rn 4
Werden die Früchte vor der Trennung versteigert, findet der Termin idR an Ort und Stelle statt (§ 103 II 1 GVGA). Die Zustimmung des Schuldners ist dafür nicht erforderlich (LG Bayreuth DGVZ 85, 42). Aberntung und Wegschaffung obliegen dann dem Erwerber. Die Versteigerungsbedingungen bestimmen, in welcher Frist er dies zu tun hat (§ 103 III 1 GVGA). Der Erwerber erlangt abw von §§ 93, 94 BGB Eigentum bereits mit der Gestattung der Aberntung (LG Bayreuth DGVZ 85, 42; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 3; MüKoZPO/Gruber Rz 4 mwN). Der Erlös darf erst ausgekehrt werden, wenn der Erwerber die Früchte weggeschafft hat oder die gesetzte Frist verstrichen ist (§ 103 III 2 GVGA).
2. Nach der Trennung.
Rn 5
Soll die Versteigerung nach der Trennung durchgeführt werden, lässt der GV sie durch eine zuverlässige Person, die ggf auch der Schuldner sein kann, abernten und sorgt für die sichere Unterbringung und Verwahrung der Früchte (§ 103 II 2–6 GVGA). Die Kosten hierfür sind vom Gläubiger vorzuschießen; tut er dies nicht, wird die Versteigerung ohne Trennung durchgeführt (Zö/Seibel Rz 3; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 4).
C. Verhältnis zur Immobiliarzwangsvollstreckung.
I. Anordnung der Zwangsversteigerung.
Rn 6
Wird das Grundstück nach der Pfändung der ungetrennten Früchte infolge der Anordnung der Zwangsversteigerung beschlagnahmt, werden davon nach § 21 ZVG auch die Früchte erfasst, sofern sie zu diesem Zeitpunkt noch mit dem Grund und Boden verbunden oder Zubehör des Grundstücks sind. Der Gläubiger muss sein Recht aus der Pfändung dann nach § 37 Nr 4 ZVG geltend machen; die Verwertung nach § 824 ist nicht mehr möglich, der GV stellt die Zwangsvollstreckung in die Früchte ein (§ 103 IV GVGA). Nach umstrittener Auffassung erfasst die Beschlagnahme die Früchte nicht, wenn sie zwar noch nicht getrennt sind, das Eigentum an ihnen aber bereits durch Gestattung der Aberntung (s Rn 4) auf den Käufer übergegangen ist (MüKoZPO/Gruber Rz 4; Musielak/Voit/Flockenhaus Rz 5; Schuschke/Walker/Walker/Loyal Rz 6; Zö/Seibel Rz 2; aA AK-ZPO/Schmidt-von Rhein Rz 2). Infolge des Meinungsstreits verbietet § 103 IV 1 GVGA die Auskehr des Erlöses, solange der Käufer die Früchte noch nicht an sich genommen hat. Steht der Fruchtgenuss einem Pächter zu, bleiben die Früchte von der Beschlagnahme des Grundstücks unberührt (§ 21 III ZVG).
II. Anordnung der Zwangsverwaltung.
Rn 7
Beruht die Beschlagnahme auf der Anordnung der Zwangsverwaltung, erfasst sie nach § 148 ZVG getrennte und nicht getrennte Früchte, solange sie noch nicht abgeliefert sind. Zu den Folgen s Rn 6.
D. Rechtsbehelfe.
Rn 8
Verstöße können bis zum Eigentumserwerb des Käufers mit der Erinnerung nach § 766 geltend gemacht werden.