I. Antrag, Zuständigkeit, Anhörung.
Rn 23
Die Pfändung der in Abs 1 aufgeführten Bezüge erfolgt allein auf Antrag des Gläubigers, dh nicht vAw. Der Antrag ist beim örtlich zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen (§ 828 Rn 7 f). Der Beschl ist durch den funktionell zuständigen Rechtspfleger zu erlassen (§ 828 Rn 3). Das Gericht soll nach Abs 3 die Beteiligten anhören. Auch die Anhörung des Schuldners ist abw von § 834 vorgeschrieben, weil nur so seine iRd Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigenden Belange hinreichend in das Verfahren einbezogen werden können (BGH NZI 18, 705 Tz 22; St/J/Würdinger § 850b Rz 29; MüKoZPO/Smid § 850b Rz 18; Gössl NJW 18, 2734 [BGH 25.01.2018 - IX ZR 104/17]; aA Hamm Rpfleger 1977, 180). Der Drittschuldner ist ebenfalls anzuhören (LG Verden Rpfleger 86, 100 [LAG Düsseldorf 18.06.1985 - 16 Sa 552/85]). Die Anhörung kann iRe freigestellten mündlichen Verhandlung oder schriftlich erfolgen.
II. Vergebliche oder aussichtslose Vollstreckung.
Rn 24
Als weitere Sachentscheidungsvoraussetzung nach Abs 2 darf die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt haben oder führen. Der Begriff des sonstigen beweglichen Vermögens verweist auf die Zwangsvollstreckung nach Buch 8, Abschnitt 2, Titel 2 ohne Untertitel 3, dh die §§ 803–827. Der Gläubiger muss die vergebliche oder voraussichtlich aussichtslose Vollstreckung darlegen. Dazu kann eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung vorgelegt werden. Es genügt nicht, wenn der Schuldner die Durchsuchung seiner Wohnung ohne richterliche Anordnung verweigert hat oder der Gerichtsvollzieher den Schuldner wiederholt in seiner Wohnung nicht angetroffen hat (Zö/Herget § 850b Rz 12), denn § 807 I Nr 3, 4 sind nicht anwendbar. Eine eidesstattliche Versicherung ist nicht erforderlich (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850b Rz 9). Eine Glaubhaftmachung (Musielak/Voit/Flockenhaus § 850b Rz 10, 11) ist zur Darlegung weder erforderlich noch bei einem Bestreiten des Schuldners ausreichend (Zö/Herget § 850b Rz 15; MüKoZPO/Smid § 850b Rz 18; aA Musielak/Voit/Flockenhaus § 850b Rz 10; Anders/Gehle/Nober ZPO § 850b Rz 15). § 807 I Nr 2 ist nicht entspr anwendbar, weil § 850b mit der gerichtlichen Entscheidung eine weitergehende Prozesshandlung und mit der Forderungspfändung einen weitergehenden Eingriff in das durch Art 14 GG geschützte Vermögen des Schuldners begründet. Ein Vollstreckungsversuch in das unbewegliche Vermögen muss nicht unternommen worden sein.
III. Billigkeitsprüfung.
Rn 25
Ihren besonderen Charakter erhält die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts durch die in Abs 2 vorgeschriebene Billigkeitsprüfung. Danach muss die Pfändung nach den Umständen des Falls, insb nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge der Billigkeit entspr. Erforderlich ist eine umfassende und nachvollziehbare Gesamtwürdigung aller hierfür in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls (BGH NJW 04, 2450, 2451 [BGH 19.03.2004 - IXa ZB 57/03]; NJW-RR 05, 869, 870 [BGH 05.04.2005 - VII ZB 15/05]). Ein abschließender Katalog besteht nicht. Im Einzelnen sind neben der Höhe der Bezüge, insb der Höhe des dem Schuldner im Fall der Pfändung verbleibenden Betrags, va Art und Umstände der Entstehung der beizutreibenden Forderung von Bedeutung (LG Hamburg ZInsO 17, 2066, verweigerte Auskunft des Schuldners). Hat eine Rente Lohnersatzfunktion, ist die Pfändbarkeit an den Pfändungsfreibeträgen aus § 850c zu orientieren (BGH NJW-RR 10, 474 Rz 14; Ddorf BeckRS 11, 16503). Bei einer Rente wegen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit können von ihm dargelegte erhöhte Bedürfnisse in Rechnung gestellt werden (BGH NJW-RR 10, 474 [BGH 03.12.2009 - IX ZR 189/08] Rz 14). Da die Pfändung nur dann zulässig ist, wenn sie der Billigkeit entspricht, müssen die für eine Pfändung sprechenden Gründe überwiegen. Das normale Vollstreckungsinteresse genügt für die Ausnahmepfändung noch nicht (Schlesw Rpfleger 02, 87 [OLG Schleswig 20.08.2001 - 16 W 130/01], verlangt zudem eine restriktive Auslegung).
Rn 26
Für eine Pfändung spricht eine Vollstreckung zur Beitreibung privilegierter Ansprüche iSd §§ 850d, 850f II (BGH NJW-RR 08, 412 Rz 21; Hamm ZVI 02, 195, 196; Schlesw Rpfleger 02, 87; Zö/Herget § 850b Rz 19). Berücksichtigt werden kann, ob es sich um den Vollstreckungsschutz aus Abs 1 entspr Anlassforderungen handelt. Je nach Sachlage können ferner von Bedeutung sein eine besondere Notlage des Gläubigers, die wirtschaftliche Situation und der Lebensstil des Schuldners, das Verhalten der Beteiligten bei der Entstehung oder der Beitreibung der Forderung. Zu berücksichtigen ist außerdem, ob der Schuldner eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit unterlässt. Für eine Billigkeit spricht, wenn die Bezüge gerade aus dem Anlass gewährt werden, aus dem der Gläubiger die Vollstreckung betreibt (vgl LG Berlin MDR 77, 147 [LG Berlin 03.06.1976 - 81 T 208/76]). Auch die Höhe der zu vollstreckenden Forderung und die voraussichtliche Dauer der Pfändung können auf beiden Seiten in die Bewertung einfließen (BGH NJW 04, 2450, 2452 [BGH 19.03.2004 - ...