1. Allgemeines.
Rn 13
Der Gläubiger hat zwar grds die Wahl zwischen den Überweisungsformen, doch wird er regelmäßig die risikoärmere Einziehung wählen (Rn 4). Kann eine nach § 399 BGB nicht übertragbare Forderung gem § 851 II gepfändet werden, muss sie zur Einziehung überwiesen werden. Gepfändete Herausgabeansprüche können gem §§ 846, 849 ebenfalls nur zur Einziehung überwiesen werden, weil sie keinen Nennwert haben, ebenso von einer Gegenleistung abhängige Forderungen (Stöber/Rellermeyer Rz B.210; s.a. unten Rn 27). Die Forderung des Gläubigers ist noch nicht mit der Überweisung zur Einziehung, sondern erst mit der Leistung des Drittschuldners oder etwa einer Aufrechnung befriedigt. Die Überweisung zur Einziehung erfolgt erfüllungshalber iSv § 364 BGB (Brox/Walker Rz 634). Sie ersetzt sämtliche materiell-rechtlichen Formerfordernisse (Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 6). Falls sich der Gläubiger nicht aus der überwiesenen Forderung befriedigen kann, bleibt er aus seiner ursprünglichen Forderung berechtigt. Da die Zwangsvollstreckung mit der Überweisung noch nicht beendet ist, bleibt eine Anschlusspfändung zulässig.
2. Stellung des Gläubigers.
a) Materiell-rechtliche Kompetenzen.
Rn 14
Durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung erlangt der Gläubiger ein eigenes Einziehungsrecht. Es erfolgt kein Forderungsübergang (BGH NJW 78, 1914; 07, 2560, 2561). Der Gläubiger wird nicht Inhaber der Forderung, weshalb der Schuldner Inhaber der Forderung bleibt, doch ist der Gläubiger zu allen aus der Inhaberschaft an der Forderung folgenden und der Befriedigung dienenden Handlungen befugt (BGHZ 82, 28, 31). Er darf deshalb im eigenen Namen den Drittschuldner in Verzug setzen, eine Leistung an Zahlungs statt vereinbaren (RGZ 169, 54, 56), ein Zurückbehaltungsrecht ausüben und die noch nicht fällige Forderung kündigen (RGZ 76, 276, 282) bzw die Forderung einziehen. Ebenso darf er mit einer eigenen Forderung gegen den Drittschuldner aufrechnen (RGZ 169, 54, 56; BGH NJW 78, 1914), und zwar auch dann, wenn er selbst Drittschuldner ist. In diesem Fall bewirkt die Überweisung noch keine Konfusion (St/J/Würdinger § 835 Rz 15). Regelmäßig ist zumindest eine Mitteilung an den Schuldner erforderlich. Vor allem ist er berechtigt, auf Leistung an sich zu klagen (BGH NJW 78, 1914; Rz 19). Der Gläubiger ist zu Erklärungen, dem Empfang von Erklärungen und Handlungen befugt, welche die Verjährung hemmen oder neu beginnen lassen (BGH NJW 78, 1914 [BGH 27.04.1978 - VII ZR 219/77]).
Rn 15
Auch wenn die gepfändete Forderung den titulierten Anspruch übersteigt, wird die gesamte Forderung zur Einziehung überwiesen. Das Einziehungsrecht ist aber auf die Höhe der titulierten Forderung beschränkt, weshalb der Gläubiger keine weitergehende Zahlung verlangen kann (Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 10; Stöber/Rellermeyer Rz B.206). Seine Befugnis findet in den Rechten des Schuldners ihre Grenzen.
Rn 16
Unzulässig sind Handlungen, die nicht der Einziehung dienen, denn der Gläubiger darf die Rechte des Schuldners nicht zu dessen Nachteil verändern (BGH NJW 78, 1914). Eine dem Drittschuldner vom Pfändungsgläubiger gewährte Stundung ist dem Schuldner ggü wirkungslos (RGZ 169, 54, 56). Der Gläubiger kann deswegen auch nicht mit Wirkung für den Schuldner einen Erlass gewähren oder einen Vergleich schließen (Stöber/Rellermeyer Rz B.221), es sei denn, der Gläubiger übernimmt in diesen Fällen die finanziellen Konsequenzen (RGZ 169, 54, 56), weil er sich dem Schuldner ggü für befriedigt erklärt (Ddorf ZInsO 20, 2377, 2382; Musielak/Voit/Flockenhaus § 835 Rz 7). Der Gläubiger darf auch nicht die überwiesene Forderung abtreten. Die Verwertung eines zur Einziehung überwiesenen Rechts kann nur so vollzogen werden, dass das zur Einziehung überwiesene Recht tatsächlich verwertet wird, nicht aber, indem der Anspruch, in den vollstreckt wird, entschädigungslos entwertet oder seine Durchsetzung lediglich erschwert wird. Dem Vollstreckungszweck zuwiderlaufende Maßnahmen sind unzulässig. Dies gilt auch für die Rücknahme der gegen den Vollstreckungsgläubiger selbst anhängigen Klage zur Durchsetzung des gepfändeten Rechts (Köln BeckRS 21, 27889).
Rn 17
Der Gläubiger erlangt die Stellung eines Pfandgläubigers iSd § 1275 BGB. Auf sein Rechtsverhältnis zum Drittschuldner sind deswegen die Vorschriften der §§ 398 ff BGB anzuwenden (BGH NJW 01, 288 [BGH 09.10.2000 - II ZR 75/99]). Die Überweisung umfasst daher auch die Nebenrechte iSd § 401 BGB (ThoPu/Seiler § 835 Rz 3), einschl der – ggf erst künftig fällig werdenden – Zinsen und Nebenleistungen (Wieczorek/Schütze/Lüke § 835 Rz 11). Dies gilt etwa für den bankvertraglichen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch (Karlsr NJW-RR 98, 990, 991 [OLG Karlsruhe 22.01.1998 - 19 U 217/96]).
Rn 18
Die vom Gläubiger durch die Überweisung zur Einziehung erlangte Rechtsstellung bildet kein selbständiges Vermögensrecht. Diese Berechtigung ist weder abtretbar noch kann sie gepfändet werden (Stuttg Rpfleger 83, 409; LG Leipzig Rpfleger 00, 401; St/J/Würdinger § 857 Rz 42; aA BAG ZIP 80, 287, 288; MüKoZPO/Smid § 835 R...