I. Grundlagen.
Rn 11
Durch die Überweisung werden die förmlichen Erklärungen des Schuldners ersetzt, die für eine Übertragung der Forderung erforderlich wären, § 836 I. Eine wirksame Überweisung setzt eine den Anforderungen des § 829 genügende Pfändung aufgrund eines dazu geeigneten Titels voraus, denn die Überweisung vollzieht die Pfandverwertung, begründet aber nicht das Recht dazu (BGHZ 127, 152). Unerheblich ist, ob es sich lediglich um einen vorläufig vollstreckbaren Titel handelt. Der Überweisungsbetrag darf daher nicht die Pfändung übersteigen (RG Gruchot 37, 422, 423). Der auf einen Arrest (BGHZ 121, 101) oder auf eine Sicherungsvollstreckung nach § 720a gestützte Überweisungsbeschluss ist mangels eines geeigneten Vollstreckungstitels nichtig, weil hier die Verwertung nicht erfolgen kann. Ist der Schuldner nicht Inhaber der behaupteten Forderung, gehen Pfändung und Überweisung ins Leere (Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 6).
Rn 12
Der Pfändungsbeschluss muss noch nicht wirksam sein, aber durch Zustellung wirksam werden können (MüKoZPO/Smid § 835 Rz 5; vgl Wieczorek/Schütze/Lüke § 835 Rz 13; aA RG Gruchot 34, 1172, 1175). Der Überweisungsbeschluss wird mit der Zustellung an den Drittschuldner wirksam, § 835 III 1 iVm § 829 II, III (G/S/B-E § 55 Rz 32), aber nicht vor der Pfändung. Die Überweisung berechtigt den Gläubiger, die Forderung im eigenen Namen bzw bei einer Überweisung an Zahlungs statt als eigenes Recht ggü dem Drittschuldner geltend zu machen und durchzusetzen (MüKoZPO/Smid § 835 Rz 3). Erwirkt der Gläubiger zunächst nur eine Teilüberweisung, bleibt die restliche Forderung gepfändet (Anders/Gehle/Nober ZPO § 835 Rz 2) und kann später auf Antrag überwiesen werden. Haben mehrere Gläubiger dieselbe Forderung gepfändet, kann sie jedem zur Einziehung überwiesen werden, ohne Einfluss auf den Rang der Pfandrechte zu haben (RGZ 164, 162, 169). Bei Rangzweifeln kann der Drittschuldner gem § 853 hinterlegen bzw gem §§ 854 ff vorgehen; zur Klage bei mehrfacher Pfändung vgl Rn 20.
II. Überweisung zur Einziehung (§ 835 I Alt 1).
1. Allgemeines.
Rn 13
Der Gläubiger hat zwar grds die Wahl zwischen den Überweisungsformen, doch wird er regelmäßig die risikoärmere Einziehung wählen (Rn 4). Kann eine nach § 399 BGB nicht übertragbare Forderung gem § 851 II gepfändet werden, muss sie zur Einziehung überwiesen werden. Gepfändete Herausgabeansprüche können gem §§ 846, 849 ebenfalls nur zur Einziehung überwiesen werden, weil sie keinen Nennwert haben, ebenso von einer Gegenleistung abhängige Forderungen (Stöber/Rellermeyer Rz B.210; s.a. unten Rn 27). Die Forderung des Gläubigers ist noch nicht mit der Überweisung zur Einziehung, sondern erst mit der Leistung des Drittschuldners oder etwa einer Aufrechnung befriedigt. Die Überweisung zur Einziehung erfolgt erfüllungshalber iSv § 364 BGB (Brox/Walker Rz 634). Sie ersetzt sämtliche materiell-rechtlichen Formerfordernisse (Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 6). Falls sich der Gläubiger nicht aus der überwiesenen Forderung befriedigen kann, bleibt er aus seiner ursprünglichen Forderung berechtigt. Da die Zwangsvollstreckung mit der Überweisung noch nicht beendet ist, bleibt eine Anschlusspfändung zulässig.
2. Stellung des Gläubigers.
a) Materiell-rechtliche Kompetenzen.
Rn 14
Durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung erlangt der Gläubiger ein eigenes Einziehungsrecht. Es erfolgt kein Forderungsübergang (BGH NJW 78, 1914; 07, 2560, 2561). Der Gläubiger wird nicht Inhaber der Forderung, weshalb der Schuldner Inhaber der Forderung bleibt, doch ist der Gläubiger zu allen aus der Inhaberschaft an der Forderung folgenden und der Befriedigung dienenden Handlungen befugt (BGHZ 82, 28, 31). Er darf deshalb im eigenen Namen den Drittschuldner in Verzug setzen, eine Leistung an Zahlungs statt vereinbaren (RGZ 169, 54, 56), ein Zurückbehaltungsrecht ausüben und die noch nicht fällige Forderung kündigen (RGZ 76, 276, 282) bzw die Forderung einziehen. Ebenso darf er mit einer eigenen Forderung gegen den Drittschuldner aufrechnen (RGZ 169, 54, 56; BGH NJW 78, 1914), und zwar auch dann, wenn er selbst Drittschuldner ist. In diesem Fall bewirkt die Überweisung noch keine Konfusion (St/J/Würdinger § 835 Rz 15). Regelmäßig ist zumindest eine Mitteilung an den Schuldner erforderlich. Vor allem ist er berechtigt, auf Leistung an sich zu klagen (BGH NJW 78, 1914; Rz 19). Der Gläubiger ist zu Erklärungen, dem Empfang von Erklärungen und Handlungen befugt, welche die Verjährung hemmen oder neu beginnen lassen (BGH NJW 78, 1914 [BGH 27.04.1978 - VII ZR 219/77]).
Rn 15
Auch wenn die gepfändete Forderung den titulierten Anspruch übersteigt, wird die gesamte Forderung zur Einziehung überwiesen. Das Einziehungsrecht ist aber auf die Höhe der titulierten Forderung beschränkt, weshalb der Gläubiger keine weitergehende Zahlung verlangen kann (Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 10; Stöber/Rellermeyer Rz B.206). Seine Befugnis findet in den Rechten des Schuldners ihre Grenzen.
Rn 16
Unzulässig sind Handlungen, die nicht der Einziehung dienen, denn der Gläubiger darf die Rechte des Schuldners nicht zu dessen Nachteil verändern (BGH NJW ...