Rn 38
Nach den allgemeinen Grundsätzen muss eine Zwangsvollstreckung wegen einer fälligen Titelforderung, § 751 I, in eine fällige Forderung erfolgen. In verschiedener Hinsicht erweist sich dieses Vollstreckungskorsett als zu eng. Deswegen erstrecken die §§ 832, 833 das Pfandrecht auf die nach der Pfändung fällig werdenden Bezüge. Bei der zu § 751 I entwickelten Dauerpfändung (Vorauspfändung) wird außerdem die gepfändete Forderung aufschiebend befristet am Tag nach Fälligkeit verstrickt. Zulässig ist dies in eine Eigentümergrundschuld des Schuldners (BGH JurBüro 22, 51). Als Schwäche der Dauerpfändung entsteht das Pfandrecht allerdings erst im Rang der jeweiligen Fälligkeitstermine (Hamm NJW-RR 94, 895, 896 [OLG Hamm 25.10.1993 - 14 W 178/93]). Die ausnahmsweise in Abs 3 zugelassene Vorratspfändung geht darüber hinaus und lässt eine
rangsichernde Pfändung wegen künftiger Ansprüche zu. Eine erweiternde Auslegung der Vorschrift scheidet regelmäßig aus. Liegen die Voraussetzungen einer Vorratspfändung nicht vor, ist eine Dauerpfändung ohne rangwahrende Wirkung möglich (LG Kassel JurBüro 10, 156).
Rn 39
Voraussetzung ist zunächst eine Vollstreckung wegen künftig fällig werdender Unterhaltsansprüche nach Abs 1 oder solcher Ansprüche auf Renten wegen Körper- oder Gesundheitsverletzung. Mit der Vorratspfändung können die künftigen Ansprüche auf laufendes Arbeitseinkommen, aber auch Ansprüche auf einmalige Leistungen des ArbG (aA MüKoZPO/Smid § 850d Rz 32) sowie die gleichgestellten sozialrechtlichen Ansprüche gepfändet werden. Kein Arbeitseinkommen sind Ansprüche nach §§ 16 ff EEG (LG Stuttgart NJW-RR 12, 1277). Die Ansprüche etwa auf Sonderzahlungen müssen nach § 832 als künftige Bezüge pfändbar sein (§ 832 Rn 5). Weitere Restriktionen bestehen insoweit nicht, denn Abs 3 modifiziert nicht die Anforderungen an die gepfändete, sondern an die titulierte Forderung.
Rn 40
Mit der Vorratspfändung erfolgt in typisierter Form eine prognostische Entscheidung, wonach eine erst zukünftig fällige Titelforderung nicht freiwillig erfüllt wird. Als Ausdruck einer geronnenen Erfahrung mag eine solche Einschätzung vielfach berechtigt sein. Dennoch bedarf ein so weitgehender Eingriff in die Schuldnerinteressen einer besonderen vollstreckungsrechtlichen Legitimation. Diese Rechtfertigung bildet eine laufende Vollstreckung. Ist jedoch weder eine Pfändung wegen rückständiger noch wegen laufender Unterhaltsforderungen ausgebracht, besteht kein hinreichender Anhaltspunkt für eine mögliche Gefährdung der Gläubigerinteressen, der es legitimiert, bereits wegen künftiger Ansprüche zu pfänden. Ausdrücklich lässt Abs 3 deshalb eine Vorratspfändung nur zusammen mit einer Pfändung wegen laufender Ansprüche zu. Deswegen muss zumindest ein Teil der Ansprüche bereits fällig sein. Eine isolierte Vorratspfändung ist unzulässig (Frankfurt OLGR 00, 269).
Rn 41
Aufzuheben ist die Vorratspfändung nicht schon dann, wenn sämtliche Rückstände beglichen sind. Vielmehr bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte, weshalb der Schuldner zukünftig pflichtgemäß zahlen wird (Gottwald/Mock § 850d Rz 38). Die Vorratspfändung muss aber aufgehoben werden, wenn der Rückstand nicht auf Zahlungsunfähigkeit oder mangelndem Zahlungswillen beruhte, sondern sich der Unterhaltsschuldner in einem unverschuldeten Irrtum befunden und den Rückstand nach Aufdeckung des Irrtums voll ausgeglichen hat (Bambg FamRZ 94, 1540).