I. Grundlagen.
Rn 15
Der Gläubiger kann grds nur in das Vermögen des Schuldners vollstrecken. Eine Forderung, in die der Gläubiger vollstreckt, muss deswegen zum Schuldnervermögen gehören. Besteht im Zeitpunkt der Pfändung kein Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner, ist die Pfändung wirkungslos (BGH NJW 02, 755, 757). Sie ist auch wirkungslos, wenn die Forderung vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, etwa zur Sicherung, abgetreten wurde (BGH NJW 02, 755, 757; München JurBüro 10, 160). Erwirbt der Schuldner später doch die Forderung, so wird die Pfändung nicht nachträglich wirksam. Der Gläubiger muss die Forderung erneut pfänden lassen (BGHZ 100, 36, 42 ff). Während bei der Zwangsvollstreckung in Mobilien mit dem Gewahrsam ein äußerlich wahrnehmbarer Tatbestand existiert und, darauf gestützt, die Zugehörigkeit zum Schuldnervermögen vermutet wird, fehlen bei einer zu vollstreckenden Forderung vergleichbare Anhaltspunkte (Brox/Walker Rz 510).
Rn 16
Bei der Forderungsvollstreckung wird deswegen die angebliche Forderung des Schuldners gepfändet. Ob eine zu pfändende Forderung besteht, wird im Zwangsvollstreckungsverfahren nur in engem Maße überprüft. Die Pfändung und Überweisung einer angeblichen Forderung darf nur dann abgelehnt werden, wenn diese dem Schuldner aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen offenbar nicht zustehen kann, für sie also keine vertretbare Rechtsansicht spricht, oder ersichtlich unpfändbar ist (BGH NJW-RR 08, 733 [BGH 12.12.2007 - VII ZB 38/07] Rz 9; NZI 13, 194 [BGH 25.10.2012 - VII ZB 31/12] Rz 7; NJW-RR 15, 1406 [BGH 20.05.2015 - VII ZB 50/14] Rz 10). Eine Leistungsunfähigkeit des Schuldners schließt nicht die Pfändung aus (BGH NJW-RR 03, 1650). Erforderlich, aber auch regelmäßig ausreichend ist, wenn der Gläubiger behauptet, der Schuldner sei Inhaber dieser Forderung (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Plücker § 829 Rz 13; s.u. Rn 33). Wird eine nicht bestehende Forderung gepfändet, ist die Pfändung nichtig (BGH NJW 02, 755, 757 [BGH 12.12.2001 - IV ZR 47/01]).
II. Mehrheit von Berechtigten.
Rn 17
Richtet sich der Titel nur gegen den Schuldner, ist die Vollstreckung in eine Forderung, die neben dem Schuldner auch anderen Gläubigern zusteht, grds unzulässig. Bei einer Gesamthandsforderung ist nur die Gesamthand forderungsberechtigt. Gläubiger des Mitglieds einer Gesamthand (GbR, Erbengemeinschaft) können nicht in diese Forderungen vollstrecken. Auch die Forderung, die mehreren Personen in einer Bruchteilsgemeinschaft zusteht, kann nicht mit einem allein gegen ein Gemeinschaftsmitglied gerichteten Titel gepfändet werden (Stöber/Rellermeyer Rz A.69). Dies gilt etwa für den Inhaber eines Und-Kontos.
Rn 18
Bei einer Gesamtgläubigerschaft kann jeder Gläubiger die Leistung an sich verlangen, § 428 BGB. Die Pfändung ist deswegen wirksam. Dies gilt etwa bei der Pfändung eines Oder-Kontos, wenn der Schuldner als Kontoinhaber Auszahlung an sich in voller Höhe verlangen kann (BGH NJW 85, 1218 [BGH 24.01.1985 - IX ZR 65/84]). Auch bei einer Teilgläubigerschaft steht dem Vollstreckungsschuldner ein eigenes Forderungsrecht zu, in das der Titelgläubiger vollstrecken kann (Brox/Walker Rz 512).
III. Treuhand.
Rn 19
Sowohl bei einer eigennützigen als auch bei einer fremdnützigen Treuhand können die Gläubiger des Treugebers die Forderung nicht pfänden. Wirtschaftlich steht sie zwar dem Treugeber, rechtlich aber dem Treuhänder zu (BGHZ 11, 37, 41 f). Ein Titel gegen den Treuhänder muss nicht vorliegen, wenn nicht das Treugut, sondern ein Anspruch des Treugebers gegen den Treuhänder aus dem Treuhandverhältnis gepfändet wird. Von den Gläubigern des Treugebers kann deswegen ein Rückübertragungsanspruch nach § 857 gepfändet werden (BGHZ 11, 37, 43; BGH NJW 10, 2346 Rz 10). Hat der Treuhänder Forderungen des Schuldners eingezogen, können dessen Ansprüche aus den §§ 667, 675 BGB gepfändet werden (St/J/Würdinger § 829 Rz 19). Gläubiger des Treuhänders können die Forderung pfänden, doch kann dann der Treugeber regelmäßig die Widerspruchsklage gem § 771 erheben (Wieczorek/Schütze/Lüke § 829 Rz 20).
Rn 20
Anderkonten stellen offene Treuhandkonten dar, für deren Pfändung die zuvor dargestellten Grundsätze gelten (Stöber/Rellermeyer Rz A.546). Gleiches gilt für verdeckte Fremdkonten. Sonderkonten weisen neben dem Namen des Verwaltenden auch den des Begünstigten auf. Hier ist aufgrund der näheren Umstände bei der Kontoerrichtung zu bestimmen, wer Kontoinhaber ist (BGH NJW 56, 1593 [BGH 25.06.1956 - II ZR 270/54]).
IV. Sonstiges.
Rn 21
Auch Forderungen des Schuldners gegen den Gläubiger können grds gepfändet werden (JurBüro 17, 263). Dies gilt jedenfalls, sofern die Aufrechnungsvoraussetzungen nicht vorliegen oder eine Aufrechnung verfahrensrechtlich ausgeschlossen ist (BGH NJW 11, 2649 [BGH 10.03.2011 - IX ZR 82/10]). Ob eine Pfändung aufgrund eines materiellen Aufrechnungsverbots ausgeschlossen ist, hat der BGH bislang offengelassen. Sie wird aber wegen der größeren Klarheit und Rechtssicherheit zuzulassen sein (Köln NJW-RR 89, 190, 191; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Plü...