Gesetzestext
(1) Bei der Pfändung eines Anspruchs, der eine bewegliche körperliche Sache betrifft, ist anzuordnen, dass die Sache an einen vom Gläubiger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben sei.
(2) Auf die Verwertung der Sache sind die Vorschriften über die Verwertung gepfändeter Sachen anzuwenden.
A. Normzweck.
Rn 1
Für den Gläubiger einer Geldforderung ist die Pfändung des Herausgabe- oder Leistungsanspruchs wegen einer Sache wenig günstig. Deswegen beinhalten die §§ 846–849 besondere Regeln für die Pfändung und Verwertung derartiger Ansprüche (§ 846 Rn 1). Mit Pfändung und Überweisung des Anspruchs soll die Zwangsvollstreckung in die Sache vorbereitet werden, um mit dem Verwertungserlös die Forderung des Gläubigers zu befriedigen. Im Anschluss an die Grundnorm des § 846 normiert § 847 die Zwangsvollstreckung in einen Anspruch auf Herausgabe oder Leistung einer beweglichen Sache. Eine vergleichbare Regelung enthält § 318 II AO.
B. Pfändung des Herausgabeanspruchs.
I. Anwendungsbereich.
Rn 2
Der Gläubiger muss eine titulierte Geldforderung haben. Als Titel kommen insb Urteile und Urkunden iSd § 794 in Betracht (§ 846 Rn 3). Der gepfändete Herausgabeanspruch muss eine bewegliche körperliche Sache einschl der Wertpapiere nach § 808 II 1 betreffen. Die Vorschrift betrifft nur Herausgabeansprüche über bewegliche Sachen, die iSd §§ 808 ff pfändbar (LG Landshut BeckRS 21, 33747; AG Dietz/Lahn DGVZ 62, 126, 127) und nach den §§ 814 ff verwertbar sind (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Schuschke/Plücker § 847 Rz 1). Zulässig ist auch die Pfändung eines betagten, künftigen oder von einer Gegenleistung abhängigen Anspruchs sowie eines Anspruchs auf Herausgabe nach Trennung (St/J/Würdinger § 847 Rz 1).
Rn 3
Unanwendbar ist § 847 auf das Zubehör von Grundstücken iSd § 865 sowie auf Sachen, an denen keine selbständigen Rechte begründet werden können. Dazu gehören Hypothekenbriefe (RGZ 74, 78, 79 f), Grund- und Rentenschuldbriefe, Beweisurkunden (§ 952 BGB) wie Kfz-Briefe (LG Berlin DGVZ 62, 186), Sparbücher, Schuldscheine, Lohnabrechnungen (Zweibr DGVZ 95, 148, 149) etc. Herausgabeansprüche über unpfändbare Sachen können nicht gem § 847 gepfändet werden (Celle JW 35, 1718; Ddorf DR 41, 639, 640), es sei denn, die Sachen sind austauschbar (MüKoZPO/Smid § 847 Rz 2). Auf die Abtretung von Treugut ist § 847 nicht anwendbar (BGH NJW 98, 2969, 2970 [BGH 18.06.1998 - IX ZR 311/95]).
Rn 4
Höchstpersönliche Herausgabeansprüche, die nicht auf Dritte übertragbar sind, können auch dann nicht gepfändet werden, wenn die Sachen selbst pfändbar sind. Dies gilt etwa für den Anspruch des getrennt lebenden Ehepartners auf Herausgabe der notwendigen Sachen gem § 1361a BGB (Musielak/Voit/Flockenhaus § 847 Rz 1). Befinden sich die Pfändungsobjekte gem §§ 111d, 111e StPO im Besitz der Staatsanwaltschaft, so ist nicht der Herausgabeanspruch des Angeklagten entspr § 847, sondern es sind die Gegenstände selbst nach § 829 zu pfänden. Wird dann nach einer dennoch erfolgten Anspruchspfändung die Sache an den Drittschuldner herausgegeben, setzt sich das durch die Anspruchspfändung begründete Pfandrecht an den Gegenständen fort (Frankf InVo 05, 430, 432 [OLG Zweibrücken 10.05.2005 - 3 W 165/04]). Fehlt ein Drittschuldner, ist nach § 857 und nicht nach § 847 zu pfänden. Soll durch die Zwangsvollstreckungsmaßnahme die Abgabe einer Willenserklärung erzwungen werden, ist § 847 nicht anwendbar (MüKoZPO/Smid § 847 Rz 4).
II. Verfahren.
Rn 5
Die Pfändung des Herausgabeanspruchs erfolgt nach den §§ 846, 828–845, außerdem § 176 GVGA. Für die Pfändung beweglicher Sachen gilt § 829, für indossable Papiere § 831 (BGH MDR 80, 1016 [BGH 21.05.1980 - VIII ZR 284/79]). Der Gläubiger muss beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht den Erlass eines Pfändungsbeschlusses beantragen (§ 828 Rn 7 f), für den der Rechtspfleger funktionell zuständig ist, § 20 Nr 17 RPflG (§ 828 Rn 3).
Rn 6
Der Pfändungsbeschluss muss die Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe oder Leistung der beweglichen körperlichen Sache aussprechen. Er wird mit Zustellung an den Drittschuldner wirksam. Der Beschl ist durch den Gerichtsvollzieher im Parteibetrieb, §§ 191 ff, dem Drittschuldner zuzustellen (Anders/Gehle/Nober ZPO § 847 Rz 4) und dem Schuldner mitzuteilen. Da die Pfändung nach § 829 erfolgt, muss der Pfändungsbeschluss die allgemeinen Wirksamkeitsanforderungen erfüllen. Im Pfändungsbeschluss sind die gepfändete Forderung und ihr Rechtsgrund (aA Stöber/Rellermeyer Rz 2016) so genau zu bezeichnen, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Ansprüche Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein sollen (§ 829 Rn 46 ff). Außerdem muss die bewegliche körperliche Sache bestimmt bezeichnet werden, auf die sich der gepfändete Anspruch bezieht (BGH NJW 00, 3218, 3219 [BGH 13.07.2000 - IX ZR 131/99]). Die pauschale Bezeichnung ›Rückgewähr von Sicherheiten‹ reicht nicht aus (Zö/Stöber § 847 Rz 2).
Rn 7
Zugleich ist dem Drittschuldner zu verbieten, den Gegenstand an den Schuldner herauszugeben oder zu leisten (Arrestatorium). Drittschuldner ist derjenige, der den Herausgabe- ode...