Rn 8
Das Verschulden des Bevollmächtigten wird der Partei nach der verfassungsgemäßen (BVerfG NJW 82, 2445, 2447 [BGH 19.04.1982 - II ZR 55/81]; 01, 814 [BVerfG 25.10.2000 - 2 BvR 720/00]) Regelung in Abs 2 im Rahmen aller Vorschriften der ZPO zugerechnet, bei denen es auf ein Verschulden der Partei ankommt (insb §§ 233, 234, 296, 337, 367 II, 528, 530, 531, 532). Aber auch darüber hinaus muss sich die Partei die fehlerhafte Prozessführung zurechnen lassen. Auf den Grad des Verschuldens kommt es nicht an, die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn eine besondere Form des Verschuldens gefordert wird. Deshalb muss sich die Partei auch ein etwaiges treuwidriges Prozessverhalten zurechnen lassen (Kobl NJW-RR 90, 960). Eigenes Verschulden der Partei ist nicht erforderlich, sie muss auch dann einstehen, wenn sie keine Möglichkeit zur Abwendung des Versäumnisses hatte (BGH VersR 84, 850, 851). Auch ein eventuelles Mitverschulden des Gerichts verhindert die Zurechnung nicht (BGH NJW 94, 55, 56). Der Partei bleiben nur Schadensersatzansprüche aus dem Mandatsvertrag. Eine Ausnahme gilt nur für Vorschriften, die ein Verschulden der Partei selbst voraussetzen, häufig unscharf als Vorschriften mit strafähnlichem Charakter bzw. als Sanktionsvorschriften bezeichnet, wie die Vorschrift über die Verhängung von Ordnungsmitteln (BGH NJW-RR 11, 1363, 1364 [BGH 22.06.2011 - I ZB 77/10]; München OLGR 96, 195; Jena OLGR 01, 304, 305; Hambg OLGR 08, 170). Deshalb können auch eigenmächtige Änderungen des Vermögensverzeichnisses nach § 305 I Nr 3 InsO durch den Bevollmächtigten dem Schuldner bei der Versagung der Restschuldbefreiung (§ 290 I Nr 6 InsO) nicht zugerechnet werden (BGH NJW 11, 1299, 1230 [BGH 14.12.2010 - 1 StR 275/10]). Ob bei der Aufhebung der Bewilligung der PKH nach § 124 I eine Zurechnung stattfindet, wird unterschiedlich beantwortet: Den Regelungen in § 124 I Nr 1 und 2 (BGH NJW 13, 68, 69 [BGH 10.10.2012 - IV ZB 16/12]; NJW-RR 15, 1338, 1399 [BGH 19.08.2015 - XII ZB 208/15]), der in Nr 4 (LAG Köln, Beschl v 22.6.15 – 1 Ta 145/15, Rz 17; LAG Bad-Württemb NZA-RR 15, 438 [LAG Baden-Württemberg 10.06.2015 - 4 Ta 8/15]; LAG Schlesw-Holstein Beschl v 2.9.15 – 5 Ta 147/15, Rz 13) und der in Nr 5 (BGH NJW-RR 06, 197, 198 [BGH 12.07.2005 - VI ZB 72/03] zu Nr 4 aF, jetzt Nr 5) soll wegen des dort vorausgesetzten Verschuldens Sanktionscharakter zukommen. Damit würde eine Zurechnung von Anwaltsverschulden ausscheiden (so LAG Köln, Beschl v 22.6.15 – 1 Ta 145/15, Rz 17; aA LAG Bad-Württemb Beschl v 5.3.15 – 17 Ta 2/15 jeweils zu § 124 I Nr 4).