Rn 107
Für die Vollstreckung in den Zeiträumen von ein bzw drei Monaten vor Antragstellung gilt die Rückschlagsperre aus § 88 InsO (BGH NZI 17, 892 Rz 14). Eine im Weg der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung ist als inkongruent anzusehen und damit grds anfechtbar (vgl nur BGHZ 136, 309, 311). Die Wirkungen einer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgten Verstrickung bleiben so lange bestehen, bis sie auf einem dafür vorgesehenen Weg beseitigt worden sind (BGH NZI 17, 892 Rz 18 ff). Solange die öffentlich-rechtliche Verstrickung nicht gerichtlich aufgehoben worden ist, kann das Pfändungspfandrecht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wieder wirksam werden (BGH NZI 17, 892 Rz 20). Umstritten war, ob das Insolvenzgericht wegen des abschließend geregelten Zwangsvollstreckungsverfahrens die Verstrickung lediglich aufheben darf (BGH NJW-RR 16, 319 [BGH 02.12.2015 - VII ZB 42/14] Rz 7; AG Essen NZI 18, 671 [AG Essen 01.08.2018 - 163 IK 206/15]; AG Göttingen NZI 19, 82) oder ob es die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für die Dauer des Insolvenzverfahrens aussetzen darf, wie der BGH jetzt entschieden hat (BGH NZI 17, 892 Rz 14; 21, 489; LG Flensburg JurBüro 20, 160; AG Dresden ZinsO 18, 1581; AG Zeitz NZI 19, 82). Pfändungsmaßnahmen dürfen im Eröffnungsverfahren nicht nach § 240 unterbrochen werden (BGH NJW 2007, 3132 [BGH 28.03.2007 - VII ZB 25/05] Rz 10). Während des Insolvenzverfahrens sind nach § 89 I InsO Zwangsvollstreckungen für die Insolvenzgläubiger weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Im Insolvenzverfahren kann der Gläubiger die gepfändete Forderung anmelden, das Stimmrecht kann er nur gemeinsam mit dem Inhaber der Forderung ausüben. Im Restschuldbefreiungsverfahren besteht das Vollstreckungsverbot nach § 294 InsO (FK-InsO/Ahrens § 294 Rz 10 ff). Ein mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens schwebend unwirksam gewordenes Pfändungspfandrecht lebt dann, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht vom zuständigen Vollstreckungsorgan aufgehoben worden ist, mit der Freigabe der gepfändeten Forderung oder mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder auf. Einer erneuten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner bedarf es nicht (BGH NZI 21, 1125).
Rn 108
Für die Konkurrenz von Pfändung und Abtretung gilt eine differenzierte Lösung. Die Abtretung einer Forderung auf künftige Bezüge aus einem Dienstverhältnis ist auch dann in der Zeitspanne nach § 114 I InsO wirksam, wenn die Forderung vor der Abtretung von einem anderen Gläubiger gepfändet worden war. Die Abtretung verstößt zwar gegen § 829 I 2 und ist gem §§ 136, 135 BGB dem durch dieses Verbot geschützten Pfändungspfandgläubiger ggü unwirksam. Eine gegen ein nur relativ wirkendes Verfügungsverbot verstoßende Verfügung wird aber in vollem Umfang wirksam, wenn das Verbot aufgehoben wird. Sobald das Pfändungspfandrecht gem § 114 III 1 InsO unwirksam wird, entfällt auch das mit ihm verbundene Verfügungsverbot. Die Abtretung behält demgegenüber nach § 114 I InsO im dort genannten Zeitraum ihre Wirksamkeit und ist vom Treuhänder bzw Insolvenzverwalter zu beachten (BGH NZI 07, 39 Rz 6).