Gesetzestext
(1) Ist die gepfändete Forderung bedingt oder betagt oder ist ihre Einziehung wegen der Abhängigkeit von einer Gegenleistung oder aus anderen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden, so kann das Gericht auf Antrag an Stelle der Überweisung eine andere Art der Verwertung anordnen.
(2) Vor dem Beschluss, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, ist der Gegner zu hören, sofern nicht eine Zustellung im Ausland oder eine öffentliche Zustellung erforderlich wird.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift ermöglicht dem Vollstreckungsgläubiger, aber auch sonstigen Betroffenen, eine andere Art der Vollstreckung als die Überweisung zu beantragen, wenn diese unwirtschaftlich oder aus anderen Gründen unzweckmäßig ist. Dabei ist der Schuldner vor einer Wertvernichtung zu schützen. Ähnliche Regelungen enthalten § 825 (dazu LG Freiburg DGVZ 82, 186, 187), § 65 ZVG und § 317 AO.
B. Verfahren.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Vorschrift gilt zwar für sämtliche Arten der Zwangsvollstreckung, ist aber va für die Rechtspfändung iSv § 857 und insb die Vollstreckung in GmbH-Anteile (unten Rn 6; Frankf WM 1977, 89; LG Gießen JurBüro 99, 49 f; Ddorf Rpfleger 00, 400; Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 844 Rz 1), Kommanditanteile (Ddorf ZInsO 20, 2377), Miterbenanteile (Eickmann DGVZ 84, 65) oder der Sammelverwahrung von Wertpapieren (Erk Rpfleger 91, 236, 237) bedeutsam. Bei einer Internet-Domain ist die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain ggü der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustehen, zu pfänden und ggf anderweitig zu verwerten (BGH NJW 05, 3353, 3354 [BGH 05.07.2005 - VII ZB 5/05]; Rn 11; Boecker MDR 07, 1234; Meinhold Rpfleger 16, 623, 628). Die Verwertung der gepfändeten Ansprüche des Schuldners gegen die DENIC eG kann nach §§ 857 I, 844 I durch Überweisung an Zahlungs statt zu einem Schätzwert erfolgen. Der Pfändungsgläubiger ist als Inhaber der Domain zu registrieren (BGH ZIP 19, 1498 Rz 21). Ein Antrag nach § 844 ist ausgeschlossen, falls das Recht dem Gläubiger an Zahlungs statt überwiesen wurde, § 835 II.
II. Voraussetzungen.
Rn 3
Das Vollstreckungsgericht darf eine anderweitige Vollstreckungsart nur auf Antrag bestimmen, der vom Vollstreckungsgläubiger, einem nachrangigen Gläubiger, sogar wenn dem vorrangigen Gläubiger die Forderung bereits zur Einziehung überwiesen wurde (RGZ 164, 162, 169), oder dem Schuldner gestellt werden darf. Nicht antragsbefugt sind der Drittschuldner (St/J/Würdinger § 844 Rz 2) und der Arrestpfandgläubiger (Stöber/Rellermeyer Rz E.8). Im Antrag ist die anderweitige Verwertungsart konkret zu bezeichnen. Die Antragsberechtigung entsteht mit der Pfändung und endet durch eine Befriedigung des Gläubigers. Der Antrag kann zusammen mit dem Pfändungsantrag gestellt werden. Wegen der kollidierenden Anforderungen einerseits aus § 834 und andererseits aus § 844 II ist vor der Anhörung der Pfändungsbeschluss zu erlassen (St/J/Würdinger § 844 Rz 2).
Rn 4
Über den Antrag entscheidet das Vollstreckungsgericht, § 828, am Gerichtsstand des Schuldners durch den Rechtspfleger, § 20 Nr 17 RPflG. Für dieses neue Verfahren ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Die Entscheidung durch ein örtlich unzuständiges Gericht ist anfechtbar. Zuvor mündlich oder schriftlich anzuhören ist nach Abs 2 der Antragsgegner, also der Schuldner, bei einem von anderer Seite gestellten Antrag auch der Gläubiger, ggf auch ein vorrangiger Gläubiger sowie der Drittschuldner (MüKoZPO/Smid § 844 Rz 6; Ahrens in Ahrens/Lipp/Varga, Grundrechte im Zivilprozess, 2015, 7, 17; aA ThoPu/Seiler § 844 Rz 2; Saenger/Kemper § 844 Rz 8). Wird der Antrag abgelehnt, ist die Anhörung entbehrlich (Musielak/Voit/Flockenhaus § 844 Rz 2; aA MüKoZPO/Smid § 844 Rz 5). Die Anhörungspflicht entfällt bei einer öffentlichen Zustellung, §§ 185 ff, und einer Auslandszustellung, § 183. Insoweit gilt das zu § 841 Rn 3 Gesagte entspr.
Rn 5
Es müssen die Voraussetzungen für einen Überweisungsbeschluss mit wirksamer Pfändung und Überweisungsreife erfüllt sein (vgl § 835 Rn 3; Wieczorek/Schütze/Lüke § 844 Rz 5). Die andere Verwertung darf in dem Umfang angeordnet werden, wie das Recht wirksam gepfändet ist (Anders/Gehle/Nober ZPO § 844 Rz 6). Nach einer Überweisung der Forderung an Zahlungs statt ist die Anordnung einer anderen Verwertungsart unzulässig.
Rn 6
Als besonderes Erfordernis muss die Verwertung der gepfändeten Forderung erschwert sein. Dies kommt bei einer iSv § 158 BGB bedingten oder einer betagten Forderung in Betracht, bei der die Fälligkeit kalendermäßig bestimmt ist oder durch Kündigung bestimmt werden kann (Musielak/Voit/Flockenhaus § 844 Rz 3). Die Forderung kann aber auch von einer Gegenleistung abhängen oder ihre Einziehung aus anderen Gründen erschwert sein, wie einer Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners. Die Verwertung von GmbH-Anteilen kann erschwert sein, wenn entweder mangels eines Kündigungsrechts die Gesellschaft nicht liquidiert werden kann oder wenn eine Liquidation zulässig, aber unwirtschaftlich ist.
III. Entscheidung.
Rn 7
Der Beschl über die anderweitige Verwertung erge...