Gesetzestext
(1) 1Schon vor der Pfändung kann der Gläubiger auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitels durch den Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem Schuldner die Benachrichtigung, dass die Pfändung bevorstehe, zustellen lassen mit der Aufforderung an den Drittschuldner, nicht an den Schuldner zu zahlen, und mit der Aufforderung an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. 2Der Gerichtsvollzieher hat die Benachrichtigung mit den Aufforderungen selbst anzufertigen, wenn er von dem Gläubiger hierzu ausdrücklich beauftragt worden ist. 3An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.
(2) 1Die Benachrichtigung an den Drittschuldner hat die Wirkung eines Arrestes (§ 930), sofern die Pfändung der Forderung innerhalb eines Monats bewirkt wird. 2Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Benachrichtigung zugestellt ist.
A. Normzweck.
Rn 1
Zwischen dem Erwerb eines Titels und einer wirksamen Pfändung kann es durch die gerichtliche Bearbeitungszeit und die gesetzlichen Wartefristen aus den §§ 750 III, 798 (unten Rn 4) zu erheblichen Zeitverlusten kommen. Dem Gläubiger drohen deswegen uU benachteiligende Verfügungen des Schuldners oder Rangnachteile (BayObLG Rpfleger 85, 58, 59). Um sich davor zu schützen, kann der Gläubiger bereits durch eine Benachrichtigung von der geplanten Pfändung, der sog Vorpfändung, ein Pfandrecht begründen. Deren Schutzwirkung ist besonders schnell zu erreichen, weil der Gläubiger die Pfändungsankündigung als private Verfahrenshandlung und Rechtsdurchsetzungsmaßnahme (Hascher/Lammers DGVZ 09, 92) selbst erstellen kann. Zudem ist der Schutzbereich vorverlagert, weil nach § 802a II Nr 5 die Vorpfändung bereits mit Verkündung und noch vor Ausfertigung eines vorläufig vollstreckbaren Urteils erfolgen kann.
B. Voraussetzungen.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Eine Vorpfändung findet statt bei einer Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Geld- und Hypothekenforderungen, §§ 829 ff, in Ansprüche auf Herausgabe von Sachen, §§ 846 ff, und in andere Vermögenswerte, § 857. Die Forderung muss pfändbar sein. Pfändungsgrenzen sind zu beachten. Bei einer Zug-um-Zug Verurteilung muss der Gläubiger entweder die Gegenleistung angeboten haben oder beweisen, dass sich der Schuldner im Annahmeverzug befindet (AG Leverkusen InsbürO 12, 550). Zur Vorpfändung von Hypothekenforderungen ist weder eine Briefübergabe noch eine Eintragung ins Grundbuch (St/J/Würdinger § 845 Rz 25; aA Köln Rpfleger 91, 241 [OLG Düsseldorf 12.12.1990 - 3 Wx 460/90]) erforderlich, die Eintragung aber zulässig. Auch die Vorpfändung drittschuldnerloser Rechte, § 857 II, ist zulässig (RGZ 71, 179, 183). Die Vorpfändung ist auch bei der Sicherungspfändung nach § 720a zulässig (BGHZ 93, 71, 74). Auf die Vorpfändung von Steuererstattungsansprüchen ist § 46 VI AO entspr anwendbar. Da ein Steuererstattungsanspruch erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entsteht, kann die Vorpfändung erst zu Beginn des folgenden Zeitraums, dh des Folgejahrs, erfolgen. Anzuknüpfen ist dafür nicht an den Zeitpunkt, an dem die Vorpfändung die Behörde verlässt, sondern wann sie der Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner zustellt (BGH DGVZ 12, 30 f). Als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen müssen die Voraussetzungen der Pfändung vorliegen, ausgenommen die Klausel und Zustellungen nach §§ 750, 751 II, 765 (St/J/Würdinger § 845 Rz 10).
Rn 3
Unzulässig ist eine Vorpfändung bei Zwangsvollstreckungen in das unbewegliche Vermögen, § 865, bzw in Wechsel und andere indossable Papiere, die nach § 831 durch den Gerichtsvollzieher gepfändet werden (ThoPu/Seiler § 845 Rz 1a). Ausgeschlossen ist eine Vorpfändung im Vorrechtsbereich der §§ 850d, 850f I, weil das unpfändbare Einkommen durch das Gericht zu beziffern ist. Auch bei den unpfändbaren Bezügen aus § 850b I ist eine Vorpfändung unzulässig, weil deren Pfändung eine gerichtliche Billigkeitsentscheidung erfordert. Die Vorpfändung eines Pfändungsschutzkontos ist unzulässig (§ 850k Rn 51). Nicht zulässig ist die Vorpfändung von Ansprüchen aus einem Konto, wenn die diplomatische Vertretung eines Staats hinsichtlich der Ansprüche aus den gepfändeten Bankkonten diplomatische Immunität genießt (BGH JurBüro 07, 550 LS).
II. Titel.
Rn 4
Zugunsten des Gläubigers muss ein auf eine Geldforderung gerichteter, für vollstreckbar erklärter oder rechtskräftiger Titel bestehen. Darunter sind ebenso vollstreckbare Urteile, Urkunden iSd § 794 (RGZ 71, 179, 182) sowie Arrestbefehle und Leistungsverfügungen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 845 Rz 2) zu verstehen. Der Titel muss bestehen, ein Urt also verkündet sein. Es muss sich aber noch nicht im Besitz des Gläubigers befinden (LG Frankfurt JurBüro 83, 623). Nach § 802a II Nr 5 muss vor der Pfändungsankündigung weder eine vollstreckbare Ausfertigung iSd §§ 725 ff erteilt noch das Urt nach § 750 zugestellt sein. Die Vorpfändung ist...