1. Erweiterte Leistungssperre (Abs 4 S 1 aF).
Rn 37
Mit der durch Art 3 des Zweiten Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder (vom 12.4.11, BGBl I, 615; BTDrs 17/4776) in Abs 4 geschaffenen Regelung hat der Gesetzgeber die Leistungssperre für künftige Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto erweitert. Soweit der Schuldner in einem Kalendermonat nicht über das Guthaben iHd Sockelfreibetrags verfügt hat, wird dieses Guthaben nach § 850k I 3 aF in dem folgenden Kalendermonat zusätzlich zu dem gem § 850k I 1 aF für diesen Monat geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst, erhöht also den für diesen Monat geltenden Sockelfreibetrag um den Ansparübertrag. Wird über das in einem Kalendermonat von der Pfändung freigestellte und in den Folgemonat pfändungsfrei übertragene Guthaben auch in diesem Monat nicht verfügt, so unterfällt es am Ende dieses Folgemonats der Pfändung (BGH ZInsO 23, 101 Rz 24). Demgegenüber regelt § 835 IV 1 aF die befristete Auszahlungssperre (BGH ZInsO 23, 101 Rz 25). Danach darf im Fall der Pfändung und Überweisung von künftigem Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto der Drittschuldner erst nach Ablauf des nächsten auf die jeweilige Gutschrift von eingehenden Zahlungen folgenden Kalendermonats an den Pfändungsgläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen (BGH ZInsO 23, 101 Rz 25). Dadurch sollten dem Schuldner die Gutschriften in dem Zahlungszeitraum zur Verfügung stehen, für den sie bestimmt sind. § 835 IV aF regelte das Verhältnis zwischen Drittschuldner und Vollstreckungsgläubiger, während die Wirkungen zwischen dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsschuldner in § 850k I 2 normiert sind. § 835 IV aF verdrängte insoweit III (Mock Forderungsvollstreckung, § 5 Rz 167). Zum 1.12.21 ist die Regelung aufgehoben worden, weil das Moratorium in § 900 I geregelt sowie durch den in § 899 I 1 auf drei nachfolgende Kalendermonate erweiterten Guthabenübertrag das Monatsanfangsproblem entfallen ist.
Rn 38
Durch die Novellierung sollte das sog Monatsanfangsproblem (St/J/Würdinger § 835 Rz 52; Gottwald/Mock § 835 Rz 30a; Richter/Zimmermann ZVI 10, 359; Jäger ZVI 10, 325, 328 ff; Strunk ZVI 10, 335, 336 f; Bitter ZIP 11, 149, 154) entschärft werden (Ahrens NZI 11, 183). In den betreffenden Fallgestaltungen wird eine Leistung in einem Monat gutgeschrieben, aber erst im Folgemonat verbraucht. Typisch dafür ist die Gutschrift zum Ende eines Kalendermonats für eine Verwendung im Folgemonat, wie dies sehr häufig bei Sozialleistungen erfolgt. Hat der Schuldner im Folgemonat über den unpfändbaren Betrag verfügt und wird an dessen Ende die nächste Zahlung gutgeschrieben, wäre die den Freibetrag übersteigende Summe pfändbar. Im zweiten Folgemonat standen nach dem früheren Recht dem Schuldner dann keine Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhalts zur Verfügung. Ziel der Regelung war, im Zusammenwirken mit § 850k I 2, den existenznotwendigen Lebensunterhalt des Schuldners dauerhaft zu sichern. Individuelle Schutzanträge sollten dadurch entbehrlich werden. § 835 IV aF normierte dabei das Verhältnis zwischen dem Drittschuldner und dem Vollstreckungsgläubiger, während die ergänzende Bestimmung in § 850k I 2 aF die Rechtslage zwischen Schuldner und Drittschuldner regelte. Der jeweilige Pfändungsfreibetrag blieb unverändert.
2. Voraussetzungen.
Rn 39
Die Regelung in Abs 4 aF modifizierte die nach § 835 III 2 Hs 2 bestehende antragsabhängige einmonatige Auszahlungssperre für künftige Kontoguthaben. Als spezielle und damit vorrangige Regelung für Pfändungsschutzkonten begründete die Bestimmung aus Abs 4 S 1 aF eine besondere gesetzliche, also antragsunabhängige Leistungssperre bei gepfändeten künftigen Guthaben. Der Drittschuldner durfte danach erst mit Beginn des auf die Gutschrift folgenden übernächsten Monats an den Gläubiger leisten.
Rn 40
Geschützt waren alle künftigen Guthaben auf Pfändungsschutzkonten unabhängig von der Einkommensquelle (Becker NJW 11, 1317, 1319). Für gegenwärtige Guthaben gilt Abs 3 S 2 Hs 1 (Rn 30 ff). Der Begriff des Guthabens war wie in § 850k aF zu verstehen (§ 850k aF Rn 52 ff). Erfasst wurden auch einmalige oder nicht regelmäßig wiederkehrende Zahlungseingänge, die keine existenzsichernde Funktion haben, wie Steuererstattungen, und damit auch jede andere Gutschrift (BGH ZInsO 23, 101 Rz 25). Praktisch große Bedeutung besaß die Regelung bei Sozialleistungen, die oftmals zum Monatsende für den kommenden Monat gezahlt werden.
Rn 41
Die Dauer der Leistungssperre variierte, da sie an den Kalendermonat der Gutschrift gekoppelt war. Erfolgte die Gutschrift zum Monatsersten, dauerte die Sperre zumindest zwei Monate. Bei einer Gutschrift am Monatsletzten, wie dies für Sozialleistungen typisch ist, betrug die Sperre mindestens einen Monat und einen Tag. Geschaffen wurde eine den notwendigen Schutz gewährleistende pauschalisierende Regelung, doch wurden weiterhin Monatsanfangsgutschriften ggü Gutschriften zum Monatsende bevorteilt. Für Monatsanfangsgutschriften wurde damit ein gewisser überschießender Schutz begründet, der über die eigen...