I. Grundlagen.
Rn 7
Der Pfändungsschutz für das laufende Arbeitseinkommen setzt sich aus drei Elementen zusammen (s.a. St/J/Würdinger § 850c Rz 4 ff). Dem Grundfreibetrag aus Abs 1, der Anpassung bei Unterhaltsverpflichtungen gem Abs 2 nebst der Korrekturregelung bei eigenem Einkommen von Unterhaltsberechtigten, Abs 6, sowie den Vollstreckungsbeschränkungen für den Mehrverdienst, Abs 3. Bei den Grundfreibeträgen handelt es sich um pauschalisierte Festbeträge, von denen nur in den Fällen der §§ 850c VI, 850d und 850f abgewichen werden darf. Dem Schuldner bleibt die Verwendungsentscheidung überlassen. Ist im Freibetrag eine Quote für bestimmte Ausgaben vorgesehen, darf der Pfändungsfreibetrag auch dann nicht herabgesetzt werden, wenn der Schuldner die entspr Forderungen nicht erfüllt (LG Kassel JurBüro 07, 664, 665, Stromkosten). Auch wenn der Schuldner keine Kaltmiete zahlt, darf das Vollstreckungsgericht deswegen nicht die Pfändungsgrenze um einen entspr Betrag herabsetzen oder einen entspr Betrag als fiktives Einkommen hinzurechnen (BGH ZVI 04, 46; aA AG Oranienburg JurBüro 16, 658 = VIA 17, 14 mAnm Strüder; AG Wuppertal JurBüro 20, 269; AG Tostedt JurBüro 21, 106; AG Nordenham JurBüro 21, 331; AG Bamberg JurBüro 21, 331). Dies widerspräche dem Pauschalierungsgedanken. Zudem existiert kein entspr Antragsrecht zugunsten des Gläubigers. Da die Pfändung von laufenden Sozialleistungsansprüchen wie bei Arbeitseinkommen erfolgt, darf die Pfändungsgrenze nicht herabgesetzt werden, weil er keine Aufwendungen für eine Erwerbstätigkeit tätigen muss (BGH ZVI 04, 46).
II. Berechnung.
Rn 8
Der pfändungsfreie Teil des Arbeitseinkommens ist abhängig vom monatlichen, wöchentlichen oder täglichen Auszahlungsmodus zu berechnen. Welcher Zeitraum gilt, richtet sich nach der arbeitsrechtlichen Bestimmung zwischen Schuldner und Drittschuldner und darf nicht durch das Vollstreckungsgericht festgelegt werden (LG Bochum Rpfleger 85, 370). Weichen die Arbeitsvertragsparteien hiervon ab, ist ihre tatsächliche Übung maßgebend. Selbst wenn die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Tagessätzen berechnet wird, ist der Pfändungsschutz nach der Periode zu bestimmen, für die das Arbeitsentgelt zu leisten ist (BSG NJW 93, 811, 812). Bei längerfristigen Abrechnungsperioden, etwa des (Zahn)Arztes ggü der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (vgl BGHZ 96, 324, 326 ff; dazu § 850 Rn 30), ist die Vergütung auf die Monatstabelle umzurechnen. Ggf kann der Arzt auch nach § 850f I geschützt werden. Die Auszahlungsfrist ist auch maßgebend, wenn der Schuldner nicht im gesamten Zeitraum gearbeitet hat (BAG ZInsO 09, 1412 Rz 19). Dies gilt, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Ende des Zahlungszeitraums beendet wird oder der Schuldner aus anderen Gründen, wie Fehltagen, nicht während der gesamten Periode arbeitet (Wieczorek/Schütze/Lüke § 850c Rz 5; Zö/Herget § 850c Rz 3), denn es kommt hier nicht auf den Leistungsumfang an. Sein Arbeitseinkommen ist ggf auf Antrag gem § 850e Nr 2 um andere Einkünfte zu ergänzen (ArbG Frankfurt aM NJW-RR 99, 723; St/J/Würdinger § 850c Rz 13; aA Schaub/Koch § 92 Rz 54, Aufteilung nach Tagen).
Rn 9
Nachzahlungen werden dem Zeitraum zugerechnet, für den, nicht in dem sie gezahlt werden (BGH NZI 13, 194; LAG Mecklenburg-Vorpommern NZI 19, 597 [LAG Mecklenburg-Vorpommern 20.03.2019 - 3 Sa 186/18]; St/J/Würdinger § 850c Rz 9; Zö/Herget § 850c Rz 3; Gottwald/Mock § 850c Rz 10; Ahrens NZI 11, 265, 269; ders VuR 14, 117; s.a. BVerwG BeckRS 14, 47365). Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut von Abs 1. Sie werden gem § 832 von der Beschlagnahme für die maßgebende Periode erfasst. Daher sind die unterbliebenen Lohnabrechnungen nachzuholen und die für jeden Monat pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens neu zu berechnen (ArbG Wetzlar AP Nr 1 zu § 850i; AG Neuburg a d Donau JurBüro 16, 444). Entspr gilt grds auch für Nachzahlungen von Sozialleistungen einschl BAföG (BGH NZI 13, 194; LSG Sachsen VuR 15, 274 m Anm Kohte; Ahrens ZVI 18, 173, 174). Bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden infolge der gesetzlichen Fiktion des § 11 III 2 SGB II als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden, zu den einmaligen Einnahmen gerechnet. Diese Leistungen sind daher grds in dem Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen, § 11 III 1 SGB II. Allerdings kommt eine gleichmäßige Aufteilung für einen Zeitraum von sechs Monaten in Betracht, § 11 III 4 SGB II. Mit dieser Regelung soll ausgeschlossen werden, dass Nachzahlungen nur im Monat des Zuflusses angerechnet werden können (BTDrs 18/8041, S 33). Die Vorschrift betrifft aber allein die Bemessung der laufenden Grundsicherung. Für eine Aufrechnung oder Verrechnung iSd §§ 51, 52 SGB I bleibt es bei den dort vorgesehenen Beschränkungen nach Maßgabe insb von § 54 IV SGB I. Aufgrund dieser Norm sind die Pfändungsschutzregeln für das Arbeitseinkommen anzuwenden und damit auch die Grundsätze zur Behandlung von Nachzahlungen. Für rückwirkende Tariflohnerhöhungen gilt § 833 (St...