Rn 33

Das Gericht entscheidet auf Grundlage der Behauptungen des Gläubigers, denn im formalisierten Vollstreckungsverfahren werden die Angaben des Gläubigers grds als zutr unterstellt. Der Tatsachenvortrag des Gläubigers muss deswegen auch nicht glaubhaft gemacht oder bewiesen werden. Infolge der Aufgabenverteilung zwischen Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren entscheidet das Vollstreckungsgericht nicht, ob die Forderung des Schuldners besteht. Dies bleibt dem Einziehungsprozess vorbehalten. Materiellrechtliche Fragen sind einer Prüfung durch das Vollstreckungsgericht im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren entzogen (BGH NJW 16, 2810 Rz 21). Das Vollstreckungsgericht kontrolliert deswegen nicht, ob ein Vollstreckungsbescheid prozessual zu Recht ergangen ist oder nicht. Es prüft nur, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, wie insb ein vollstreckbarer Titel, und keine Vollstreckungshindernisse bestehen (BGH NJW 04, 2096, 2097; NJW-RR 22, 572 [BGH 12.01.2022 - VII ZB 26/21] Rz 12). Nicht zu prüfen ist, ob die Pfändungsforderung tatsächlich entstanden ist, ob sie fortbesteht und ob der Schuldner ihr Inhaber ist. Gepfändet wird die angebliche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner (BGH NJW 04, 2096, 2097 [BGH 19.03.2004 - IXa ZB 229/03]). Der Eröffnungsbeschluss aus einem Insolvenzverfahren ist allerdings kein zur Vollstreckung von Geldforderungen geeigneter Titel (BGH NZI 22, 814 [BGH 21.07.2022 - IX ZB 63/21]). Es beurteilt, ob die Forderung nach dem Sachvortrag des Gläubigers dem Schuldner gegen den Drittschuldner zustehen kann und ob sie nicht unpfändbar ist (BGH NJW-RR 03, 1650). Zu den Konsequenzen bei einer Anhörung Rn 38. Eine Pfändung muss erfolgen, wenn dem Schuldner die Forderung nach irgendeiner vertretbaren Rechtsansicht zustehen kann (BGH NJW-RR 08, 733 [BGH 12.12.2007 - VII ZB 38/07] Rz 9). Einem Beschluss auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt, auch wenn verfahrensfehlerhaft nicht zeitnah über den Antrag des Schuldners entschieden wird, mangels dahingehender gesetzlicher Anordnung keine Rückwirkung zu (BGH NJW-RR 22, 572 [BGH 12.01.2022 - VII ZB 26/21] Rz 13).

 

Rn 34

Da der zu pfändende Anspruch nicht begründet, sondern lediglich bezeichnet wird, darf der Rechtspfleger den Antrag nur ausnahmsweise ablehnen, wenn dem Schuldner der Anspruch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann oder ersichtlich unpfändbar ist (BGH NJW 04, 2096, 2097 [BGH 19.03.2004 - IXa ZB 229/03]; NJW-RR 08, 733 [BGH 12.12.2007 - VII ZB 38/07] Rz 9). Eine künftige Forderung darf nicht gepfändet werden, wenn deren Entstehung auszuschließen ist (LG Berlin Rpfleger 97, 267 [OLG Schleswig 23.01.1997 - 2 W 96/96]).

 

Rn 35

Erforderlich sind schlüssige Ausführungen (vgl BGH NJW 04, 2096, 2097; Anders/Gehle/Nober ZPO § 829 Rz 20). Unsubstanziierte Behauptungen, wie sie in Formularanträgen vorliegen können, genügen nicht. Bloße Vermutungen oder Angaben ins Blaue hinein enthalten keinen ausreichenden Sachvortrag. Trägt der Gläubiger nur unsubstanziierte Behauptungen und Vermutungen vor, für die nachvollziehbare Anhaltspunkte fehlen, ist der Antrag zu verwerfen. Ein solches Pfändungsgesuch kann rechtsmissbräuchlich sein. Verdachts- bzw Ausforschungspfändungen sind unzulässig. Zulässig ist bei einem nicht gewerblich tätigen Schuldner das Gesuch, die Ansprüche aus bis zu drei örtlichen Bankverbindungen zu pfänden (BGH NJW 04, 2096, 2097). Eine unzulässige Ausforschungspfändung liegt bei dem Antrag vor, die Kontokorrentforderungen aus Giroverträgen mit 264 örtlichen Kreditinstituten zu pfänden (München ZIP 90, 1128).

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