I. Voraussetzungen (Abs 1 S 1).
1. Persönlicher Anwendungsbereich.
Rn 5
Privilegierte Pfändungsgläubiger gehören zum identischen Personenkreis, für den der Pfändungsfreibetrag des Schuldners nach § 850c I 2 erhöht wird (vgl § 850c Rn 12). Insoweit stellt § 850d eine Konkordanz der Schutzwirkungen her. Die Zwangsvollstreckung muss von einem Verwandten in gerader Linie, § 1601 BGB, wie Kindern, Enkelkindern, Eltern und Großeltern, seinem Ehegatten, §§ 1360, 1360a, 1361 BGB, einem früheren Ehegatten, §§ 1569 ff BGB, seinem Lebenspartner, §§ 5, 12 LPartG, einem früheren Lebenspartner, § 16 LPartG, oder einem Elternteil nach den §§ 1615l, 1615n BGB betrieben werden (BGH NZI 06, 593). Unberücksichtigt bleiben Forderungen des Partners einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft. Nicht privilegiert sind die Ansprüche anderer Personen, wie Geschwistern, Schwiegereltern, Stief- oder Pflegekindern. Unberücksichtigt bleiben auch Ansprüche aus § 844 II BGB (HK-ZV/Meller-Hannich § 850d Rz 5).
Rn 6
Vollstreckungsschuldner ist, wer den gesetzlichen Unterhalt erfüllen muss. Ebenfalls der bevorrechtigten Pfändung unterliegt der wegen einer Entziehung gesetzlicher Unterhaltsforderungen zur Schadensersatzleistung Verpflichtete (Rn 11). Keiner privilegierten Vollstreckung unterliegt, wer neben dem Schuldner oder an seiner Stelle haftet, etwa als Bürge, Schuldübernehmer bzw Erbe, ohne selbst unterhaltspflichtig zu sein (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850d Rz 5; St/J/Würdinger § 850d Rz 14). Bei einer Bürgschaft oder Schuldübernahme beruht der Anspruch auf Vertrag (Stöber/Rellermeyer Rz C.294). Umgekehrt können auch Erben des Unterhaltsberechtigten nicht das Vorrecht in Anspruch nehmen (Schuschke/Walker/Kessen/Thole/Kessal-Wulf/Lorenz/Els § 850d Rz 6).
2. Übergang der Unterhaltsforderung.
Rn 7
Für die umstrittene Frage, ob die Privilegierung aus § 850d bei einem Übergang der Unterhaltsforderung bestehen bleibt, ist zu differenzieren. Leistet ein anderer familienrechtlicher Unterhaltsschuldner nach den §§ 1607, 1608, 1584 BGB, lässt dieser Übergang aufgrund der familiären Nähebeziehung und der Kollision mit der eigenen Existenzsicherung die Bevorrechtigung grds bestehen. Der übergegangene Anspruch und damit auch das Vollstreckungsprivileg darf nach den §§ 1607 IV, 1608 S 3, 1584 S 3 BGB nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.
Rn 8
Tritt ein Träger der Sozialhilfe in die Leistungspflichten ein, besteht für seine Erstattungsansprüche aus den §§ 1607 f BGB, 33 SGB II, 72 II 1 SGB III, 95 SGB VIII, 116 f SGB X, 93 f SGB XII, 37 BAföG, 7 I UVG nach der höchstrichterlichen Rspr und der überwiegenden Literatur ebenfalls eine Bevorrechtigung (BGHZ 202, 293 Rz 5; NJW 15, 1830 [BGH 21.01.2015 - VII ZB 30/13] Rz 5; NZFam 15, 23 Rz 5; NJW 18, 555 [BGH 11.10.2017 - VII ZB 53/14] Rz 12 zu § 7 I 1 UVG; NJW 10, 2353 [BGH 11.05.2010 - IX ZB 163/09] Rz 6 zu § 302 Nr 1 InsO; BAG NJW 71, 2094, zu § 90 BSHG; BAG NZA-RR 13, 590 Rz 42, bei Abtretung; LG Erfurt JurBüro 97, 46; MüKoZPO/Smid § 850d Rz 6; Musielak/Voit/Flockenhaus § 850d Rz 3; Saenger/Kemper § 850d Rz 5; Stöber/Rellermeyer Rz C.298; aA Frisinger NJW 72, 75, 76; Behr Rpfleger 81, 382, 385 f; Anders/Gehle/Nober ZPO § 850d Rz 1; s.a. LG Erfurt JurBüro 96, 494, 495). § 7 III 2 UVG regelt die angemessene Berücksichtigung der Interessen des Berechtigten im Fall einer Vollstreckungskonkurrenz zwischen übergeleiteten Unterhaltsansprüchen mit später entstandenen Unterhaltsansprüchen des Berechtigten (BGHZ 202, 293 Rz 9; dazu Rn 35). Verstirbt der Schuldner, greift § 850d auch im Fall des § 1586b BGB nicht zulasten des Erben ein (MüKoZPO/Smid § 850d Rz 8).
Rn 9
Für den Kostenersatzanspruch des Sozialhilfeträgers aus den §§ 102 ff SGB XII gilt die Privilegierung wegen des anderen Entstehungsgrunds der Forderung nicht (OVG Lüneburg NJW 67, 2221 [OVG Niedersachsen 30.03.1967 - IV OVG B 62/66]; Zö/Herget § 850d Rz 4; aA Wieczorek/Schütze/Lüke § 850d Rz 9, zu §§ 92 ff BSHG). Das Vorrecht entfällt auch bei einer rechtsgeschäftlichen Abtretung, in deren Rahmen der Zedent eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat (aA Boewer/Bommermann Rz 590), denn die Gegenleistung vermag allein die Abtretbarkeit und nicht die Pfändung in den Vorrechtsbereich zu legitimieren. Geht der Anspruch im Erbgang, durch Pfändung und Überweisung oder durch Schuldübernahme bzw gem § 774 BGB über, besteht keine Bevorrechtigung (St/J/Würdinger § 850d Rz 14). Die Rechtsstellung des Gläubigers beruht hier auf erbrechtlichem Erwerb, Hoheitsakt oder Vertrag und nicht auf gesetzlichen Unterhaltspflichten.
3. Sachlicher Anwendungsbereich.
Rn 10
Privilegiert werden gesetzliche Unterhaltsansprüche. Unschädlich ist, wenn die gesetzliche Pflicht vertraglich ausgestaltet wird, etwa durch einen Prozessvergleich (BGHZ 31, 210, 218; BGH NJW 13, 239 mAnm Ahrens Rz 16). Dies gilt selbst dann, wenn aus steuerrechtlichen Gesichtspunkten der gesetzliche Unterhaltsanspruch ausgeschlossen und durch einen vertraglichen Anspruch ersetzt wird (MüKoZPO/Smid § 850d Rz 2; aA Frankf Rpfleger 80, 198). Übersteigt die vertragliche Vereinbarung den gese...