I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Eine Vorpfändung findet statt bei einer Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Geld- und Hypothekenforderungen, §§ 829 ff, in Ansprüche auf Herausgabe von Sachen, §§ 846 ff, und in andere Vermögenswerte, § 857. Die Forderung muss pfändbar sein. Pfändungsgrenzen sind zu beachten. Bei einer Zug-um-Zug Verurteilung muss der Gläubiger entweder die Gegenleistung angeboten haben oder beweisen, dass sich der Schuldner im Annahmeverzug befindet (AG Leverkusen InsbürO 12, 550). Zur Vorpfändung von Hypothekenforderungen ist weder eine Briefübergabe noch eine Eintragung ins Grundbuch (St/J/Würdinger § 845 Rz 25; aA Köln Rpfleger 91, 241 [OLG Düsseldorf 12.12.1990 - 3 Wx 460/90]) erforderlich, die Eintragung aber zulässig. Auch die Vorpfändung drittschuldnerloser Rechte, § 857 II, ist zulässig (RGZ 71, 179, 183). Die Vorpfändung ist auch bei der Sicherungspfändung nach § 720a zulässig (BGHZ 93, 71, 74). Auf die Vorpfändung von Steuererstattungsansprüchen ist § 46 VI AO entspr anwendbar. Da ein Steuererstattungsanspruch erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht, kann die Vorpfändung erst zu Beginn des folgenden Zeitraums, dh des Folgejahrs, erfolgen. Anzuknüpfen ist dafür nicht an den Zeitpunkt, an dem die Vorpfändung die Behörde verlässt, sondern wann sie der Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner zustellt (BGH DGVZ 12, 30 f). Als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen müssen die Voraussetzungen der Pfändung vorliegen, ausgenommen die Klausel und Zustellungen nach §§ 750, 751 II, 765 (St/J/Würdinger § 845 Rz 10).
Rn 3
Unzulässig ist eine Vorpfändung bei Zwangsvollstreckungen in das unbewegliche Vermögen, § 865, bzw in Wechsel und andere indossable Papiere, die nach § 831 durch den Gerichtsvollzieher gepfändet werden (ThoPu/Seiler § 845 Rz 1a). Ausgeschlossen ist eine Vorpfändung im Vorrechtsbereich der §§ 850d, 850f I, weil das unpfändbare Einkommen durch das Gericht zu beziffern ist. Auch bei den unpfändbaren Bezügen aus § 850b I ist eine Vorpfändung unzulässig, weil deren Pfändung eine gerichtliche Billigkeitsentscheidung erfordert. Die Vorpfändung eines Pfändungsschutzkontos ist unzulässig (§ 850k Rn 51). Nicht zulässig ist die Vorpfändung von Ansprüchen aus einem Konto, wenn die diplomatische Vertretung eines Staats hinsichtlich der Ansprüche aus den gepfändeten Bankkonten diplomatische Immunität genießt (BGH JurBüro 07, 550 LS).
II. Titel.
Rn 4
Zugunsten des Gläubigers muss ein auf eine Geldforderung gerichteter, für vollstreckbar erklärter oder rechtskräftiger Titel bestehen. Darunter sind ebenso vollstreckbare Urteile, Urkunden iSd § 794 (RGZ 71, 179, 182) sowie Arrestbefehle und Leistungsverfügungen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 845 Rz 2) zu verstehen. Der Titel muss bestehen, ein Urt also verkündet sein. Es muss sich aber noch nicht im Besitz des Gläubigers befinden (LG Frankfurt JurBüro 83, 623). Nach § 802a II Nr 5 muss vor der Pfändungsankündigung weder eine vollstreckbare Ausfertigung iSd §§ 725 ff erteilt noch das Urt nach § 750 zugestellt sein. Die Vorpfändung ist selbst dann zulässig, wenn der Titel den Rechtsvorgänger des Schuldners oder Gläubigers nennt und eine Vollstreckungsklausel für oder gegen den Rechtsvorgänger noch nicht erteilt ist (Stöber/Rellermeyer Rz B.482). Beweisurkunden nach den §§ 750 II, 756, 765 müssen nicht zugestellt sein (RGZ 71, 179, 182). Entbehrlich ist auch eine Sicherheitsleistung nach § 720a (BGHZ 93, 71, 74). Die gesetzlichen Wartefristen aus § 750 III (BGHZ 93, 71, 74; München InVo 96, 77; aA Gilleßen/Jakobs DGVZ 79, 103, 106) und § 798 (BGH NJW 82, 1150; aA Mümmler JurBüro 75, 1413, 1415) sind nicht einzuhalten.
Rn 5
Arreste, § 922, und einstweilige Verfügungen, § 940, reichen aus, wenn sie auf Geldleistung gerichtet sind, doch ist bei ihnen die Vollziehungsfrist zu wahren (Gottwald/Mock § 845 Rz 4). Für einen Kostenerstattungsanspruch ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss, § 104, erforderlich, das Urt genügt dafür nicht (Anders/Gehle/Nober ZPO § 845 Rz 5). Der Titel muss bestehen und vollstreckungsfähig sein (Wieczorek/Schütze/Lüke § 845 Rz 5).
Rn 6
Die sonstigen allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels entfallen nach § 802a II Nr 5. Zudem müssen die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Eine Sicherheitsleistung, zB nach den §§ 707, 719, 732, 769 f, muss erbracht sein (MüKoZPO/Smid § 845 Rz 2), anders im Fall des § 720a (Rostock DGVZ 06, 91; Rn 2). Eine Bedingung iSd § 726 muss eingetreten, der Kalendertag nach § 751 I abgelaufen und eine Zug-um-Zug Leistung gem § 765 nachgewiesen sein (Musielak/Voit/Flockenhaus § 845 Rz 2). Ob die Nachweise darüber bereits vorliegen, ist für die Vorpfändung unerheblich. Fehlen jedoch die Voraussetzungen, so liegt dies im alleinigen Risikobereich des Gläubigers. Daher ist die Vorpfändung nur wirksam, wenn sämtliche Anforderungen erfüllt sind (St/J/Würdinger § 845 Rz 2). Aus Titeln über künftig fällig werdende Leistungen da...