I. Allgemeines.
Rn 98a
Rechtsbehelfe in der Forderungspfändung sind bei einer Maßnahme des Vollstreckungsgerichts die Erinnerung nach § 766 und bei einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichts die sofortige Beschwerde nach § 793. Die Rechtsbehelfe können ab Beginn der Zwangsvollstreckung eingelegt werden. Mit Beendigung der Zwangsvollstreckung entfällt das Rechtsschutzbedürfnis (BGH ZVI 05, 122; NJW-RR 10, 785 Rz 10; 17, 1158 Rz 5; Köln JurBüro 01, 213; § 766 Rn 18). Werden Pfändungsschutzbestimmungen verletzt, ist der Beschluss anfechtbar, aber nicht nichtig. Ein durch unrichtige Angaben ggü dem Vollstreckungsgericht erschlichener Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist nichtig (KG BeckRS 22, 36767).
II. Gläubiger.
Rn 99
Wird dem Antrag des Gläubigers nicht oder nicht in vollem Umfang stattgegeben, kann er gegen die Entscheidung des Rechtspflegers die sofortige Beschwerde nach den §§ 11 I RpflG, 793 einlegen (Kobl NJW-RR 86, 679). Hat der Rechtspfleger einem Rechtsbehelf des Schuldners abgeholfen, steht dem Gläubiger dagegen ebenfalls die sofortige Beschwerde gem den §§ 11 I RpflG, 793 zu (Zö/Herget § 829 Rz 28). Verweigert der Gerichtsvollzieher die Zustellung, ist die Erinnerung gem § 766 eröffnet (KG DGVZ 66, 152 f).
III. Schuldner.
Rn 100
Wurde der Schuldner zuvor nicht angehört, § 834, kann er gegen die Vollstreckungsmaßnahme mit der Erinnerung nach § 766 vorgehen. Ein, etwa wegen eines Verstoßes gegen ein Pfändungsverbot, anfechtbarer Pfändungsbeschluss ist bis zu einer Aufhebung wirksam und deswegen zu beachten (LG Fulda BeckRS 16, 06889). Der Rechtspfleger kann nach Anhörung des Gläubigers abhelfen. Hebt der Rechtspfleger den Pfändungsbeschluss auf, erlischt das Pfandrecht. Da bei einer späteren gegenteiligen Entscheidung das Pfandrecht nur mit neuem Rang neu begründet werden kann, sollte der Rechtspfleger die Wirksamkeit der Aufhebungsentscheidung gem den §§ 766 I 2, 732 bis zur Rechtskraft des Beschl aussetzen (Musielak/Voit/Flockenhaus § 829 Rz 24). Hilft der Rechtspfleger nicht ab, legt er die Erinnerung dem Richter vor. Gegen die richterliche Entscheidung ist die sofortige Beschwerde nach § 793 statthaft.
Rn 101
Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stellt nicht lediglich eine nach § 766 I anfechtbare Vollstreckungsmaßnahme, sondern eine mit der sofortigen Beschwerde nach den §§ 11 I RpflG, 793 I anfechtbare Entscheidung dar, wenn dem Schuldner vor der Pfändung etwa iRd §§ 850b III, 850d, 850f rechtliches Gehör gewährt worden ist (Köln NJW-RR 92, 894). Die Rechtsbehelfsfrist beginnt mit Zustellung an den Schuldner (Köln NJW-RR 92, 894). Nach einer Anhörung muss deswegen die Zustellung vAw erfolgen (s.a. Rn 59). Gegen eine Überpfändung kann der Schuldner nach § 766 vorgehen (BGH NJW 75, 738 [BGH 22.01.1975 - VIII ZR 119/73]). Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist nicht deswegen aufzuheben, weil die Voraussetzungen für seinen Erlass nicht vorgelegen hätten, wenn einem Antrag des Schuldners auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Titel zeitnah und somit vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stattgegeben worden wäre (BGH NJW-RR 22, 572 [BGH 12.01.2022 - VII ZB 26/21]).
IV. Drittschuldner.
Rn 102
Der Drittschuldner, der nicht angehört wurde, kann bei formellen Mängeln des Vollstreckungsverfahrens regelmäßig Erinnerung nach § 766 einlegen (BGH NJW 77, 1881, 1882). Ist die Pfändung unwirksam, kann der Drittschuldner an sich negative Feststellungsklage erheben, soweit nicht das Feststellungsinteresse wegen der Möglichkeit fehlt, Erinnerung einzulegen. Besteht die Forderung gegen den Drittschuldner nicht, bejaht die Rspr das erforderliche Feststellungsinteresse erst, wenn der Drittschuldner gegen den Gläubiger erfolglos gem §§ 840, 843 vorgegangen ist (BGH NJW 77, 1881, 1882 [BGH 22.06.1977 - VIII ZR 5/76]). Einwendungen gegen die gegen ihn gerichtete Forderung des Schuldners muss er im Einziehungsprozess geltend machen.
V. Dritte.
Rn 103
Bei der Verletzung eigener Rechte können auch Dritte die Erinnerung nach § 766 einlegen. Eigene Rechte können etwa nachpfändende Gläubiger geltend machen. Unterhaltsberechtigte Angehörige des Schuldners können Verletzungen der Pfändungsbeschränkungen geltend machen (vgl § 850c Rn 49).
VI. Sonstiges.
Rn 104
Anfechtbar sind fehlerhafte Vollstreckungsakte (Rn 65). Nachträgliche Änderungen der Unpfändbarkeitsvoraussetzungen sind auf Antrag gem § 850g geltend zu machen. Maßnahmen des Gerichtsvollziehers außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens unterliegen auf Antrag einer Rechtmäßigkeitskontrolle durch das OLG nach § 23 EGGVG (Kobl JurBüro 21, 164).