I. Wirkungen der Vorpfändung.
Rn 14
Die Vorpfändung ist in ihren Wirkungen dem Arrest gleichgestellt, §§ 845 II 1, 930. Sie wirkt wie eine Beschlagnahme der betroffenen Forderung (BGHZ 87, 166, 168; BGH DNotZ 16, 957). Der Zeitpunkt der Vorpfändung begründet den Rang des Pfändungspfandrechts, das durch die Pfändung innerhalb eines Monats seit Zustellung der Benachrichtigung entsteht (BGH NJW 01, 2976 [BGH 08.05.2001 - IX ZR 9/99]; BGH DNotZ 16, 957 [BGH 09.06.2016 - V ZB 37/15]). Überwiegend wird darin ein auflösend bedingtes Pfandrecht gesehen, auch wenn bei einer rechtzeitigen Pfändung zu den Wirkungen eines Arrestpfandrechts ein Vollstreckungspfandrecht hinzutritt (St/J/Würdinger § 845 Rz 14; Brox/Walker Rz 627). Leistungen des Drittschuldners an den Schuldner und Verfügungen des Schuldners sind dem Gläubiger ggü unwirksam sowie andere Pfändungen nachrangig. Die Wirkung tritt mit Zustellung an den Drittschuldner ein. Die Arrestwirkung eröffnet dem Gläubiger weder ein Einziehungsnoch ein anderes Verwertungsrecht (Dresd MDR 01, 580). Eine Aufforderung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung ist bei einer Vorpfändung unzulässig (BGHZ 68, 289, 291). Zulässig ist eine Auskunftsbitte an den Drittschuldner, soweit für diesen klargestellt ist, dass er frei darüber entscheiden kann, ob er dem Ersuchen nachkommen möchte (AG Hildesheim JurBüro 22, 107). Eine vom Drittschuldner dennoch freiwillig erteilte unzutreffende Erklärung verpflichtet ihn unter den allgemeinen Voraussetzungen zum Schadensersatz (Baur/Stürner/Bruns Rz 31.37). Die Vorpfändung ist unwirksam, falls eine ihrer Voraussetzungen fehlt, die Pfändung nicht hinreichend bestimmt ist oder das Drittschuldnerverbot fehlt (Zö/Herget § 845 Rz 7).
Rn 15
Die Pfändungsschutzvorschriften der §§ 811, 850 ff sind zu beachten. Auf den Vorrechtsbereich aus den §§ 850d I, 850f II kann ein privilegierter Gläubiger nur aufgrund einer vollstreckungsgerichtlichen Entscheidung zugreifen (LAG Frankfurt DB 89, 1732). Bei bedingt pfändbaren Forderungen, §§ 850b, 54 II SGB I, muss zuvor die Pfändbarkeit durch das Vollstreckungsgericht begründet werden. Beim Oder-Konto erfasst die Vorpfändung als solche ohne eine Mitpfändung nicht die Auszahlungsforderung des anderen Kontoinhabers gegen die Bank (Stuttg InVo 99, 150, 152 [OLG Stuttgart 20.12.1995 - 9 U 199/95]; Dresd MDR 01, 580 [OLG Dresden 21.02.2001 - 18 U 1948/00]).
II. Frist.
Rn 16
Die Beschlagnahme und die rangwahrende Wirkung bleiben nur bestehen, wenn binnen der Monatsfrist die Forderung gepfändet wird, sonst entfällt die Arrestwirkung rückwirkend. Die Frist beginnt gem Abs 2 S 2 mit dem Tag der Zustellung an den Drittschuldner. Die Fristberechnung erfolgt nach § 222. Während der Frist muss die Pfändung bewirkt, also der Pfändungsbeschluss erlassen und dem Drittschuldner zugestellt sein (MüKoZPO/Smid § 845 Rz 17).
Rn 17
Mit Fristablauf ohne Vollpfändung enden rückwirkend Beschlagnahme und rangwahrende Wirkung. Eine Verlängerung ist unzulässig, ebenso eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 845 Rz 6). Zwischenzeitlich erfolgte Verfügungen des Schuldners werden wirksam, Pfändungen Dritter rücken im Rang auf. Zulässig ist aber eine auch mehrfach wiederholte Vorpfändung mit dem bei ihrer Zustellung bestehenden schlechteren Rang.
III. Pfändung.
Rn 18
Die Wirkungen der Vorpfändung bleiben nur dann dauerhaft bestehen, wenn innerhalb der Monatsfrist eine Vollpfändung der gleichen Forderung erfolgt. Dafür muss nur der Pfändungsakt bewirkt sein. Das Pfandrecht kann später entstehen, etwa an künftigen Forderungen (St/J/Würdinger § 845 Rz 16). Die Pfändung muss nicht auf die Vorpfändung verweisen. Hat sich der Gegenstand der Vorpfändung etwa durch Hinterlegung oder nachträgliche Hypothekenbestellung geändert, muss dem die Form der Pfändung entspr (Musielak/Voit/Flockenhaus § 845 Rz 7). Eine unwirksame Vorpfändung wird nicht durch eine nachfolgende korrekte Pfändung geheilt (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 845 Rz 7). Wird die Pfändung abgelehnt, entfällt damit noch nicht die Vorpfändung, da ein weiterer wirksamer Pfändungsversuch unternommen werden kann (anders MüKoZPO/Smid § 845 Rz 16). Eine verspätete Pfändung ist wirksam, begründet aber den früheren Rang nicht wieder. Die rangwahrende Arrestwirkung der Benachrichtigung greift nur insoweit, wie die Vorpfändung reicht und kann nicht durch die spätere Pfändung erweitert werden (BGH NJW 01, 2976, 2977 [BGH 08.05.2001 - IX ZR 9/99]).